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entdeckt_02_2014

TITEL// DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 04 05 NEUE SYMMETRIEN: Oberflächen-Muster in Germanium. Geheilte Kristalle Es gibt durchaus Möglichkeiten, die durch aufprallende Ionen entstandenen Defekte wieder zu heilen. Erhöhen die Forscher die Temperatur deutlich über die normalen Werte im Labor, werden die Atome in ihrem Kristallgitter viel beweglicher. Zwar lösen die Ionentreffer dann immer noch Reaktionskas- kaden aus, die eine ganze Reihe von Atomen verschieben. Die agileren Atome aber rutschen danach leichter in eine richtige Kristall-Position und die Struktur heilt wieder. Die aufprallenden Ionen verschieben nicht nur die getroffenen Atome, sondern schlagen manchmal auch einzelne Atome ganz aus dem Kristall heraus. Das passiert zwar eher selten. Da sehr viele Ionen bis zu einer ganzen Stunde lang auf die Scheibe prasseln, fräst dieser Dauerbeschuss mit der Zeit doch sehr viele Atome weg. Und das in bestimmten Fällen keineswegs gleichmäßig, sondern an manchen Stellen mehr und an anderen weniger, sodass ein Nano-Muster entsteht. Inverse Epitaxie Um das zu erklären, muss der Physiker ein wenig ausholen: Halbleiter werden in einer Epitaxie genannten Technik auf eine Oberfläche aufgedampft. Bei relativ niedrigen Tempera- turen aber geschieht das keineswegs gleichmäßig, weil die neu ankommenden Atome häufig auf einer bereits vorher aufgedampften Lage ankommen und zu wenig beweglich sind, um die Stufe zur nächsten, tieferen Atomschicht hinunter zu rutschen. Mit der Zeit bilden sich aus den neu aufgedampften Atomen so immer neue und höhere Stufen, die nach oben immer kleiner werden. So entstehen bei solchen niedrigen Temperaturen lauter kleine Stufenpyramiden, die alle nebenei- nander auf der Oberfläche liegen. „Mit dem Ionenstrahl machen wir im Prinzip genau das Um- gekehrte: Wir bauen keine Pyramiden auf, sondern schlagen Atome so heraus, dass in der vorhandenen Schicht ein Loch in der Form einer Pyramide entsteht“, erklärt Stefan Facsko. Das Ganze ist demnach eine umgekehrte oder „inverse Epitaxie“. Der Forscher kann die Temperatur dabei so einstellen, dass sie hoch genug ist, um die Stoßschäden im Kristall wieder auszuheilen, aber noch so niedrig liegt, dass die Atome nicht über die Stufen rutschen können und daher regelmäßige Strukturen entstehen. In dieser Situation fräst der Ionenstrahl Nano-Muster in die Oberfläche, ohne dabei die Kristallstruk- tur zu zerstören. Neue Symmetrien Viele Experimente bei unterschiedlichen Temperaturen und aufwendige Berechnungen waren nötig, um einerseits den kristallinen Zustand des Halbleiter-Materials zu erhalten und andererseits wohl-definierte Strukturen im Nano-Maßstab zu erzeugen. Trifft der Strahl aus Argon-Ionen beispielsweise bei Temperaturen von etwas mehr als 260 Grad Celsius auf das Germanium, heilt nicht nur das Kristallgitter wieder aus, sondern bilden sich durch das Abfräsen einzelner Atome auch regelmäßige Strukturen. Wie bei Sanddünen, über die der Wind bläst, handelt es sich um einen selbstorganisierenden Prozess. Schaut man mit dem Rasterkraft-Mikroskop quasi von oben auf das Ergebnis, so wird man ein wenig an ein Brettspiel erinnert. Abhängig davon, auf welcher Oberfläche des Kristallgitters die Ionen auftreffen, entstehen zudem unterschiedliche Symme- trien im Halbleiter Germanium. „Dank der inversen Epitaxie konnten wir sogar gänzlich neue Oberflächenmuster erzeugen, die eine dreifache oder sechsfache Symmetrie aufweisen“, berichtet der Physiker. Dampft man zum Beispiel Silber oder eine magnetische Substanz auf diese umgekehrten Pyramiden mit rechteckiger, dreieckiger oder hexagonaler Symmetrie, erhält man Bauelemente mit dem gleichen Nano-Muster, für die es wohl bald eine Reihe neuer Anwendungen geben dürfte. Sicherheitshalber hat Stefan Facsko dafür bereits ein Patent angemeldet. KONTAKT _Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am HZDR Dr. Stefan Facsko s.facsko@hzdr.de PUBLIKATION: X. Ou u. a.: „Reverse epitaxy of Ge: ordered and faceted surface patterns”, in Physical Review Letters 2013 (DOI: 10.1103/PhysRevLett.111.016101)

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