Partikelentstehung und -transport im Reaktorwasser von DWR nach Kühlmittelverluststörfällen (KMV) - Untersuchungen im Labormaßstab


Partikelentstehung und -transport im Reaktorwasser von DWR nach Kühlmittelverluststörfällen (KMV) - Untersuchungen im Labormaßstab

Harm, U.; Kryk, H.; Hampel, U.; Seliger, A.; Renger, S.; Kästner, W.

Im Rahmen der nuklearen Sicherheitsforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) erfolgten an der Hochschule Zittau/Görlitz (HSZG) in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden (TUD) und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) experimentelle und methodische Untersuchungen für die systematische Klärung physiko-chemischer Mechanismen im Kühlmittel und deren Auswirkungen auf thermo-fluiddynamische Prozesse im Reaktorkern, welche während des Sumpfumwälzbetriebes als Langzeitnachkühlung nach Kühlmittelverluststörfällen (KMV) in Druckwasserreaktoren (DWR) auftreten können. Durch Korrosionsprozesse an feuerverzinkten Installationen im Sicherheitsbehälter (SHB) von DWR wird Zink in ionischer Form im borierten Kühlwasser gelöst. Die freigesetzten Zink-Ionen werden aus dem Reservoir des Nachkühlmittels im SHB über die Not- und Nachkühlsysteme bis in den Reaktorkern gefördert. Im Reaktor wird das eingespeiste Kühlmittel (KM) aufgeheizt.
Im Fokus generischer Experimente standen Untersuchungen zum Verhalten derart zusam-mengesetzter Fluide unter Berücksichtigung von Temperaturunterschieden zwischen dem Kühlmittelreservoir im SHB und dem Reaktorwasser an den Brennstäben im Reaktorkern. Diese generischen Untersuchungen erfolgten an elektrisch beheizten Stabkonfigurationen, welche die durch Nachzerfallsleistung beheizten Brennstäbe im Kern von DWR nachbildeten. Bei der Aufheizung des zinkhaltigen KM innerhalb solcher Konfigurationen wurden Trübungen durch Kolloidbildung beobachtet, gefolgt von Ausscheidungen partikelförmiger, fester Korrosionsprodukte in Form von Zinkboraten. Diese erschienen in Abhängigkeit von der umgebenden KM- bzw. Staboberflächentemperatur als leicht mobilisierbare, flockenartige Dispersphase oder wiesen schichtenbildenden Charakter auf.
Die temperaturabhängigen Umwandlungen von gelösten Zink-Ionen in feststoffartige Zinkborate bewirkten sowohl Ablagerungen an den Heizstäben als auch an den Abstandshaltern (AH) und führten zu erhöhtem Differenzdruckaufbau über die AH sowie Strömungsumverteilungen in der Stabkonfiguration. In Folge dieser Ablagerungen wurden Änderungen des Wärmetransports vom beheizten Stab ans Fluid nachgewiesen, die eine Aufheizung der Heizstäbe bewirkten und damit sicherheitsrelevanten Charakter hinsichtlich der Nachwärmeabfuhr tragen. Aktuell wird dieses generisch ermittelte Verhalten des Reaktorwassers hinsichtlich der Übertragbarkeit auf sicherheitsrelevante Fragestellungen realer DWR mit Bezug auf anzunehmende Leckgrößen und Nachkühlbedingungen und den daraus resultierenden thermohydraulischen Randbedingungen im Sicherheitsbehälter und im Reaktorkern untersucht. Hierfür werden durch Störfallanalysen die Zustände und Bedingungen abgrenzend ermittelt, bei denen eine Gefährdung der Kernkühlung aus Sicht vorhandener Erkenntnisse zu den physiko-chemischen Effekten eintreten könnte. Wesentliche Untersuchungsschwerpunkte bilden die im SHB von DWR auftretenden chemischen und thermodynamischen Einflüsse auf die Zinkfreisetzung und das Ausfällungs- und Ablagerungsverhalten der Korrosionsprodukte an Heißstellen im Reaktorkern.
Die Untersuchungsergebnisse finden u. a. für die Parametrierung von Simulationscodes sowie in alternativen Modellansätzen Verwendung und dienen der sicherheitstechnischen Einschätzung des DWR-Reaktorverhaltens für verschiedene KMV-Störfallszenarien. Die quantitative Analyse der experimentellen Daten zum zeitlichen Ablauf des Quelle-Senke-Mechanismus der Zinkkorrosion und der Umwandlung des gelösten Zinks in feste Produkte unter realen Störfallbedingungen stellt auf Grund der Komplexität und der gegebenen Rückwirkungen eine Herausforderung dar.
Die Vorhaben werden mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter den Förderkennzeichen 150 1491 und 150 1496 gefördert und fachlich von einer Monitoring Group begleitet, welche sich aus Repräsentanten der Forschungsbetreuung des Projektträgers, Gutachtern, Herstellern und Anlagenbetreibern zusammensetzt.

Keywords: Nuclear energy; Loss of coolant accident; corrosion; zinc release; experiments

  • Contribution to proceedings
    Wasser im Kraftwerk und in der Energietechnik, Zittauer Kraftwerkschemisches Kolloquium, 22.-23.09.2016, Zittau, Deutschland
    Proceedings des Zittauer Kraftwerkschemischen Kolloquiums
  • Lecture (Conference)
    Wasser im Kraftwerk und in der Energietechnik, Zittauer Kraftwerkschemisches Kolloquium, 23.09.2016, Zittau, Deutschland

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-24838
Publ.-Id: 24838