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Gefahrenpotenziale bei Grignard-Reaktionen - Sichere Betriebsführung durch Online-Monitoring

Kryk, H.; Hessel, G.; Schmitt, W.; Tefera, N.

Ausgehend von den physikochemischen Grundlagen der Grignard-Chemie werden Einflussfaktoren für eine sichere Prozessführung beschrieben. Bei Grignard-Synthesen tritt das größte Gefahrenpotential in der ersten Reaktionsstufe, der Herstellung der Grignard-Reagenz, auf. Insbesondere muss das Anspringen der Reaktion bei einer unzulässig großen Akkumulation von organischem Halogenid verhindert werden, wenn keine ausreichende, schnell wirksam werdende Kühlleistungsreserve vorhanden ist.
Vor der Überführung einer neuen Grignard-Synthese in den großtechnischen Maßstab sollten umfassende Untersuchungen der Grignard-Reaktionsstufe in Laborreaktoren durchgeführt werden. Mit Hilfe isothermer und adiabatischer kalorimetrischer Messungen konnten die wichtigsten Prozessparameter, wie molare Reaktionsenthalpie, adiabatische Temperaturerhöhung, Induktionszeit, Anstiegsgeschwindigkeit der Wärmeleistung und Dauer der Startphase, ermittelt werden. Sie sind notwendig, um die maximal zulässige Akkumulation des organischen Halogenids für die verfügbare Kühlleistung der Produktionsanlage bestimmen zu können.
Die Untersuchungen zeigten, dass gleiche Werte der molaren Reaktionsenthalpie sowohl bei isothermer als auch adiabatischer Kalorimetrie gemessen wurden. Als Ursache für die gemessenen größeren Enthalpiewerte während der isotherme Startreaktionsphase konnten noch vorhandene Wasser-Restmengen identifiziert werden, die infolge ihrer exothermen Folgereaktion mit der gebildeten Grignard-Reagenz einen zusätzlichen Wärmebeitrag lieferten. Eine Temperaturabhängigkeit der molaren Reaktionsenthalpie konnte im Temperaturbereich von 25°C bis 120°C nicht festgestellt werden.
Um subjektive Fehleinschätzungen des Anspringens der Grignard-Reaktion zu vermeiden, wurden die Anwendungsmöglichkeiten verschiedener Messmethoden zur Online-Überwachung getestet. Mit der in situ-Infrarotspektroskopie ließ sich das Anspringen der Grignard-Reaktion eindeutig und empfindlich detektieren. Ebenso könnte das spätere Einschlafen der Reaktion infolge zudosierter oder eindringender Verunreinigungen erkannt werden. Das Leistungsvermögen der Stoff- und Energiebilanzen als Methode zur Online-Überwachung konnte sowohl für die Startphase als auch für die Hauptreaktionsphase im Vergleich mit der Infrarotspektroskopie nachgewiesen werden. Die Wärmebilanzierung liefert eine viel versprechende Alternative zur in situ-Infrarotspektroskopie für den Einsatz an Produktionsanlagen, weil sie mit einer ausreichend empfindlichen Betriebsmesstechnik realisiert werden kann, quasi im Echtzeitbetrieb arbeitet und wesentlich kostengünstiger ist. Der Vorteil der in situ-Infrarotspektroskopie ist die parallele Online-Messung von störenden Wasseranteilen im Reaktionsmedium. Beispielsweise könnte das Nichtstarten der Grignard-Reaktion aufgrund von zu großen Wasserrestmengen in der Mehrzweckanlage erkannt werden. Durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsverriegelungen sollte die Überdosierung von organischem Halogenid und das Eindringen stark exothermer Verunreinigungen (wie z. B. Wasser) während der ersten Grignard-Reaktionsstufe unbedingt verhindert werden. Aus Sicherheitsgründen sollte Wasser durch Öl als Kühlmedium möglichst ersetzt werden.

  • Technische Überwachung 46(2005)7/8, 41-47

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