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HZDR entdeckt 1_2012

entdeckt 01.12 TITEL WWW.Hzdr.DE Die 100-Tesla-Marke wird auch in Dresden weiter angepeilt, vor allem, um sie internationalen Wissenschaftlern zur Verfü- gung zu stellen. Magnetfelder wirken auf bewegte elektrische Ladung und je stärker so ein Magnetfeld ist, umso genauer können die Wissenschaftler Substanzen untersuchen, die für neuartige elektronische Bauteile oder auch für Supraleiter in Frage kommen, die Strom ohne Widerstand leiten. Hier geht es also um Forschung an den Materialien der Zukunft. Die dafür benötigten Magnetfelder erzeugt eine Spule, durch die ein elektrischer Strom fließt. Je mehr Strom fließt, umso stärker wird das Magnetfeld. Eine Zerreißprobe, die es in sich hat Da starke elektrische Ströme mit modernen, am HZDR entwickelten Pulsstrom-Anlagen erzeugt werden können, stünde einem Rekord-Magnetfeld also wenig im Wege, wenn es da nicht die sogenannte Lorentzkraft gäbe: Während die Elektronen durch die Kupferdrähte einer Spule fließen und ein Magnetfeld erzeugen, drückt eben dieses Magnetfeld die Elektronen gegen die Drahtberandung. Je stärker nun der Strom fließt und je höher das Magnetfeld dabei wird, umso heftiger wirkt die Lorentzkraft, die auf den Kupferdraht wirkt. „Bei 25 Tesla würde das Kupfer reißen“, schildert Joachim Wosnitza ein mögliches Ergebnis dieses Tauziehens zwischen Magnetfeld und Metall. Nun sind 25 Tesla schon gewaltig, wenn man sie mit dem Ma- gnetfeld der Erde vergleicht, das nicht einmal ein Tausendstel Tesla hat, oder mit dem Magneten an der Kühlschranktür, der auf 0,05 Tesla kommt. Um aber die Materialien der Zukunft möglichst genau unter die Lupe zu nehmen, brauchen die Forscher höhere Magnetfelder. „Bei 100 Tesla erzeugt die Lorentzkraft im Kupfer mit vier Gigapascal einen Druck, der dem 40.000-fachen Luftdruck auf Meereshöhe entspricht“, rechnet Joachim Wosnitza vor. Kupfer würden solche Kräfte explosionsartig zerreißen. Also haben die Forscher nach festeren Materialien gesucht. Mischt man zum Beispiel Nanometer dünne Fäden des metallischen Elements Niob unter das Kupfer, hält diese Legierung immerhin mehr als Zehntausendfache des Atmos- phärendrucks aus. Spulen aus diesem relativ teuren Material ermöglichen so deutlich stärkere Magnetfelder, bevor die Lorentzkräfte die Überhand gewinnen und die Spule innerhalb weniger Millionstel Sekunden zerreißen. Für Werte um die 100 Tesla aber reicht dieses Spezialkupfer immer noch nicht. Daher verpassen die HZDR-Forscher dem Metall noch eine Art Korsett aus einer Spezialfaser, die die Legierung von außen zusammenhält. „Zylon“ ist der Handelsname dieser Kunstfa- ser, die so reißfest ist, dass aus ihr unter anderem schusssi- chere Westen hergestellt werden. Immerhin den 55.000-fa- chen Druck der Erdatmosphäre soll Zylon aushalten. Über eine Windungslage des Drahts aus Kupfer-Niob wickeln die Techniker des HZDR eine Zylonhülle. Insgesamt sechs solcher übereinander liegenden Doppelschichten aus Kupfer-Niob und Zylon haben die Techniker am Ende übereinander gewickelt, in deren Zentrum ein Hohlraum mit einem Durchmesser von 16 Millimetern bleibt. Etwa 54 Tesla lassen sich in dieser Spezialspule erzeugen, wenn man einen kurzen, aber starken Stromimpuls durch das Kupfer jagt, der nach 0,02 Sekunden bereits wieder zu Ende ist. „Eine startende Raumfähre hat eine vergleichbare Leistung“ Dieser Stromimpuls kommt wiederum aus einer sogenannten „Kondensatorbank“. „Gerade einmal zwei Euro Stromkosten fallen beim vollständigen Laden dieser Anlage mit insgesamt 50 Megajoule an“, erklärt Joachim Wosnitza. Der Clou der Kondensatorbank aber ist die gewaltige Leistung von fünf Gigawatt, die sie schlagartig in weit weniger als einer Sekun- de freisetzen kann. „Eine startende Saturn V-Rakete oder eine startende Raumfähre hat eine vergleichbare Leistung“, beschreibt Joachim Wosnitza diese gewaltigen Kräfte. Mehrere Kabel mit mehr als fünf Zentimetern Durchmesser leiten diese riesigen Ströme zur Spule. Allerdings sind die so erzeugten 54 Tesla immer noch weit vom Weltrekord entfernt. Also legen die Techniker um diese erste Spule eine zweite, die aus zehn Lagen hochfesten Kupferdrahts besteht, der allerdings nicht mit Niob legiert ist. „Dieses Material spart zwar auch Geld. Die zweite Spule hilft aber vor allem, den Strom und damit die Kräfte besser zu verteilen“, sagt Joachim Wosnitza. Zwar verkraftet diese Kupferlegierung nur das 5.000-fache des Atmosphärendrucks. Aber geschützt von einem Zylon-Korsett reicht ein Stromstoß von einer zehntel Sekunde Länge immerhin für ein 40 Tesla-Magnetfeld in die- ser Spule aus. Zusammen mit den 50 Tesla der inneren Spule gibt das dann den Rekordwert von über 94 Tesla. Verkleidet mit einem Stahlmantel ist diese Doppelspule 55 Zentimeter hoch, hat einen Durchmesser von 32 Zentimetern, hat also etwa die Größe eines reichlich groß geratenen Wassereimers. Zur Erzeugung hoher Magnetfelder gibt es aber noch weitere Hürden. So heizt der elektrische Widerstand bei so gewaltigen Strömen die Kupferdrähte so stark auf, dass der Kleber versa- gen würde, der Kupfer und das Zylon-Korsett zusammenhält. Also findet das ganze Experiment in flüssigem Stickstoff statt, dessen minus 196 Grad Celsius den elektrischen Widerstand Die 100-Tesla-Marke wird auch in Dresden angepeilt, vor allem, um sie internationalen Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen.

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