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entdeckt_01_2016

FORSCHUNG // DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 26 27 Neutronen oder WIMPs – das ist die Frage Registriert der Xenon-Detektor ein Ereignis, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um ein WIMP, sondern um ein schnelles Neutron. „Deshalb hat die Gruppe von Uwe Oberlack aus Mainz einen kleinen Xenon-Detektor für Expe- rimente an unserer Neutronenquelle nELBE aufgebaut. Und wir möchten nun verstehen, wie der Detektor die Spreu vom Weizen trennen kann“, so der HZDR-Physiker Andreas Wagner. Der maßstabsgetreue Detektor aus Mainz erinnert an eine Thermosflasche aus Stahl, dabei funktioniert er genauso wie sein großer Bruder in Italien. Das bei rund -170 Grad Celsius flüssige Xenon sendet Licht aus, sobald ein Teilchen auf eines der Xenon-Atome trifft. Genauer gesagt, regt ein auftreffendes Teilchen das Xenon-Atom energetisch an, das Szintillations- strahlung abgibt, wenn es sich zurück in den Ursprungszustand begibt. Mehrere Lichtsensoren registrieren und verstärken die- ses Licht. Mit den schnellen Neutronen aus der nELBE-Quelle können nun genau die Reaktionen untersucht werden, die im Untertagelabor den Nachweis der WIMPs stören werden. Flugzeit, Energie und Winkel Die Neutronenquelle am HZDR wird mithilfe des intensiven Elektronenstrahls vom ELBE-Beschleuniger getrieben. Dieser „Strahl“, der eigentlich aus vielen einzelnen Elektronenpa- keten besteht, trifft im Neutronenlabor auf eine Anordnung aus flüssigem Blei. Dort entstehen beim Abbremsen der Elektronen pro Sekunde etwa 100 Milliarden Neutronen. Das Besondere der Neutronenquelle nELBE erläutert der dafür zuständige Wissenschaftler Arnd Junghans: „Dank der genauen Taktung der Elektronenpulse lässt sich die Flugzeit der Neutronen und damit ihre Geschwindigkeit und Energie präzise bestimmen. Da sich die Strahlparameter und damit der Neutronenfluss zudem wunschgemäß einstellen lassen, ist unsere Neutronenquelle ein perfektes Werkzeug für die Detektor-Forschung.“ Zu der mehrwöchigen Experimentierserie mit dem Minide- tektor waren eigens drei Doktoranden aus Mainz angereist. „Im Ergebnis kennen wir nun die energieabhängige Empfind- lichkeit des Xenon-Detektors“, sagt Andreas Wagner. Dieses Wissen hilft den Wissenschaftlern des XENON1T-Experiments, die potenziellen Kandidaten für die Dunkle Materie von den schnellen Neutronen zu unterscheiden, die untertage durch den Uranzerfall entstehen. Doch damit nicht genug der Kernphysik. Die leichten Neutro- nen können direkt auf die etwa 130fach schwereren Xenon- Kerne treffen. Bei solch einem zentralen Stoß überträgt das Neutron viel Energie auf den Atomkern. Bei einem seitlichen Abpraller fliegt das Neutron dagegen in Vorwärtsrichtung weiter, verliert nur wenig Energie und verlässt den Detektor in einem bestimmten Winkel. „Deshalb haben wir extra zehn Neutronen-Detektoren gebaut“, so Wagner. „Wir können also zwei Parameter auswerten, die Flugzeit und den Winkel, der uns die auf den Kern übertragene Energie verrät.“ Dunkle Materie in der Überzahl Vieles deutet darauf hin, dass ein überwiegender Teil der Materie, die uns umgibt, aus Dunkler Materie besteht. „Neh- men wir zum Beispiel die Umdrehungsgeschwindigkeit einer Galaxie. Wie schnell bewegen sich die Arme der Galaxie um das Zentrum herum? Ohne die Existenz der Dunklen Materie könnte man die errechnete Geschwindigkeit nicht mit der beobachteten Masseverteilung in Einklang bringen“, erläutert Wagner. Dank des Rossendorfer Fachwissens rund um Teilchen im Allgemeinen und Neutronen im Besonderen sind die am XENON1T-Experiment beteiligten Wissenschaftler nun einen wichtigen Schritt weiter auf der Suche nach der Dunklen Ma- terie. Sollte sich die Theorie der schwach wechselwirkenden Teilchen, der WIMPs also, bestätigen, so dürften sie sich auf der sicheren Seite befinden, sollten sie eines Tages in Jubel über die ersten gemessenen WIMP-Signale ausbrechen. Da die Experten aber nur mit zwei bis drei Ereignissen pro Jahr rechnen, kann dies noch eine ganze Weile dauern. _Institut für Strahlenphysik am HZDR Dr. Andreas Wagner | Dr. Arnd Junghans a.wagner@hzdr.de | a.junghans@hzdr.de _Johannes Gutenberg-Universität Mainz Prof. Uwe Oberlack oberlack@uni-mainz.de www.xenon1t.org KONTAKT GEMEINSAM: Den WIMPs auf die Spur kommen wollen Andreas Wagner und Toni Kögler (HZDR), Melanie Scheibelhut (Uni Mainz), Arnd Junghans (HZDR), Uwe Oberlack sowie Pierre Sissol (Uni Mainz; v.l.n.r.). Foto: Oliver Killig

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