Pressemitteilung vom 18. Juli 2018

Sechs deutsch-russische Forschergruppen erhalten dreijährige Förderung

Das junge deutsch-russische Förderprogramm „Helmholtz-RSF Joint Research Groups“ hat seine zweite Auswahlrunde abgeschlossen. Die Helmholtz-Gemeinschaft und die Russian Science Foundation (RSF) haben sechs weitere gemeinsame Forschergruppen ausgewählt. Für eine Laufzeit von drei Jahren erhalten diese jeweils eine Förderung von bis zu 130.000 Euro pro Jahr aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft sowie einen Förderbetrag in gleicher Höhe von RSF. Die zweite von insgesamt drei Ausschreibungsrunden erfolgte auf den beiden Gebieten „Energy Storage and Grid Integration“ sowie „Climate Research“. Die erste Ausschreibungsrunde erfolgte 2017 auf den Gebieten „Biomedicine“ sowie „Information and Data Science“.

„Auf vielen Forschungsgebieten ist Russland für uns ein wichtiger Partner in der Zusammenarbeit“, sagt Otmar D. Wiestler, der Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft. „Die Energieversorgung der Zukunft und der Klimawandel sind zwei davon. Unser neues Förderinstrument ist deshalb ein wertvoller Baustein für wirkliche Fortschritte in diesen Bereichen. Ich gratuliere den ausgewählten Wissenschaftlern herzlich und wünsche Ihnen viel Erfolg bei ihrer anstehenden Arbeit.“

In der zweiten Ausschreibungsrunde hat es insgesamt zwölf Anträge gegeben. „Darunter waren zahlreiche ausgezeichnete Projekte“, sagt Wiestler weiter. „Ich freue mich sehr, dass wir sechs innovative auswählen konnten.“ Die Mission der Helmholtz-Gemeinschaft sei es, Lösungen für die großen und drängenden Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu finden. Internationale Zusammenarbeit sei dafür ein unverzichtbares Element. „Um wirkliche wissenschaftliche Durchbrüche zu erzielen, müssen wir über nationale und disziplinäre Grenzen hinausdenken. Die nun ausgewählten Forscherinnen und Forscher werden hierzu wertvolle Beiträge leisten.“

Die „Helmholtz-RSF Joint Research Groups“ bauen auf einer Partnerschaft der Helmholtz-Gemeinschaft und der Russian Science Foundation auf. Ein Schwerpunkt dieses Programms liegt auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in beiden Ländern. An den ausgewählten Forschungsprojekten sind jeweils Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eines Helmholtz-Zentrums sowie russische Partner beteiligt. Im Rahmen der „Helmholtz-RSF Joint Research Groups“ sind insgesamt drei Ausschreibungsrunden geplant. Darin werden jeweils sechs bilaterale Projekte ausgewählt. Die letzte Ausschreibung im Jahr 2019 soll die Themengebiete „Materials and Emerging Technologies“ sowie „Structure and Dynamics of Matter“ umfassen. Der Startschuss dazu wird am 1. September 2018 fallen; die Frist zur Einreichung von Anträgen ist dann der 30. November 2018.

Die sechs in der aktuellen Ausschreibungsrunde geförderten Forschungsprojekte sind:

Magnetohydrodynamic instabilities: Crucial relevance for large scale liquid metal batteries and the sun-climate connection
Flüssigmetallbatterien stellen eine aussichtsreiche Möglichkeit zur Speicherung erneuerbarer Energien dar. Um sie auch ökonomisch sinnvoll nutzen zu können, müssen allerdings die Strömungsinstabilitäten gezähmt werden, die ihr Magnetfeld verursacht. Ähnliche Instabilitäten werden auch im Sonnenmagnetfeld beobachtet, das durch die Zirkulation des Sonnenplasmas entsteht. Schon schwache Gezeitenkräfte der Planeten scheinen dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Das könnte die auffällige Synchronisierung des so genannten „Sonnendynamos“ mit Planetenkonstellationen erklären. Wissenschaftler aus Dresden, Perm und Moskau werden diese noch sehr spekulative, aber durchaus klimarelevante Thematik in enger Verzahnung mit dem Stabilitätsproblem für große Flüssigmetallbatterien untersuchen.
Ansprechpartner: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), Frank Stefani, Kontakt: f.stefani@hzdr.de

 

Fundamental aspects of cryogenic gas liquefaction by magnetic cooling
Unter dem Begriff der magnetischen Kühlung versteht man die Temperaturänderung von speziellen Materialien, die durch ein sich änderndes Magnetfeld hervorgerufen wird. Dieser Effekt findet bereits Anwendung in der Tieftemperaturphysik. Zunehmend wird er aber auch für die Kühlung bei Raumtemperatur erforscht. Wissenschaftler aus Dresden, Darmstadt und Chelyabinsk haben sich nun zum Ziel gesetzt, die magnetische Kühlung in der Gasverflüssigung für die Elektromobilität und Energiespeicherung zu etablieren. Dafür ist es notwendig, neuartige magnetische Materialien zu entwickeln und diese in hohen Magnetfeldern umfassend zu untersuchen. Vor allem die konventionelle Erzeugung von flüssigem Wasserstoff ist aufgrund des hohen technischen Aufwandes immer noch teuer. Eine auf Feststoffen basierende magnetische Kühlung könnte diese Gasverflüssigung energieeffizienter machen und somit neue Möglichkeiten für die Energiewende eröffnen.
Ansprechpartner: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), Tino Gottschall, Kontakt: t.gottschall@hzdr.de

