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entdeckt_01_2013

entdeckt 01 .13 PORTRÄT WWW.Hzdr.DE sollen zusammen mit den per Kettenreaktion gebildeten, schnellen Neutronen dann das im Kernbrennstoff enthaltene Plutonium verbrennen. An diesem internationalen Projekt ist auch Deutschland beteiligt. Im Süden Frankreichs soll 2024 mit dem Bau des schnellen Reaktors ASTRID begonnen werden, wobei die Franzosen auf ein Kühlsystem mit flüssigem Natrium setzen. Zu dessen Sicherheit wird die Nachwuchsgruppe von Emil Fridman im Rahmen eines vor kurzem bewilligten EU-Projekts mit dem Titel ESNII+ (ESNII – European Sustainable Nuclear Industrial Initiative) beitragen. Weit weg von Europa, in den USA, sind dagegen Hochtempe- ratur-Reaktoren mit Gaskühlung in Planung. Kleinere gasge- kühlte Systeme werden auch von der Technischen Universität Dresden in Kooperation mit dem HZDR erforscht und könnten eines Tages in Europa realisiert werden. Wenn also Belgien, Frankreich oder auch die Tschechische Republik neue Reak- tortypen konzipieren und bauen, so sollen die neu entwickel- ten Codes aus dem HZDR deren Sicherheit auf den Prüfstand stellen und verlässliche Aussagen dazu treffen können. Deutschland hatte vor Jahren – gemeinsam mit Frankreich – eine Vorreiterrolle in Europa inne, was die Entwicklung schnel- ler Reaktortypen anbelangt. So entstand in den Sechziger und Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Forschungsreak- tor mit Natriumkühlung am damaligen Kernforschungszentrum Karlsruhe und in der Folge der erste deutsche, natriumgekühl- te Brutreaktor zur Stromerzeugung in Kalkar am Niederrhein. Einer der wichtigsten Befürworter war Wolf Häfele, der später in der Nachwende-Zeit das Forschungszentrum Rossendorf als Gründungsdirektor leitete. Der sogenannte „Schnelle Brüter“ ging jedoch nicht in Betrieb und fand im Jahr 1991 schließlich sein Aus. Ein zweites, innovatives Projekt war der Hochtemperatur-Reaktor in Hamm-Uentrop in Nordrhein- Westfalen. Der Prototyp THTR-300 nahm 1983 testweise den Betrieb auf und wurde 1989 endgültig vom Netz genommen. Er sollte aus Thorium Uran erbrüten und so den eingesetzten Brennstoff besser ausnutzen. Brennstoffe im Gemisch „Heute sind die Konzepte für innovative Reaktoren ausge- reifter, und jeder Reaktortyp hat Vor- und Nachteile“, sagt Fridman. „Deshalb muss sich ein Land rechtzeitig vor der Entscheidung sehr genau darüber im Klaren sein, was es von einem neuen Kernreaktor erwartet. Soll er nur Elektrizität liefern? Oder auch vorhandenen Abfall vernichten? Oder aber Uran als Brennstoff wiederverwenden?“ Brennstoff-Gemische aus Uran, Plutonium oder anderen Substanzen sind der zweite Forschungsschwerpunkt der Nachwuchsgruppe im HZDR. Im Gegensatz zu Brennelementen mit reinem Uran bieten Mischoxid-Brennstoffe (kurz: MOX) die Möglichkeit, entweder überschüssiges Plutonium zu verbrennen oder den Einsatz von angereichertem Uran zu senken. Auch in Deutschland werden mittlerweile in einigen Reaktoren MOX-Brennstoffe mit Plutoniumdioxid verwendet, Thoriumdioxid dagegen befin- det sich in Europa noch kaum im Einsatz (ein aktuelles Projekt lief vor kurzem im norwegischen Forschungsreaktor Halden an). Würde man Uran in den Brennstäben durch Thorium er- setzen, ließe sich das eingesetzte Plutonium verbrennen, ohne dass neues Plutonium nachgebildet würde – womit sich die Anforderungen an zukünftige Endlager deutlich reduzieren lie- ßen. Allerdings muss das im Brennstoff befindliche Plutonium, wenn es aus Abfall von Kernkraftwerken stammt, zuvor auf- wendig abgetrennt werden. Darüber hinaus eröffnet Thorium im Brennstoff die Möglichkeit, sowohl bereits abgetrenntes, ziviles als auch waffenfähiges Plutonium aus der Abrüstung zu vernichten. Beides ist in nicht unerheblichen Mengen weltweit vorhanden. Die Dresdner Nachwuchsgruppe untersucht also im Auftrag der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA den potentiel- len Einsatz von Thorium in existierenden und zukünftigen Sys- temen, wiederum auf der Basis von Computersimulationen. Fridman hat hierbei die Rolle des „Principal Investigators“ inne und arbeitet mit Gruppen aus Italien, Indien, Kanada, den USA und der Tschechischen Republik zusammen mit dem Ziel, Plutonium auf möglichst effiziente Art zu verbrennen. Auch bei weiteren internationalen Kooperationen der jungen Reaktorphysiker dreht sich alles um Codes. Die Firma Studs- vik in den USA etwa vertreibt die am weitesten verbreiteten, industriellen Codes für Leichtwasser-Reaktoren. Einen dieser Codes testen die Dresdner Wissenschaftler im Hinblick auf schnelle Reaktoren und können so Hinweise für wichtige Anpassungen geben. Mit schnellen Reaktoren beschäftigt sich Fridman auch in der Zusammenarbeit mit dem Paul Scherrer Institut (PSI) in der Schweiz und der Ben-Gurion-Universität in Israel. Die Drähte zu dieser seiner Heimatuniversität sind also immer noch sehr gut. Dort hat er promoviert und bei einem seiner damaligen Betreuer das System wöchentlicher Mee- tings kennengelernt, auf das er auch heute noch schwört. Emil Fridman legt jedenfalls großen Wert darauf, dass die Doktoranden Yurii Bilodid, Daniela Baldova und Reuven Rachamin wöchentlich ihre Arbeitsfortschritte präsentieren. So kann er schnell eingreifen, wenn einer der Doktoranden Hilfe bei der Lösung eines Problems benötigt. Die Präsen- tationen bilden ein eindrucksvolles Archiv, bei dem nichts so schnell in Vergessenheit gerät, und sie sind eine hervor- ragende Grundlage für Konferenzposter oder -vorträge. Die Meetings sind mittlerweile auch bei anderen Doktoranden aus dem Grenzbereich zwischen Nukleartechnik und Neutronen- physik beliebt und selbst der Leiter der Abteilung „Reaktor- sicherheit“ schaut gerne mal vorbei. Kontakt _Nachwuchsgruppe „Neutronenphysikalisch-sicherheitstechnische Bewertung moderner Kernreaktoren“ im HZDR Dr. Emil Fridman e.fridman@hzdr.de

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