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entdeckt_02_2014

TITEL// DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 12 13 Tiefgekühlte Magnete Um dies zu beobachten, kühlen die Forscher ihre Proben mit flüssigem Helium extrem herunter. Die gleiche Kühlung hält zum Beispiel auch die supraleitenden Spulen in Magnetreso- nanztomographie-Geräten in Krankenhäusern kalt. Die HZDR- Physiker aber kühlen noch weiter ab, indem sie das Heliumgas über der Flüssigkeit abpumpen. Dadurch liegen die Tempe- raturen gerade einmal 1,5 Grad über dem tiefst möglichen Wert von minus 273,15 Grad Celsius. Dann sind die Atome praktisch eingefroren und die Forscher können die Frustration gut analysieren. Untersuchen die Forscher Materialien mit magnetischen Atomen auf den Ecken einer winzigen Pyramide, die aus vier gleichseitigen Dreiecken besteht und die deshalb „Tetraeder“ genannt wird, entdecken sie dort ebenfalls Frustration. Die Spins an den vier Ecken gehen dann oft einen Kompromiss ein, bei dem zwei von ihnen in den Tetraeder hinein gerichtet sind und die anderen beiden heraus. Bestimmte Kristalle be- stehen aus lauter solchen Tetraedern, die allerdings aus vielen unterschiedlichen Atomen aufgebaut sind. Die bekannteste Verbindung mit einem solchen Aufbau ist sicher Wassereis, in dem jedes Sauerstoff-Atom in einem Tetraeder aus vier Wasserstoff-Atomen sitzt, von denen je zwei eine enge Ver- bindung mit einem anderen Sauerstoff-Atom halten und die anderen beiden weiter entfernt sind. Monopole Bestehen solche Kristalle zum Beispiel aus dem chemischen Element Dysprosium und den nicht magnetischen Atomen Titan und Sauerstoff, sind die Spins normalerweise an zwei Ecken eines jeden Tetraeders nach innen und an den beiden anderen Ecken nach außen gerichtet. Die Forscher nennen diesen Zustand „Spin-Eis“, weil seine magnetische Struktur der räumlichen Anordnung von Wassereis ähnelt. Legen Forscher an solche Verbindungen Magnetfelder an, können sie einzelne Spins so umklappen, dass in einem Tetraeder nun drei in die eine und nur noch der vierte in die entgegengesetz- te Richtung schaut. Diese Anregung kann relativ leicht durch die Kette der benachbarten Tetraeder wandern und ähnelt einem Magneten, der nur einen Pol hat. Dabei verhalten sie sich wie die lange gesuchten magnetischen „Monopole“, die entweder einen magnetischen Nord- oder einen magneti- schen Südpol haben. Solche Monopole können die Forscher nur in Festkörpern beobachten. Wird das Magnetfeld abge- schaltet, verschwinden die Monopole nach kurzer Zeit wieder und der Spin-Eis-Zustand entsteht neu. Legen Joachim Wosnitza und sein Team an eine andere Verbindung, dem Chromit (auch Chromeisenstein genannt), in dem Eisen durch Kobalt ersetzt wurde, sehr starke Mag- netfelder von rund 40 Tesla an, verschwindet die ursprünglich vorhandene Frustration der magnetischen Atome auf den Tetraedern. Die Forscher vermuten, dass sich in diesem Fall der Kristallzustand verändert und die Atome in eine güns- tigere Position rutschen. Ohne äußere Magnetfelder ist die Frustration dagegen so stark, dass der Kristall sich räumlich verzerrt und so doch noch eine magnetische Ordnung ohne Frustration entsteht. Ein Weg zum Quantencomputer Mit solchen Frustrationsversuchen tasten sich die Forscher ein wenig weiter an die Grundlagen des Magnetismus heran. Und sehen am fernen Horizont sogar eine mögliche tech- nische Anwendung: „Solche topologischen Zustände wie die magnetischen Monopole könnten für den Weg zu einem Quantencomputer vielleicht eine wichtige Bedeutung erlan- gen“, überlegt Joachim Wosnitza. Aber auch in Hochtempe- ratur-Supraleitern spielen solche magnetischen Strukturen offensichtlich eine entscheidende Rolle. Diese Verbindungen benötigen, anders als die meisten Supraleiter, keine extrem tiefen Temperaturen in der Nähe des absoluten Nullpunktes, um elektrischen Strom praktisch ohne Verluste weiterzulei- ten. Kein Wunder, wenn Frustrationsforschung derzeit einen Boom erlebt. PUBLIKATION: V. Tsurkan, S. Zherlitsyn u.a.: „Unconventional magnetostruc- tural transition in CoCr2 O4 at high magnetic fields”, in Physical Review Letters 2013 (DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.115502) KONTAKT _Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden am HZDR Prof. Joachim Wosnitza j.wosnitza@hzdr.de KONTROLLE: Elizabeth Green unterstützt als Physikerin die Messgäste bei deren Experimenten in hohen Magnet- feldern. Foto: Oliver Killig

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