GeoPET

PET of fractured rock salt

Fortschreiten einer 18F-markierten Salzlösung im Risssystem eines mechanisch beanspruchten Steinsalzbohrkerns (Injektion von links). Das Risssystem wurde mittels µCT dargestellt. (Staßfurt-Projekt)

In der Abteilung Reaktiver Transport des HZDR machen wir den räumlich-zeitlichen Verlauf komplexer geochemischer Prozesse in undurchsichtigen Medien sichtbar.

GeoPET wurde entwickelt für die direkte, zerstörungsfreie, quantitative raum-zeitliche Visualisierung von Transportprozessen in undurchsichtigen Medien, insbesondere in natürlichen geologischen Medien auf der Bohrkernskala [1-7,11-13].

Es handelt sich um eine besondere Anwendung der Positronen Emissionstomographie (PET), ein ursprünglich nuklearmedizinisches bildgebendes Verfahren. Die PET zeichnet sich durch höchste Sensitivität und Selektivität gegenüber Positronen-emittierenden PET-Radionukliden aus. Sie ist in dieser Hinsicht anderen bildgebenden Verfahren die in den Geowissenschaften angewendet werden, wie Mikrofokus-Röntgen-Computertomographie (µCT), elektrischer Widerstandstomographie (ERT) und Magnetresonanztomographie (MRT) weit überlegen. Die hohe Sensitivität gegenüber PET-Nukliden ermöglicht die Beobachtung (reaktiver) Transportprozesse in relevanten Größenintervallen ohne Rückwirkungen auf den Prozess. Voraussetzung für das Erreichen der physikalischen Grenze der räumlichen Bildauflösung von ~ 1 mm ist eine hochauflösende PET-Kamera, wie z.B. unser ClearPET Scanner (Fa. Elysia-Raytest).

In einem typischen GeoPET-Versuch wird der PET-Tracer (ein mit einem Positronenstrahler markierter Stoff) in den Probenkörper injiziert - wie in einem konventionellen Säulenversuch auch. Die Photonenstrahlung, die vom Tracer ausgesendet wird, wird räumlich aufgelöst erfasst. Daraus wird dann die momentane Verteilung des Tracers während eines Zeitintervalls berechnet.

Gegenüber konventionellen Säulenversuchen erlaubt GeoPET einen detaillierten Einblick in die Transportprozesse und liefert umfangreiche Parametersätze wie die Geschwindigkeitsverteilung, den effektiv wirksamen Porenraum, die Abschätzung der transportwirksam erreichbaren inneren Oberfläche und häufig die Beobachtung des Ausbildens präferentieller Fließpfade. Dargestellt mit GeoPET wird die Tracerkonzentration, welche eine Schlüsselgröße bei geochemischen Transportexperimenten ist, mit molekularer Empfindlichkeit und mesoskaliger Auflösung. Dagegen werden mikroskalige Bilder der inneren Struktur durch µCT-Aufnahmen mit einer Auflösung im Mikrometerbereich dargestellt.

Stassfurt-Sandstein

Ausbreitung einer 18F-markierten Salzlösung in einem dichten Sandstein. (Staßfurt-Projekt)


Wie funktioniert GeoPET?

Versuchsanordnung

Ein typischer Bohrkern (Durchmesser und Länge ca. 10 cm) am ClearPET-Scanner. Die 20 ringförmig angeordneten Kassetten enthalten je vier 8x8 Detektoren aus LYSO/LuYAP-Szintillatorkristallen und Photomultipliern.

Positronenzerfall und Gamma-Detektion

Positronenzerfall und Gamma-Detektion

A PET image from the Staßfurt project.

Geeignete PET-Isotope, das sind Positronen-emittierende Radionuklide mit Halbwertszeiten zwischen Minuten und Jahren, werden in einem Zyklotron (z.B. unser IBA Cyclone 18/9) hergestellt. Sie werden zur Markierung oder selbst als Tracer eingesetzt und in eine Probe injiziert. Beim radioaktiven Zerfall werden Positronen emittiert. Sie bewegen sich etwa 1 mm weit durch das Material, bevor sie stark genug abgebremst sind, um mit einem Elektron zu annihilieren. Bei dieser Massevernichtung werden zwei antiparallele Photonen mit jeweils einer Energie von je 511 keV ausgesendet. Die Photonen werden in den Szintillator-Kristallen des Detektorzylinders erfasst und koinzidente Signale werden als zusammengehöriges Photonenpaar (Koinzidenz) erkannt. Zwischen den zwei angeregten Detektoren wird eine Linie rekonstruiert (LOR, Line-of-Response). An Kreuzungspunkten solcher Linien befinden sich demnach meßbare PET-Nuklidmengen, d.h. größer als etwa 10 Bq. Nach 1 bis 60 min, je nach Aktivität im Bildfeld des Detektorrings (FOV, Field-of View), sind genügend Koinzidenzen (ca. 107) erfasst worden, um die PET-Tracerverteilung raum-zeitlich rekonstruieren zu können. Die gesuchte Tracerkonzentrationsverteilung C(x,y,z,t) kann so mittels umfangreicher Datenauswertung berechnet werden.

Unser institutseigener Scanner (ClearPET, Fa. Elysia-Raytest) wurde ursprünglich für die medizinische Forschung an kleinen Versuchstieren konzipiert. Wir nutzen ihn ausschließlich zur Untersuchung von Geomaterialien und profitieren dabei von dessen Miniaturisierung im Vergleich zu klinischen PET-Scannern. Die Öffnungsweite von 13–21 cm und die geringe Größe der Detektorkristalle erlauben es, die physikalisch maximal-mögliche Auflösung von etwa 1 mm an Standard-Bohrkernen auszuschöpfen (im Vergleich dazu liegt das Auflösungsvermögen humanmedizinischer Scanner bei 3-5 mm). PET hat eine Sensitivität von rund 107 Tracer-Atomen/µl (bei einem angenommen Detektionslimit von 1 kBq/mm3) oder besser – viele Größenordnungen höher als CT und MRT. Wir haben die Auswertung der PET-Messungen für geowissenschaftliche Materialien optimiert. Dabei muss die hohe Dichte des Materials berücksichtigt werden, die zu starken Masseschwächungs- und Streueffekten führt.


