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Dr. Sven Eckert

Lei­ter Mag­neto­hydro­dyna­mik
s.eckertAthzdr.de
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Ultraschall-Doppler-Velozimetrie

Seit vielen Jahren wird die Ultraschall-Doppler-Velozimetrie (UDV) am HZDR zur Messung von Geschwindigkeitsfeldern in Flüssigmetallströmungen eingesetzt. Dieses echografische Verfahren findet seinen Ursprung  in der medizinischen Bildgebung zur Messung des Blutflusses im menschlichen Körper. Seit Mitte der 1980er Jahren kommt es auch auf Anwendungsgebieten der Forschung und Technik außerhalb der Medizin zum Einsatz, hier insbesondere bei opaken Flüssigkeiten oder Systemen ohne optischen Zugang, da sich derartige Fluidströmungen nicht mit etablierten optischen Strömungsmessverfahren wie PIV (Particle Image Velocimetry) und LDA (Laser Doppler Anemometrie) erfassen lassen. Das Verfahren eignet sich dabei auch für die Messung von Strömungsgeschwindigkeiten in metallischen Schmelzen, wie erstmals in einer strömenden Quecksilberschmelze bei Raumtemperatur demonstriert werden konnte [1]. Für die Anwendung in weiteren Flüssigmetallen wie z.B. Gallium-Indium-Zinn (Ga68In20Sn12) [2-5], ebenfalls bei Raumtemperatur, oder Natrium, Aluminium sowie in diversen Zinn- oder Bleilegierungen mit Temperaturen von weit über 100°C [6-8] wurde am HZDR erfolgreiche Entwicklungsarbeit geleistet.

In der Literatur ist das Prinzip der Ultraschall-Doppler-Velozimetrie unter verschiedenen Namen bekannt, neben Ultrasound Doppler Velocimetry (UDV) auch als Ultrasound Doppler Velocity Profiling (UVP), Acoustic Doppler Velocity Profiler (ADVP) sowie PW Doppler (Pulse Wave Doppler) in der Medizintechnik.

Funktionsprinzip

Die Ultraschall-Doppler-Velozimetrie basiert auf dem Impuls-Echo-Prinzip und setzt akustische Inhomogenitäten im zu erfassenden Fluid voraus. Diese können natürlichen Ursprungs sein, wie es bei vielen Metallschmelzen der Fall ist (mutmaßlich handelt es sich dabei um Oxide des Metalls bzw. der Legierung), oder es müssen künstliche Streuteilchen hinzugefügt werden. In der einfachsten Ausführung nutzt ein Ultraschall-Messsystem einen einzelnen Ultraschallwandler (i.d.R. auf Basis des piezoelektrischen Effekts), der sowohl als Sender als auch als Empfänger akustischer Wellen fungiert. Dieser emittiert einen kurzen Ultraschall-Impuls aus wenigen harmonischen Wellenzügen mit einer Frequenz im Bereich von 1 bis 10 MHz, der sich gerichtet entlang der Normalen zur Sendefläche (der akustischen Achse) als Longitudinalwelle mit Schallgeschwindigkeit des Mediums ausbreitet. Bei diesem Vorgang wird ein Teil seiner akustischen Energie an den Inhomogenitäten (Partikel) gestreut und zum Wandler zurückgeworfen (siehe Abbildung 1). Der Wandler empfängt ein Echosignal bestehend aus den Streuechos aller Partikel im Ausbreitungsgebiet des gerichteten Wellenimpulses, wobei die Laufzeit der einzelnen Streuechos im Echosignal relativ zur Impulsaussendung die axiale Position des jeweiligen Streuteilchens abbildet. Nach einer spezifizierten Zeit wird die Impulsemission wiederholt. Anhand der Laufzeitunterschiede der Streuechos zwischen aufeinanderfolgenden Impulsaussendungen, die aus einer endlichen Verschiebung der Teilchenposition resultieren, kann auf die Bewegung der Streuteilchen und dementsprechend auf die Strömungsgeschwindigkeit in axialer Richtung geschlossen werden. Das Verfahren liefert somit ein Profil der axialen Geschwindigkeitskomponente entlang der Ausbreitungsrichtung. Im praktischen Einsatz werden üblicherweise 8 bis 100 Impulsemissionen für die Messung eines Geschwindigkeitsprofils benötigt, um den im Allgemeinen sehr geringen Signal-Rausch-Abstand auszugleichen. Das räumliche Auflösungsvermögen des Messverfahrens in axialer sowie lateraler Richtung wird durch die Wellenlänge, Größe der Sendefläche und Impulslänge bestimmt. Das laterale Auflösungsvermögen verschlechtert sich mit zunehmender Messtiefe aufgrund der Divergenz des Ultraschall-Impulses, wogegen die Ausdehnung des Messvolumens in axialer Richtung als konstant angesehen werden kann.

