Untersuchungen zur Sorption von Uran an Gesteine und Minerale


Was versteht man unter Sorption?

Unter Sorption versteht man die Anlagerung eines chemischen Spezies aus der wäßrigen Phase auf eine angrenzende feste Phase. Der aufnehmende (sorbierende) Stoff wird als Sorbens, der aufgenommene (sorbierte) als Sorbat bezeichnet. Je nach Sorptionsmechanismus kann der Prozeß der Sorption weiter unterteilt werden in Adsorption, Oberflächenausfällung und Absorption. Adsorption wird dabei definiert als Akkumulation von fester Substanz an der Grenzfläche fest-wäßrige Phase bei der es nicht zur Ausbildung einer dreidimensionalen molekularen Anordnung kommt. Wichtig ist hierbei, daß sich eine zweidimensionale molekulare Anordnung ausbildet. Oberflächenausfällung wird bezeichnet als Wachstum einer festen Phase auf einer bereits vorher existierenden festen Phase, die eine primitive, sich in drei Dimensionen wiederholende molekulare Einheit ausbildet. Unter Absorption versteht man die Diffusion eines gelösten chemischen Spezies in eine feste Phase hinein, wobei die Eindringtiefe in die feste Phase größer als mehrere Nanometer sein muß.

Beschreibung von Sorptionsdaten

Die Sorption von Schwermetallen an feste Phasen läßt sich quantitativ durch den Verteilungskoeffizienten ( Kd-Wert), Adsorptionsisothermen und Oberflächenkomplexierungsmodelle beschreiben. Der Kd-Wert ist das Ergebnis einer experimentellen Messung in einem geschlossenenem System, worin sich eine bekannte Menge an Geomaterial und ein bestimmtes Volumen einer Lösung bekannter Zusammensetzung befindet. Der Kd-Wert ist letztendlich eine unspezifische Größe, die nur bei den angelegten experimentellen Bedingungen zutrifft. Werden die experimentellen Bedingungen, wie beispielsweise der pH-Wert, nur etwas verändert so ändert sich auch der Kd-Wert.

Die graphische Darstellung der Gleichgewichtskonzentration eines Ions C in Kontakt mit der festen Phase als eine Funktion von sorbierter Masse dieses Ions, bezogen auf Trockenmasse des Adsorbens C* wird als Adsorptionsisotherme bezeichnet. Die zwei bekanntesten Isothermen, die zur Beschreibung der Adsorption aus wäßriger Lösung angewendet werden, sind die Langmuir-Isotherme und die Freundlich-Isotherme. Die Anwendung solcher Isothermen führt zu einigen groben Aussagen über den Sorptionsprozeß. Beispielsweise kann man mit Hilfe der Maximalbeladung eine Aussage zu den Oberflächenbindungsplätzen machen. Ebenso gewinnt man aus dem Verlauf der Isotherme Informationen über die Art der Bindungsplätze. Jedoch lassen sich auch mit diesem Ansatz keine detaillierten Aussagen zu den Sorptionsmechanismen machen.

Wesentlich spezifischer ist hier der Ansatz der Oberflächenkomplexierungsmodelle. Oberflächenkomplexierungsmodelle streben eine Spezifizierung der Anbindung von Ionen aus der Lösung an die feste Phase an. Diese Modelle basieren auf der Annahme, daß Sorption mittels chemischen Reaktionen zwischen den spezifischen gelösten Spezies und spezifischen Oberflächenbindungsstellen stattfinden. Es werden dann sorbierte Oberflächenspezies gebildet, die sowohl das Ion als auch die Bindungsstelle enthalten. Dabei wird unterschieden zwischen einer chemischen Bindung des Ions mit der Oberflächenbindungsstelle (Chemisorption), sogenannte" inner-sphere" Komplexe und der Physikalischen Adsorption, bei der das Ion durch elektrostatische Kräfte als "outer-sphere" Komplex an die Oberfläche gebunden wird.

Schema Outer- und Inner-Sphere-Complex

Was sind Gesteine und Minerale

Mineral: Minerale sind die Gemengteile von Gesteinen und bauen als solche wesentliche Teile der Erde auf. Minerale sind physikalisch und chemisch homogene natürliche Festkörper der Erde, des Mondes und anderer Himmelskörper. Sie sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, anorganisch und kristallisiert.

Gesteine: Gesteine sind vielkörnige Mineralaggregate, relativ selten natürliche Gläser. Gesteine treten in selbständigen, zusammenhängenden, geologisch kartier- und profilierbaren Körpern auf. Im Unterschied zum Mineral sind Gesteine heterogene Naturkörper. Gesteine werden charakterisiert durch ihre mineralogische und chemische Zusammensetzung, ihr Gefüge und ihren geologischen Verband.