 

Ammonia Slip Catalysts: promoting fundamental understanding of mechanism and function
Ammoniak ist ein attraktives, vergleichsweise leicht handhabbares Energiespeichermolekül für Wasserstoff zum Betrieb von Brennstoffzellen in Haushalten oder in Nutzfahrzeugen. Wird Ammoniak zu Wasserstoff katalytisch aufgespalten, treten unweigerlich kleinste Mengen Ammoniak (Ammoniakschlupf) aus. Das Projekt zielt darauf, eine neue Generation von Ammoniakschlupf-Katalysatoren (ASC) zu entwickeln, die nicht-reagierendes Ammoniak entfernen. Das Boreskov Institute of Catalytice (BIC) und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) werden dazu ihre Expertise auf den Gebieten der Herstellung von bimetallischen Katalysatoren, detaillierten kinetischen Messungen und der Charakterisierung mittels modernster Operando-Methoden bündeln. Gemeinsam wollen die Experten die Umwandlungsmechanismen von Ammoniak aufklären, auf dieser Basis eine neue Generation von Katalysatoren für die Energieumwandlung entwickeln und damit einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Ansprechpartner: Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Jan-Dierk Grunwaldt, Kontakt: grunwaldt@kit.edu

 

Biological Effects of global warming on cold-adapted endemic amphipods of Lake Baikal
Der Baikalsee in Ostsibirien ist der größte und tiefste See der Welt. Sein Wasser ist extrem salzarm, klar, sauerstoffreich und über das ganze Jahr mit im Durchschnitt sechs Grad Celsius sehr kalt. Jedoch sind die zahlreichen, endemischen Wasserlebewesen des Baikals bei diesen niedrigen Temperaturen im Vergleich zu Arten, die nicht im Baikal vorkommen, überaus aktiv. In dem Projekt untersuchen die Forscherinnen und Forscher auf physiologischer und Proteom-Ebene beispielhaft an Flohkrebsen, was die besondere Anpassung der Baikalarten an niedrige Wassertemperaturen ermöglicht. Der Baikalsee ist signifikant durch den Klimawandel betroffen, ein Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur seines Wassers wurde bereits gemessen. Ziel des Projektes ist es, Daten bereitzustellen, die eine Vorhersage dazu ermöglichen, ab welcher Wassertemperatur die Baikalarten gegenüber anderen Arten nicht mehr im Vorteil sind und damit von Nicht-Baikal-Arten verdrängt werden könnten.
Ansprechpartner: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Till Luckenbach, Kontakt: till.luckenbach@ufz.de

 

European hydro-climate extremes: mechanisms, predictability and impacts
Klimaprojektionen sagen eine Zunahme von Extremereignissen wie Starkregen, Überflutungen, Hitzewellen oder Dürren voraus. Diese Projektionen stützen sich jedoch auf räumlich relativ grob aufgelöste und vereinfachte Modelle des terrestrischen Systems, was zu großen Unsicherheiten in den Modellergebnissen führen kann. In dem Projekt wird die Auflösung der Klimamodelle über Europa um ein Vielfaches erhöht und das terrestrische System in seiner Ganzheit simuliert: vom Grundwasser über die Landoberfläche bis in die Atmosphäre. So wird es möglich, physikalisch konsistente Projektionen des terrestrischen Wasser- und Energiekreislaufs zu erstellen, in denen sich Extremereignisse sehr viel genauer abbilden lassen.
Ansprechpartner: Forschungszentrum Jülich, Stefan Kollet, Kontakt: s.kollet@fz-juelich.de

 

The linkage between polar air-sea ice-ocean interaction, Arctic climate change and Northern hemisphere weather and climate extremes (Polex)
Das Klima der Arktis unterliegt schnelleren Veränderungen als das globale Klima. Durch die schrumpfende Meereisdecke gerade im Sommer ändert sich einerseits das Wetter in der Arktis, andererseits werden auch die großen Zirkulationssysteme in den mittleren Breiten beeinflusst. Extreme Wetter- und Klimaereignisse wie Kälteperioden, Dürren oder Hitzewellen können häufiger auftreten. Bisherige Klimamodelle haben große Defizite, die beobachtete atmosphärische Zirkulation und die Meereisentwicklung in der Arktis zu reproduzieren, unter anderem, weil sie Schwierigkeiten in der Darstellung der Prozesse haben, welche die Wechselwirkungen an der Grenzfläche zwischen Atmosphäre, Eis und Ozean bestimmen. Das Projekt zielt darauf ab, speziell für polare Bedingungen eine neue Klasse von Parametrisierungen für die Darstellung der physikalischen Prozesse an der Grenzfläche zwischen Atmosphäre, Eis und Ozean zu entwickeln. Anschließend wird der Einfluss der neuen Parametrisierungen auf Änderungen des arktischen Wetters und Klimas, des arktischen Meereises und der atmosphärischen Zirkulation in den mittleren Breiten untersucht und quantifiziert.
Ansprechpartner: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Doerthe Handorf, Kontakt: doerthe.handorf@awi.de