Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

entdeckt_01_2016

PORTRÄT // DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 34 35 seine Diplom- und Doktorarbeit anfertigte. So ist es wenig verwunderlich, dass er direkt nach der Promotion mit viel Verantwortung betraut wurde: Mit der Unterstützung von fünf technischen Mitarbeitern ist er seit nun knapp zwei Jahren in leitender Funktion für einen flüssigen Ablauf des Nutzerbe- triebes zuständig. Und eben auch für die Inbetriebnahme der neuen Anlage. Hohe Geschwindigkeiten bei großen Strömen Das neue Gerät gliedert sich ein in eine ganze Reihe von Anlagen, die sowohl externen als auch internen Nutzern am Ionenstrahlzentrum zur Verfügung stehen. Sie alle erzeugen einen Strahl schneller Ionen, mit deren Hilfe sich Materialen verschiedenster Art gezielt manipulieren und untersuchen lassen. Als Faustregel gilt: je größer die erreichbare Ge- schwindigkeit der Teilchen bei einem Gerät, desto geringer die Anzahl der Teilchen, also der Teilchenstrom. Hierbei gibt es zwei Klassen von Anlagen. Auf der einen Seite hallenfüllende Beschleuniger, die zur Erzeugung besonders hoher kinetischer Energien notwendig sind. Diese werden hauptsächlich zu Analysezwecken eingesetzt, weil für die meisten Probleme der Materialbearbeitung die Ionenströme nicht ausreichen. Auf der anderen Seite Ionenimplanter, die eben im Gegensatz dazu dank der wesentlich größeren Ströme weitgehend zur Materialmodifikation genutzt werden. Sie sind wegen eines einfacheren Beschleunigungsprinzips deutlich kompakter – kompakt genug zumindest, dass der kleine Raum mit der tosenden Klimaanlage dem Neuzugang genügend Platz bietet. Der 500-kV-Implanter liefert nun, anders als die schon vorhandenen 40-kV- und 200-kV-Ausführungen, eine Kombi- nation besonders hoher Geschwindigkeiten und Ionenströme. Die moderne Anlage löst damit einen in die Jahre gekomme- nen 500-kV-Vorgänger ab. „Das neue Gerät hat eine Menge Vorteile“, erläutert Roman Böttger. „Es ist rundum computer- gesteuert. Während man an der alten Maschine zwei Stunden lang mit vielen Potentiometern alles manuell einstellen muss- te, um den Ionenstrahl zu justieren, reichen heute 15 Minuten. Außerdem ist es modular aufgebaut und damit sehr wartungs- freundlich.“ Alles in allem also eine immense Zeitersparnis, von der natürlich der Nutzerbetrieb profitiert. „Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist, dass manche Ionensorten nun sehr viel größere Ströme erlauben. Dadurch werden bestimmte Hochdosis-Experimente erst jetzt möglich.“ Nutzung durch Wissenschaft und Industrie Verlässt man den kleinen Raum durch die Sicherheitstür, bemerkt man ein massives Stahlrohr, das die beschleunigten Ionen in eine große Halle leitet. Tentakelartig verzweigt es sich in vier kleinere Rohre, in denen die geladenen Atome wiederum zu verschiedenen Aufbauten rasen. Dort treffen sie dann auf Materialen der Wahl. „Jeder Aufbau ist für eine bestimmte Herangehensweise konzipiert und optimiert“, sagt Böttger und deutet auf eine der vier Stationen. „Dieser wird zum Beispiel vor allem im Auftrag industrieller Unter- nehmen betrieben, um dort Wafer – also dünne Halbleiter- scheiben – zu bearbeiten.“ Der Wissenschaftler spricht damit einen wesentlichen Punkt an, nämlich den gemeinhin starken Anwendungsbezug der Materialforschung mit Ionen. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Vielzahl von Produktinnovationen, die am Ionenstrahlzentrum in den vergangenen Jahren realisiert wurden. Seit 2011 nutzt die HZDR Innovation GmbH, eine überaus erfolgreiche Ausgründung des HZDR, regelmäßig den Ionenstrahl-Service an den hiesigen Anlagen, um für internatio- nale Firmen nur hier realisierbare Prozessschritte umzusetzen. Dieser Ionenstrahl-Service wiederum ermöglicht dem Ionen- strahlzentrum auch größere Investitionen wie etwa den neuen Implanter, der auf diese Weise vollständig finanziert werden konnte. „Das ist bei Helmholtz-Zentren bislang einzigartig“, unterstreicht Böttger. Den größten Teil des Nutzerbetriebes, etwa 80 Prozent, machen allerdings wissenschaftliche Experimente aus. „Ganz klar, Wissenschaft hat Priorität.“ Der hohe Stellenwert des Ionenstrahlzentrums für die Forschung ist dabei vor allem der Fülle an verschiedenen Ionensorten zu verdanken. Während viele Ionenanlagen auf wenige Ionenspezies, im Allgemeinen zur Halbleiterprozessierung, spezialisiert sind, können hier alle nichtradioaktiven Elemente beschleunigt werden. „Wir können das ganze Periodensystem“, sagt Böttger und fügt augen- zwinkernd hinzu: „Viele Einrichtungen haben gerade mal eine Bor-Maschine.“ Bor wird als häufigstes Dotierelement in der Halbleiterindustrie genutzt. Viele Möglichkeiten für unterschiedlichste Nutzer Wenn man Roman Böttger nach den Anwendungsmöglichkeiten der Ionenimplantation fragt, ist er in seinem Element. „In der Halbleiterindustrie ist sie ein absolut elementares Werkzeug. Ob Handy oder Kamera, nichts würde so funktionieren wie wir es kennen. Selbst in Bereichen wie Medizin oder Weltraumfor- schung wird die Technik eingesetzt, sei es zur Herstellung anti- bakterieller Oberflächen oder zur Simulation von Sonnenwind.“ Ideen für neue Experimente hätte er genug – die Zeit, diese selbst durchzuführen, hingegen nicht. Ob er das nicht schade finde? „Damit kann ich gut leben. Was mir an meiner Arbeit besonders Spaß macht, ist die große Breite an wissenschaft- lichen Themen, mit denen ich mich intensiv beschäftigen darf. Die Experimente, die hier gemacht werden, sind sehr unterschiedlich und individuell.“ Allein letztes Jahr landeten knapp 100 Anträge für Ionen-Experimente auf Roman Böttgers Schreibtisch. In diesem Jahr wird es wohl nicht weniger Anfra- gen geben. Gerade was den neuen 500-kV-Implanter angeht, stehen die Nutzer bereits Schlange. _Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR Dr. Roman Böttger r.boettger@hzdr.de www.hzdr.de/ibc KONTAKT

Seitenübersicht