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entdeckt_02_2014

entdeckt 02 .14 FORSCHUNG WWW.HZDR.DE Rotierende Zylinder Um diese Theorie in der Realität zu testen, verwenden die HZDR-Forscher ein Modell für eine solche Akkretionsscheibe. Als Wolke dient eine flüssige Mischung aus Gallium, Indium und Zinn, die im Raum zwischen einem größeren und einem in seiner Mitte befindlichen, kleineren Zylinder kreist. Rotiert nur der innere Hohlzylinder zum Beispiel in zehn Sekunden einmal um seine eigene Achse, entsteht in der Flüssigkeit eine walzenförmige Bewegung. Wenn der Durchmesser des äußeren Zylinders doppelt so groß wie der des inneren ist, verschwinden diese Turbulenzen im flüssigen Metall, wenn der äußere Zylinder ebenfalls um seine eigene Achse rotiert und für eine Drehung 40 Sekunden oder weniger braucht. Rotiert der äußere Zylinder in rund 29 Sekunden einmal um seine Achse, nennen die Forscher das eine „Kepler-Rotation“, weil diese Verhältnisse einer Akkreti- onsscheibe im Weltraum ähneln. Doppeltes Magnetfeld Wirkt ein Magnetfeld so, dass einer der Magnetpole oberhalb und der andere unterhalb der Zylinder liegt, sollten ähnlich wie im Kosmos Turbulenzen im flüssigen Metall entstehen. Al- lerdings klappt das nur bei sehr starken vertikalen Magnetfel- dern und hohen Rotationsgeschwindigkeiten, die sich bisher im Labor nicht verwirklichen ließen. Daher schlug Günther Rüdiger vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) eine Modifikation vor: Lassen die Forscher durch einen mit Wasser gekühlten Kupferstab in der Mitte des inneren Zylinders einen elektrischen Strom von einigen Tausend Ampere fließen, erzeugen sie ein nahezu kreisförmiges Magnetfeld rund um die Zylinder. Zusammen mit dem vertikalen Magnetfeld entstehen so Magnetfeldlinien, die sich in einer Helix-Schlaufe um die Zylinder winden. Diese Anordnung benötigt dann kleinere Magnetfelder, die Zylin- der müssen sich langsamer drehen und die HZDR-Forscher konnten bereits 2006 Turbulenzen und damit eine helikale MRI nachweisen. Rauschen statt Signal Schalten die Forscher nur das kreisförmige Magnetfeld, nicht aber das senkrechte ein, sollten ebenfalls Turbulenzen ent- stehen. Diese azimuthale MRI hat eine etwas andere Struktur und es sollte ein Strom von mindestens zehntausend Ampere durch den Kupferstab fließen. Die in den Stromquellen auftre- tenden Schaltvorgänge im Megahertz-Bereich aber stören die Ultraschall-Messungen bei ähnlichen Frequenzen, mit denen die Forscher die Turbulenzen beobachten. In seiner Doktorar- beit tüftelte Martin Seilmayer daher raffinierte Methoden aus, mit denen man das entstehende Rauschen unterdrücken und das gesuchte Signal herausfiltern kann. Die Kepler-Grenze fällt Nach beinahe zwei weiteren Forschungsjahren haben die HZDR-Wissenschaftler die azimuthale MRI inzwischen gut untersucht. Dabei ist das vielleicht interessanteste Resultat mit einem kleinen Schönheitsfehler des Experiments verbun- den. Die Zuleitungen des starken Stromflusses verformen das theoretisch kreisrunde Magnetfeld ein wenig. Anders als beim helixförmigen Magnetfeld zeigen sich jetzt auch Turbulenzen, wenn der äußere Zylinder sich in 29 Sekunden einmal dreht. Das aber stimmt gut mit den Kepler-Rotationen der Akkreti- onsscheiben im Weltraum überein – das Experiment bestätigt also die Theorie. PUBLIKATION: M. Seilmayer u. a.: "Experimental evidence for nonaxisym- metric magnetorotational instability in a rotating liquid metal exposed to an azimuthal magnetic field", in Physical Review Letters 2014 (DOI: 10.1103/PhysRevLett.113.024505) KONTAKT _Institut für Fluiddynamik am HZDR Dr. Frank Stefani f.stefani@hzdr.de VERDICHTUNG: Martin Seilmayer (vorn) und Klaus Timmel holen einen astrophysikalischen Effekt ins Labor, der erklärt, wie sich Gas- und Materiescheiben verdichten. Foto: Rainer Weisflog

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