Unser Forschungsgebiet umfaßt zur Zeit Untersuchungen zur Sorption von Uran auf dem Gestein Phyllit bzw. auf sekundär gebildeten Eisenmineralen

Die Forschung steht im Zusammenhang mit den dicht besiedelten Gebieten des ehemaligen Uranerzbergbaus in Sachsen und Thüringen. Hier existieren Halden aus uranhaltigem Gestein, die Uran in die Umgebung abgeben. Unsere Forschungen stehen ebenso im Zusammenhang mit der Endlagerung von hochradioaktiven Abfall. In der Endlagerforschung wird unterschieden zwischen einem Nahfeld, d.h. das Material in dem die hochradioaktiven Substanzen eingeschlossen sind, beispielsweise in Glas eingeschmolzen bzw. in Metalbehälter eingeschlossen, und dem Fernfeld, als das man das angrenzende geologischen Material bezeichnet. Schadstoffe im Untergrund bewegen sich vorwiegend über das Medium Grundwasser durch das Gestein. Hier setzen wir ein. Wir erforschen das Sorptions- und Migrationsverhalten von Radionukliden in geologischen Formationen. Unsere Forschung führt zu grundlegend neuen Daten, die zu verbesserten Vorhersagen zur Schadstoffmigration führen und somit beitragen das Risiko für Mensch und Umwelt besser abzuschätzen.

Unsere Herangehensweise

Eine detaillierte Charakterisierung der Gesteine und Minerale, auf die Uran und andere Actiniden sorbiert werden, wird zu Beginn unserer Untersuchungen mit nachfolgenden Techniken durchgeführt:

  • Rasterelektronenmikroskop/Energie-Dispersive Spektroskopie (REM/EDS)
  • Polarisationsmikroskopie
  • Mikrosonde (PIXE)
  • Röntgendiffraktometrie (XRD)
  • Röntgenfluoreszenzanalyse (XRF)
  • Gesamtaufschluß
  • Mössbauer-Spektroskopie
  • Atomkraftfeld-Mikroskopie (AFM)

Phyllit-Oberfläche

Sorptionsexperimenten (Batch-Versuche) werden durchgeführt mit dem Gestein Phyllit und seinen mineralogischen Bestandteilen Quarz, Chlorit, Muskovit, Albit. Die Versuche werden im pH Bereich von 3.5 - 9.5, bei verschiedenen Ionenstärken, und mit unterschiedlichen Uran Konzentrationen (1×10-5 M, 1×10-6 M, 1×10-7 M) durchgeführt. In den Sorptionsversuchen wird mit der 63-200 µm Korn-Fraktion und einem fest-flüssig Verhältnis von 12.5 g/L gearbeitet. Die Trennung der festen von der gelösten Phase erfolgt mittels Zentrifugation und anschließender Filtration durch 5 nm Membrane. Die Elementkonzentration werden mit ICP-MS ermittelt.

Sorptions-Isotherme: Anteil sorbiertes U als f(pH)
Sorptionsisotherme von Uran (1x10-4M) an Ferrihydrit (1 mM Fe-Suspension).

Parameter für Oberflächenkomplexierungsmodelle werden ermittelt. Die spezifische Oberfläche wird mit der BET Methode bestimmt. Die Dichte der Oberflächenbindungsplätze und der benötigten Protolysekonstanten werden aus Adsorptionsisothermen und Potentiometrischen Tirationen berechnet. Kinetische Prozesse der Mineralauflösung bzw. Mineralneubildung sind in unseren Sorptionsuntersuchungen integriert. Wir konnten nachweisen, daß aus einem mineralogischen Bestandteil des Gesteins Phyllit, dem Mineral Chlorit, beträchtliche Mengen an Eisen herausgelöst wurden, die zur Ausfällung einer sekundären Mineralphase, dem Eisenmineral Ferrihydrit, geführt haben. Die unterschiedlichen Reaktivitäten der kristallographischen Flächen wird bei unseren Sorptionsuntersuchungen mit berücksichtigt. Hier werden vorzugsweise REM und AFM eingesetzt.

Reaktive Kristallflächen

Spektroskopische Nachweise von sorbierten Uran-Oberflächenspezies erfolgen mittels Methoden wie z. B. Photoelektronenspektroskopie (XPS), Zeitaufgelöste Laserfluoreszenz Spektroskopie (TRLFS) und Röngenabsorptionsspektroskopie (EXAFS/XANES).

Modellschema Ferrihydrit-Uranyl-Oberflächenkomplex

Mit Computerprogrammen wird die Speziation berechnet (EQ3/6, MINTEQA2, HYDRAQL und FITEQL) sowie Oberflächenkomplexbildungskonstanten ermittelt. Die mit Oberflächenkomplexbildungsmodellen bestimmten Oberflächenkomplexbildungskonstanten sollen Eingang finden in geeignete Datenbanken und in chemischen Transportprogrammen verwendet werden.