Die Erfassung linearer Geschwindigkeitsprofile in Echtzeit und die weitestgehend rückwirkungsfreie Messung machen die Ultraschall-Doppler-Velozimetrie zu einem sehr wichtigen und nützlichen Messverfahren der Forschung auf dem Gebiet der Magnetohydrodynamik.

Abbildung 1: Funktionsprinzip der Ultraschall-Doppler-Velozimetrie

Mehrdimensionale Strömungsfeldmessungen

Zur Realisierung einer mehrdimensionalen bildgebenden Strömungsmessung können in einfacher Ausführung mehrere Ultraschallwandler seitlich aneinandergereiht werden. Kommerzielle UDV-Messgeräte, wie sie am HZDR zum Einsatz kommen, ermöglichen einen derartigen Betrieb mit bis zu 10 Wandlern. Durch die sequenziell erfolgende Ansteuerung der Wandlerkanäle ist das auf diese Weise erzielbare zeitliche Auflösungsvermögen jedoch sehr begrenzt. Zudem ist die räumliche Auflösung von Strömungsstrukturen durch die geringe Anzahl verfügbarer Messlinien deutlich limitiert.

In Zusammenarbeit mit der TU Dresden wurde ein neuartiges Messprinzip [9] auf der Basis von Wandlerarrays entwickelt, welches an die spezifischen Anforderungen der Messung von Flüssigmetallströmungen angepasst ist. Unter Anwendung von speziellen Ansteuerungsverfahren wie einer parallelen Erfassung auf mehreren Messlinien und einer verschränkten Pulsstrategie erlaubt dieses die Messung eines Strömungsfeldes mit einer großen Zahl von Messlinien in der gleichen Zeit, die das herkömmliche Verfahren kommerzieller Geräte zur Messung eines einzelnen Profils benötigt. Abbildung 2 zeigt die Umsetzung eines entsprechenden Messsystems bestehend aus zwei Wandlerarrays mit jeweils 24 Messlinien, welche bei orthogonaler Anordnung eine unmittelbare Messung beider Geschwindigkeitskomponenten in einer Messebene des Ausmaßes 67 x 67 mm² (mit 24 x 24 Vektoren) bietet. Dabei lassen sich Bildraten von über 100 Hz erreichen.

Abbildung 2: Arrayanordnung zur Messung des Vektorfeldes in der Ebene der Wandlerarrays
Abbildung 3: Anwendungsbeispiel des Arraymesssystems [10]: Zeitabängiges Strömungsfeld (in Konturdarstellung) einer Elektrowirbelströmung angeregt durch einen elektrischen Stromfluss durch zwei parallele Elektroden. Zum Zeitpunkt t=0 wird der Strom eingeschaltet. Die dabei unterhalb der Elektroden erzeugten Lorentzkräfte bewirken die Entstehung abwärts gerichteter Strahlströmungen, die im restlichen Volumen des zylindrischen Gefäßes zurückströmen. Die Strömungsfeld wurde mit einem Wandlerarray an der Gefäßunterseite gemessen, welches die vertikale Strömungskomponente erfasst (mit blau als Abbildung der abwärts und rot als Abbildung der aufwärts gerichtete Strömung).

Messung an heißen Schmelzen

Ultraschall-Messungen an heißen Schmelzen (d.h. T> 150°C) erfordern erweiterte Wandlertechnologien, um den Anforderungen an hohe Temperaturen und chemischen Reaktivität dieser Schmelzen zu entsprechen. Dafür stehen zwei technologische Ansätze zur Verfügung: Hochtemperaturwandler und kombinierte Wandler mit integriertem akustischen Wellenleiter.

Hochtemperaturwandler entsprechen im prinzipiellen Aufbau herkömmlichen Wandlern unter Verwendung von Piezomaterialien, die Temperaturen bis 230°C widerstehen können. Aus Gründen der Analgensicherheit, des Schutzes des Sensors sowie Schwierigkeiten bei der Benetzung ist ein direkter Kontakt der Sensorfläche der Wandler mit der Schmelze problematisch. Eine Alternative besteht in der Ankopplung durch eine Zwischenwand (einem akustischen Fenster z.B. aus Edelstahl). Zu diesem Zweck wurden am HZDR spezielle Sensoraufnahmen für Ultraschallwandler entwickelt (siehe Abbildung 4a), die für einen optimalen akustischen Übertragungsweg und eine ausreichende Benetzung sicherstellen, Einflüsse durch thermische Ausdehnung kompensieren als auch eine leichte Wartung erlauben.

Mit dieser Technik können Messungen an verschiedenen heißen Metallschmelzen wie Natrium, Zinn-Bismut (Sn60Bi40) und Bismut-Blei (Bi55,5Pb44,5) durchgeführt werden. Entsprechende Messungen in Natrium [6] erfolgten an der hauseigenen Anlage NATAN, in SnBi an der LIMMCAST-Anlage (siehe Abbildung 4) und in BiPb an Anlagen von Kooperationspartnern in Lettland und Belgien [8].

