Wie entstanden die chemischen Elemente?

Teil 2

Ein massereicher Stern (mehr als das Zehnfache der Sonnenmasse) explodiert als Supernova, weil am Ende seines Lebens fast alles Material zu Eisen verbrannt ist. Computersimulationen zeigen, dass der Eisenkern des Sterns beim Kollaps innerhalb von Sekundenbruchteilen in sich zusammenstürzt. Durch die extreme Materieverdichtung reagieren Protonen und Elektronen miteinander und verbinden sich zu Neutronen. Der Kern des Sterns ist nun ein schnell rotierender Neutronenstern mit nur ca. 20 Kilometern Durchmesser und mindestens der Masse unserer Sonne. Um sich die Masseverhältnisse einfacher vorstellen zu können, denke an einen Zuckerwürfel mit der Masse eines 1000 Meter hohen Berges in deiner Hand.


Die Supernova 1987A vor ihrer (links) und nach ihrer Explosion im Jahre 1987 (rechts).
(Grafik: spaceflightnow.com)

Die Materie der äußeren Hülle stürzt anschließend hinterher. Durch den Schwung prallt die restliche Sternenmasse vom Kern ab und schießt in einer gewaltigen Explosion, einer Supernova, nach außen. Damit du dir diesen Vorgang einfacher vorstellen kannst, denke an einen implodierenden Fernsehbildschirm: Bei der Implosion wird das Glas erst zusammengedrückt und dann prallt es durch den eigenen Schwung nach außen hin ab.

Bei einer Supernova-Explosion verteilen sich nicht nur die im Stern entstandenen Stoffe vom Kohlenstoff bis zum Eisen im All. In den dramatischen Momenten der Explosion entstehen bei extrem hohen Energien auch schwere Elemente wie Gold, Silber, Titan, Uran etc. Fast alle Elemente, die schwerer als Eisen sind, sind unmittelbar bei solchen Explosionen entstanden.
Die Erklärung für das Entstehen der schwereren Elemente wäre der Einfang von Neutronen. Unter normalen Umständen kommen übermäßig neutronenreiche Kerne in der Natur nicht vor. Aber während einer Supernova-Explosion entstehen in dem zerberstenden Stern extrem dichte Neutronenflüsse. Wenn ein Kern nun in diesen Neutronenstrom gerät, dann kann er in Sekunden sehr viele Neutronen an sich binden. Dabei entstehen kurzzeitig sehr massereiche Kerne, die sich über Betazerfälle sofort weiter umwandeln bis ein stabiles Element übrig bleibt.

Schwere Elemente können aber nicht nur bei Supernovas entstehen. Ein ähnlicher Prozess findet in einem Roten Riesen (s. Bild) statt:

Solche Sterne blähen sich während der letzten Phase ihres Lebens auf. Dabei erhalten sie ihre Energie aus der Kernfusion von Helium zu Kohlenstoff (s. Teil 1). Während dieses Vorgangs werden Neutronen freigesetzt (leichter Neutronenfluss). Diese verbinden sich mit den Atomkernen und machen sie massereicher. Wie auch bei einer Supernova wandeln sich die massereichen Kerne weiter um. bis schließlich ein stabiles Element entsteht. Da aber der Druck und die Anzahl freier Neutronen nicht so groß sind wie bei einer Supernova, geht die Elementsynthese langsam vonstatten. Sie dauert diesmal Jahrtausende und nicht Sekunden.

Diesen beiden Prozesse bringen etwa 99% aller schweren Elemente hervor. Daneben gibt es auch noch andere Prozesse zur Entstehung schwerer Elemente, bei denen Protonen anstelle von Neutronen angelagert werden. Dies passiert unter anderem dann, wenn ein schon erloschener Stern, z.B. ein Weißer Zwerg, das Wasserstoffgas eines benachbarten Roten Riesens aufnimmt (s. linkes Bild). Wenn sich das Wasserstoffgas dann entzündet, kommt es zu einer riesigen Kernexplosion, einem Nova-Ausbruch. Während dieses Ausbruchs verschmelzen die Protonen des Wasserstoffs mit Atomkernen des Weißen Zwerges.



Das obige Bild zeigt auf einer Nuklidkarte, welche Elemente und Isotope in welchen Prozessen entstanden sind. Die goldgelbe Linie links unten zeigt die Elemente, die beim "normalen" Brennen eines Sternes entstehen. Der rote Kreis beschreibt das Ausgangsmaterial für eine Supernova-Explosion. Dieses Material wird dann während der Explosion über verschiedene Prozesse (eingerahmte Gebiete) in die schweren Elemente umwandelt.

s-Prozess (violett): s = slow = langsam; Neutroneneinfang auf langen Zeitskalen (mehrere Jahre)
Die gebildeten instabilen, neutronenreichen Kerne haben genug Zeit durch β--Zerfall zu stabilen Kernen zu zerfallen. Dadurch läuft der s-Prozess im Gebiet der " β-Stabilität" ab. Der s-Prozess kann in bestimmten Sternen (Rote Riesen...) stattfinden und führt, ausgehend von Saatkernen um Eisen herum, zur Bildung von Kernen bis zum Blei.

r-Prozess (magenta): r = rapid = schnell; Neutroneneinfang in sehr kurzer Zeit (ca. 10-3 s)
Es werden neutronenreiche Isotope gebildet, die ca. 10-20 Neutronen mehr als stabile Kerne des gleichen Elementes besitzen. Nach Ende dieses hohen Neutronenflusses werden durch β--Zerfälle neutronenreiche, aber stabile schwere Kerne gebildet. Der r-Prozess findet wahrscheinlich in Supernova Explosionen statt.

p-Prozess (rot): p = Proton; Protoneneinfang auf langer Zeitskala (Jahre)
Auf der neutronenarmen Seite der Nuklidkarte gibt es stabile Kerne, die durch Neutroneneinfang und anschließenden Beta-Zerfall nicht gebildet werden können. Diese p-Prozess-Kerne werden entweder durch Protoneneinfang während einer Supernova-Explosion gebildet oder auch durch Photodissoziation aus r- und s-Prozess Saatkernen.

rp-Prozess (blau): rp = rapid protons = schnelle Protonen; Schneller Protoneneinfang (wie beim r-Prozess, jedoch mit Protonen) im Sekunden- oder Minutenbereich
Es können mittelschwere Kerne bis etwa Zinn gebildet werden. Der Protonenfluss wird wahrscheinlich in einem Nova-Ausbruch erzeugt.

Der r- und der rp-Prozess sind HIER in einem kleinen, aber feinen Film dargestellt.

Das ist ja alles schön und gut. ABER die ganze Sache hat nun doch einen Haken. Von den einzelnen Elementen und Isotopen gibt es teilweise mehr oder weniger als theoretisch in den besprochenen Prozessen entstehen dürften. Zum Beispiel gibt es sieben mal weniger Zirkon als vorhergesagt, aber auch viel mehr Zinn! Dafür könnte die bei diesen s-Prozessen anwesende intensive Gammastrahlung verantwortlich sein. Diese Hypothese wird von den Wissenschaftlern am HZDR untersucht.


Mehr dazu hier:

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