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entdeckt_02_2013

TITEL// Das Forschungsmagazin aus dem HZDR WWW.Hzdr.DE 22 23 Im Gegensatz dazu steigt Deutschland aus? Ja, Deutschland hat, wie wir alle wissen, den vollständigen Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Kernenergie beschlos- sen und die Energiewende eingeleitet. Wir stellen uns nun den daraus resultierenden Konsequenzen. Trotzdem brauchen wir weiterhin aktive Reaktorsicherheitsforschung. Weshalb? Nun ja, einerseits geht das letzte deutsche Kraftwerk erst im Jahr 2022 vom Netz. Das Atomgesetz schreibt vor, dass die Reaktoren nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Tech- nik zu betreiben sind. Dies gilt bis zum letzten Betriebstag und darüber hinaus. Das Stichwort lautet hier Nachbetriebsphase. Das können wir natürlich nur schaffen, wenn wir weiterhin ak- tiv Forschung betreiben. Aber auch danach bleibt es wichtig, die Kompetenz zu erhalten. Nur mit eigener aktiver Forschung können wir Einfluss auf internationale Entwicklungen und Si- cherheitsstandards nehmen. Deutschland ist einer der Trend- setter im Bereich Reaktorsicherheit. Es ist politisch gewollt, dass wir uns weiterhin für die Verbesserung der Sicherheit von Kernreaktoren einsetzen. Darüber hinaus brauchen wir auch in Zukunft eine unabhängige Bewertungsinstanz für unsere Regierung. Es ist ja bekannt, dass Nachbarländer von uns den Neubau von Kernkraftwerken planen, teilweise sogar mit neu- en Reaktortypen. Frankreich plant zum Beispiel den Bau eines flüssigmetallgekühlten Reaktors. Das ist eine komplett andere Technologie, die wir natürlich nur verstehen können, wenn wir uns aktiv mit ihr beschäftigen. Und diese Kompetenz wird vor allem dann wichtig, wenn wir Einfluss auf die Genehmi- gungsverfahren nehmen wollen – was die Europäische Union Nachbarländern gestattet. Wie könnte sich das HZDR hier einbringen? Wir stehen immer noch ein wenig in der Tradition des ehe- maligen Kernforschungszentrums Rossendorf, weswegen wir als Experten für WWERs auch der Atomic Energy Research Organisation beigetreten sind. Auf Grundlage dieser Kompe- tenz konnten wir uns ja auch ein starkes Profil auf dem Gebiet der Reaktorsicherheitsforschung erarbeiten. So wurde unser Reaktordynamikprogramm DYN3D speziell für die Störfallana- lyse von WWERs konzipiert. In den 1990ern haben wir den Code auf westliche Leichtwasserreaktoren ausgeweitet. Wir haben DYN3D in beiden Anwendungsgebieten als unabhän- giges und komplementäres Berechnungswerkzeug etabliert, das von Forschungseinrichtungen, der Industrie und auch von Genehmigungsbehörden eingesetzt wird. Nun wollen wir das Programm auch für neue Bauarten, wie zum Beispiel Flüssig- metallreaktoren, anwendbar machen. Wie funktioniert das? Wir müssen unser Rechenprogramm an die Spezifika dieser Reaktoren anpassen und Modelle für Effekte einbauen, die in den bisher betrachteten Reaktoren nicht auftreten. Kontakt _Institut für Ressourcenökologie im HZDR Dr. Sören Kliem s.kliem@hzdr.de EXPERTE FÜR REAKTORSICHERHEIT: Sören Kliem Kann es eigentlich langfristig funktionieren, internatio- nale Sicherheitsstandards mitzubestimmen ohne eigene Kernreaktoren zu betreiben? Aber ja, dafür gibt es ja bereits ein Beispiel: Nach der Wie- dervereinigung ist Deutschland aus der WWER-Technologie ausgestiegen und hat alle diese Reaktoren stillgelegt. Weil wir, und da meine ich genau die Reaktorsicherheitsforschung im HZDR, aber weiterhin aktive Forschung in diesem Bereich betrieben und relevante Forschungsergebnisse erzielt haben, sind wir innerhalb der AER-Organisation auch 20 Jahre später immer noch ein wichtiger, anerkannter und einflussreicher Partner. Das muss nach dem Kernenergieausstieg unser Ziel für die Zukunft sein und wir haben ja bereits demonstriert, dass dies möglich ist. Befürchten Sie, dass Ihnen aufgrund der Energiewende für solche Projekte bald der Nachwuchs fehlt? Das können wir noch nicht genau abschätzen, da dafür der Zeitraum noch zu kurz ist. Im Grundlagenbereich scheinen die Universitäten bislang noch keine Einbrüche zu verzeichnen. Wir müssen das in zwei bis drei Jahren überprüfen, wenn es darum geht, welche Spezialisierung die heutigen Erstsemester dann wählen. Vielleicht bekommen wir dann aber auch wieder verstärkt Nachwuchs aus dem Ausland – ein Trend, den wir beim von der rot-grünen Regierung im Jahr 2002 mit der Industrie vereinbarten Ausstieg gesehen haben.

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