Abgleich experimenteller Daten mit numerischer Modell-Simulation

PET Opalinus Diffusion

Diffusives Ausbreiten von 22Na+ in einem Opalinuston-Bohrkern (Durchmesser und Länge ca. 10 cm). Der Tracer wurde in eine axiale Sackbohrung gegeben. Vergleiche [12,13].

Matching GeoPET observations with numerical model simulationsErgebnisse der 3D-Simulation von Diffusion/Absorption in Ton (Links, Mitte) im Vergleich mit experimentellen GeoPET-Daten (Rechts: Isolinien=Simulation, farbkodiert=Experiment [6,7])

Wir nutzen COMSOL Multiphysics und interface Comsol Phreeqc (iCP: image-modelling.net/icp) für den Abgleich experimenteller GeoPET-Ergebnisse mit Simulationen. Im Beispiel wurden GeoPET-Bilder des Verlaufs der Diffusion von 22Na+ in einem Opalinuston-Bohrkern während eines halben Jahres erfasst. Dieses Szenario wurde mit Hilfe der Differentialgleichung für anisotrope Diffusion und Adsorption mit Comsol als Finite-Element-Modell simuliert. Die so erhaltenen Daten wurden mit Hilfe des Comsol Optimierungsmoduls als inverse Modellierung an die Messdaten der räumlich-zeitlichen Konzentrationsverteilung angepasst. Auf diese Weise konnte der optimale Wert für den Diffusionstensor bestimmt werden [8-10, 14].

Genauso lassen sich anhand tomographischer Prozesstomographie auch umfassende Parametrisierungen für komplexere Szenarien, wie reaktiver advektiv-diffusiver Stofftransport in porösen oder klüftigen Geomaterialien gewinnen.


Fokus

Wir konzentrieren uns auf die Untersuchung (reaktiver) Transportprozesse in heterogenem geologischem Material mittels Radiotracern. Unsere Tätigkeiten dienen dabei zwei Themenschwerpunkten im Fachbereich Energie:


Publications

  • [1] Richter, M., et al., Positron Emission Tomography for modelling of geochmical transport processes in clay. Radiochim. Acta, 2005. 93: p. 643-651.
  • [2] Gründig, M., et al., Tomographic radiotracer studies of the spatial distribution of heterogeneous geochemical transport processes. Appl.Geochem., 2007. 22: p. 2334-2343.
  • [3] Kulenkampff, J., et al., Evaluation of positron emission tomography for visualisation of migration processes in geomaterials. Phys. Chem. Earth, 2008. 33: p. 937-942.
  • [4] Wolf, M.: Visualisation and quantification of fluid dynamics in drilling cores from the salinar and overburden of the area of Staßfurt by means of positron emission tomography PhD thesis, Leipzig University, Germany, 2011
  • [5] Zakhnini, A., et al.: Monte Carlo simulations of GeoPET experiments: 3D images of tracer distributions 18F, 124I and 58Co in Opalinus Clay, anhydrite and quartz. doi:10.1016/j.cageo.2013.03.023 Comp. Geosci., 57, 183-196
  • [6] Barth, T., et al.: Positron emission tomography in pebble beds. Part 1: Liquid particle deposition. Nucl. Engin. Design, 267 (2014) 218-226
  • [7] Barth, T., et al.: Positron emission tomography in bebble beds. Part 2: Graphite particle desposition and resuspension. Nucl. Engin. Desing, 267 (2014) 227-237
  • [8] Schikora, J., Simulation of diffusion-adsorption processes in natural geological media by means of COMSOL Multiphysics, in Faculty of mechanical Science and Engineering. 2012, Dresden Technical University: Dresden, Germany. p. 95.
  • [9] Schikora, J., Kulenkampff, J., Gründig, M., Lippmann-Pipke, J. Modelling and simulation of GeoPET experiments with COMSOL Multiphysics. Geophysical Reasearch Abstracts. EGU2012-10965
  • [10] R. Gerasch, J. Kulenkampff, J. Lippmann-Pipke: Parameter Estimation of anisotropic diffusion in Clay with COMSOL Multiphysics
    COMSOL Conference 2014, 17.-19.09.2014, Cambridge UK
  • [11] Kulenkampff, J., Gründig, M., Zakhnini, A., and Lippmann-Pipke, J.: Geoscientific process monitoring with positron emission tomography (GeoPET), Solid Earth, 7, 1217-1231, 2016
  • [12] Kulenkampff, J., Zakhnini, A., Gründig, M., and Lippmann-Pipke, J.: Quantitative experimental monitoring of molecular diffusion in clay with positron emission tomography, Solid Earth, 7, 1207-1215, 2016
  • [13] Kulenkampff, J., Gründig, M., Zakhnini, A., Lippmann-Pipke, J.: Observation of 22Na+ - Diffusion in Opalinus Clay using Positron Emission Tomography (GeoPET) (mpeg-movie), https://doi.org/10.5281/zenodo.166509, 2016.
  • [14] Lippmann-Pipke, J., Gerasch, R., Schikora, J., and Kulenkampff, J.: Benchmarking PET for geoscientific applications: 3D quantitative diffusion coefficient estimation in clay rock, Comput. Geosci.,101, 21-27, 2017