Um Strömungsgeschwindigkeiten von Metallschmelzen mit Temperaturen über 230°C messen zu können, sind akustische Wellenleiter (siehe Abbildung 5) erforderlich. Diese sind aus einer hinreichend dünnen, aufgewickelten Metallfolie aufgebaut, um die Ausbreitung unerwünschter Wellenmoden im Leiter zu unterbinden. Über die Länge des Leiters von typischerweise 200 bis 500 mm herrscht ein ausreichend hoher Temperaturabfall, um den Piezowandler an der Stirnfläche des Wellenleiters vor einer Überhitzung zu schützen. Im derzeitigen Entwicklungsstand kann diese Technik in Schmelzen bis ca. 700°C zuverlässig zur Anwendung kommen. Neben Messungen in Na, SnBi und BiPb wurden kombinierte Wandler mit Wellenleiter erfolgreich zur Messung von Strömungsgeschwindigkeiten zum Beispiel in einer Bronzeschmelze (CuSn) bei 620°C [7] und in einer Salzschmelze (aus KaNO3) bei 550°C eingesetzt. Nachteile beim Einsatz von Wellenleitersonden im Vergleich zu konventionellen Sensoren im niedrigeren Temperaturbereich sind ein reduziertes Signal-Rausch-Verhältnis und eine Begrenzung der Messtiefe.

(a)

Profil Rohrströmung SnBi

(b)

   

(c)

(d)

Abbildung 4: Messung des Geschwindigkeitsprofils einer Rohrströmung an der LIMMCAST-Anlage (SnBi bei 200°C) unter Verwendung von Hochtemperaturwandlern (a) schematische Darstellung der eingebauten Sensoraufnahme in Schnittdarstellung, (b) gemessene Geschwindigkeitsprofile für verschiedene Durchflussraten, (c) Sensoraufnahme und teilinstallierter Hochtemperaturwandler und (d) Sensoraufnahme und Wandler eingebaut an der horizontalen Testsektion der LIMMCAST-Anlage
Abbildung 5: Akustischer Wellenleitersensor

[1] Y. Takeda: Measurement of velocity profile of mercury flow by ultrasound Doppler shift method, Nuclear Technology 79 (1987), 120-124.

[2] A. Cramer, C. Zhang, S. Eckert: Local flow structures in liquid metals measured by ultrasonic Doppler velocimetry, Flow Measurement and Instrumentation 15-3 (2004), 145-153.

[3] S. Eckert, P.A. Nikrityuk, D. Räbiger, K. Eckert, G. Gerbeth: Efficient Melt Stirring Using Pulse Sequences of a Rotating Magnetic Field: Part I, Flow Field in a Liquid Metal Column, Metallurgical and Materials Transactions B 38-6 (2007), 977-988.

[4] S. Eckert, G. Gerbeth, D. Räbiger, B. Willers, C. Zhang: Experimental Modelling using Low Melting Point Metallic Melts - Relevance for Metallurgical Engineering, Steel Research International 78-5 (2007), 419-425.

[5] S. Eckert, A. Cramer, G. Gerbeth: Velocity Measurement Techniques for Liquid Metal Flows, In: S. Molokov (Hrsg.), R. Moreau (Hrsg.), H.K. Moffatt (Hrsg.): Magnetohydrodynamics: Historical evolution and trends, Springer (2007), 275-294.

[6] S. Eckert, G. Gerbeth: Velocity measurements in liquid sodium by means of ultrasound Doppler velocimetry, Experiments in Fluids 32 (2002), 542-546.

[7] S. Eckert, G. Gerbeth, V.I. Melnikov: Velocity measurements at high temperatures by ultrasound Doppler velocimetry using an acoustic wave guide, Experiments in Fluids 35 (2003), 381-388.

[8] S. Franke, S. Eckert, T. Gundrum, G. Gerbeth: Channel flow profile measurements at hot liquid metal loops by the Ultrasound Doppler method, Proceedings of the 9th International Symposium on Ultrasonic Doppler Methods for Fluid Mechanics and Fluid Engineering (ISUD9), August 27-29 2014, Strasbourg, UBERTONE (2014), 153-156.

[9] S. Franke, H. Lieske, A. Fischer, L. Büttner, J. Czarske, D. Räbiger, S. Eckert: Two-dimensional ultrasound Doppler velocimeter for flow mapping of unsteady liquid metal flows, Ultrasonics 53-3 (2013), 691-700.

[10] S. Franke, D. Räbiger, V. Galindo, Y. Zhang, S. Eckert: Investigations of electrically driven liquid metal flows using an ultrasound Doppler flow mapping system, Flow Measurement and Instrumentation 48 (2016), 64-73.