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entdeckt_02_2012

entdeckt 02 .12 TITEL WWW.Hzdr.DE lösen sich voneinander. Ähnlich erzeugt in einem Supraleiter ein schwaches Magnetfeld einen kleineren Überschuss von Elektronen mit einem bestimmten Spin, der die Cooper-Paare noch nicht weiter stört. Wird aber die kritische Zeeman-Ener- gie überschritten, wächst der Überschuss zu stark und die Supraleitung bricht zusammen. „Aber auch in dieser Situation kann man den Einfluss der Störenfriede eine Weile reduzieren, indem man den Über- schuss in eine Ecke drängt“, erklärt der Dresdner Physiker weiter. Aus dieser Ecke aber stören sie die Paare viel weniger - unabhängig davon, ob es sich um Menschen oder Elektronen handelt. Da die Paare versuchen, sich von der Ecke mit den Isolierten fernzuhalten, drängen sie sich an bestimmten Stellen, was man auf einer Tanzfläche manchmal ganz gut beobachten kann. Bei einem Supraleiter passiert das Gleiche, die Dichte der Cooper-Paare variiert von Ort zu Ort. Theoretiker brauchen viel Geduld Allerdings geschieht diese „räumliche Modulation“ nicht auf dem Tanzboden, sondern unter den Gesetzen der Quanten- mechanik. Die „Ecke“ ist also nicht im „Ortsraum“, sondern im „Impulsraum“. Beides ist für Nichtphysiker kaum und für Physiker nur ein wenig besser vorstellbar. „Aber das macht nichts, die Grundidee bleibt jedenfalls die gleiche“, fasst Peter Fulde zusammen. Auch mit dieser anschaulichen Erklärung war der FFLO-Effekt bei starken Magnetfeldern immer noch nur eine Theorie. Zwar gab es immer wieder Versuche, das Ganze im Laborexperi- ment zu untermauern. „Dazu braucht man aber sehr gute Su- praleiter, die am besten als sehr dünne Schichten vorliegen“, erklärt Joachim Wosnitza. Und natürlich eine hervorragende Magnetfeldtechnik wie sie das HZDR bietet. In keinem der früheren Experimente aber kamen alle diese Eigenschaften zusammen und Peter Fulde musste beinahe ein halbes Jahr- hundert warten, bis ausgerechnet sein häufiger Gesprächs- partner Joachim Wosnitza im Helmholtz-Zentrum Dresden- Rossendorf den entscheidenden Hinweis brachte, dass der nach ihm benannte FFLO-Effekt auch in der Praxis existiert. Starke Magnetfelder und dünne Schichten „Wir haben das Ganze an organischen Supraleitern unter- sucht, deren Schichten mit 1,8 Nanometern nur wenig dicker als ein Millionstel Millimeter sind“, berichtet Joachim Wos- nitza. Das Kopfhaar eines Menschen ist im Vergleich mehr als zwanzigtausendmal dicker. Diese organischen Supraleiter bestehen aus vielen Tausenden etwa einen Nanometer dicken organischen Schichten und ähnlich dünnen Lagen aus isolie- renden Molekülen. Als die HZDR-Forscher diese organischen Supraleiter absolut parallel zu einem Magnetfeld mit einer Stärke von rund elf Tesla brachten, war die Zeeman-Energie zwar deutlich über- schritten. Trotzdem aber war das Material nach wie vor su- praleitend. Sollte damit der lange gesuchte FFLO-Effekt in der Praxis nachgewiesen sein? Sollte das Magnetfeld tatsächlich die Störenfriede für die Cooper-Paare in bestimmten Ecken isoliert haben? Wenn die Paare aus dem Takt geraten Falls ja, müsste der Effekt verschwinden, wenn die Forscher den Supraleiter im Magnetfeld ein wenig kippen. Dann dringt das Magnetfeld durch die supraleitenden Schichten und stört die gemeinsam schwingenden Cooper-Paare, die jetzt aus dem Takt geraten können – die Störenfriede lassen sich nicht mehr in eine Ecke drängen. Schwenkten die Forscher den Supraleiter um 0,1 Grad zum Magnetfeld, blieb die Supraleitfähigkeit erst einmal erhalten. Auch bei Verdrehen um 0,2 oder 0,4 Grad änderte sich daran nichts. Wurde die Probe dagegen um ein halbes Grad gedreht, verschwand die Supraleitfähigkeit völlig. Die Störenfriede hatten die Oberhand gewonnen, genau wie es der FFLO-Effekt erwarten ließ. Nach beinahe einem halben Jahrhundert war die Theorie endlich in der Praxis bestätigt. Für die Grundlagenphysik aber hat dieses Experiment eine enorme Bedeutung. Denn der FFLO-Effekt zeigt sich nicht nur bei menschlichen Paaren und Elektronen. Ähnliche Paare bilden sich ja auch bei anderen Elementarteilchen wie den Quarks, aber auch bei den Neutronen und Protonen, aus denen sich Atomkerne aufbauen, und auch bei bestimmten ultrakalten Atomgasen. Tatsächlich wurde der FFLO-Zustand inzwischen auch bei ultrakalten Lithium-Atomen gefunden. „Als Bauelement in supraleitender Elektronik hat ein ähnlicher Zustand auch eine ganz praktische Bedeutung“, weist Peter Fulde auf eine erste Anwendung hin. Die beiden Dresdener Physiker Joachim Wosnitza und Peter Fulde haben so ein Stück Physikgeschichte geschrieben, auf dem andere For- scher nun aufbauen können. PUBLIKATION: R. Beyer, B. Bergk u.a.: “Angle-dependent evolution of the Fulde-Ferrell-Larkin-Ovchinnikov state in an organic super- conductor”, in Physical Review Letters, Bd. 109 (2012), S. 027003 (DOI: 10.1103/PhysRevLett.109.027003) Kontakt _Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden im HZDR Prof. Joachim Wosnitza j.wosnitza@hzdr.de _Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme Prof. Peter Fulde Über: Anett Pacholik ap@pks.mpg.de www.pks.mpg.de

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