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HZDR entdeckt 1_2012

Forschung// Das Forschungsmagazin aus dem HZDR WWW.Hzdr.DE 22 23 Elektroden voneinander genau fixiert werden. „Die Präzision dabei liegt im Pikometer-Bereich“, betont der HZDR-Forscher. Zwischen diese Goldkontakte können die Wissenschaftler einzelne Moleküle platzieren und deren Leitfähigkeit bestim- men, während sie den Abstand der Elektroden variieren. Gewöhnliche DNA-Stränge verhalten sich dabei so, dass der elektrische Widerstand mit zunehmendem Abstand annä- hernd linear ansteigt. „Wir beobachten dann den sogenannten Tunnelstrom“, erläutert Erbe. „Die Stränge verlieren an Leitfä- higkeit, wenn man sie dehnt.“ Als die Physiker die Elektroden jedoch mit einem DNA-Molekül überbrückten, das besonders häufig einen Baustein namens Guanin enthält, erlebten sie eine handfeste Überraschung: „Wir konnten den Abstand über einen Bereich von mehreren Nanometern verändern, also den Strang wiederholt strecken und stauchen, ohne dass der Widerstand anstieg.“ Die entsprechenden Messkurven, die Artur Erbe zeigt, weisen breite Plateaus bei einem konstanten Stromwert auf. Wie ein Faltenbalg Die Ursache für dieses besondere Verhalten liegt in der Struktur der DNA-Moleküle. Dazu muss man wissen, dass DNA aus langen Strängen besteht, die ihrerseits aus nur vier verschiedenen Bausteinen, den Nukleinbasen, aufgebaut sind. Je nach Abfolge der Bausteine falten, winden und verbiegen sich die Stränge zu dreidimensionalen Gebilden. In der Erb- substanz beispielsweise ist die Kombination der Nukleinbasen so aufeinander abgestimmt, dass sich zwei einzelne Stränge wie die beiden Seiten eines Reißverschlusses miteinander verbinden und zur berühmten Doppelhelix verdrillen. Die DNA von HZDR-Forscher Artur Erbe besteht dagegen aus einem einzigen Strang, in dem sehr oft die Nukleobase Guanin vorkommt. Ganz ohne weiteres Zutun verknäult sich der lange Faden zu einem Gebilde mit einer räumlichen Struktur, die an den Faltenbalg einer Ziehharmonika erinnert. Jeweils vier Guanin-Bausteine ordnen sich wie Plättchen in einer Ebe- ne an. Darüber und darunter stapeln sich weitere Ebenen, ebenfalls jeweils aus vier Guanin-Plättchen zusammengesetzt. In dieser Anordnung steckt das Geheimnis der Beweglichkeit. Einem Ziehharmonikaspieler gleich kann man den DNA-Strang an seinen beiden Enden auseinanderziehen. Dabei nimmt der Abstand zwischen den Guanin-Ebenen zu, der Wert der Leitfä- higkeit ändert sich jedoch nicht. Diese längenunabhängige Leitfähigkeit ist für die Molekulare Elektronik von hohem Wert. Denn bei der Konstruktion von Schaltungen und Stromkreisen setzen die Forscher auf das Prinzip der Selbstorganisation – eine individuelle Positionie- rung von Molekülen wäre viel zu aufwändig. Die einzelnen Moleküle sollen sich gegenseitig „erkennen“ und von selbst zu funktionalen Einheiten zusammenfinden. Dabei wird von den Komponenten eine gewisse Flexibilität erwartet – beispiels- weise, dass sie auch unterschiedliche Abstände ausgleichen können, wie sie sich ergeben, wenn Moleküle, die als Schalter arbeiten, ihre Gestalt verändern. Die Widerstände der dehnbaren DNA-Stränge liegen im Be- reich von zehn bis 100 Megaohm. Für konkrete Anwendungen, etwa zur Verknüpfung von molekularen Funktionseinheiten, sind diese Werte noch zu hoch, meint HZDR-Forscher Erbe. Nun setzt seine Gruppe alles daran, die Leitfähigkeit der Mole- küle zu erhöhen. Dazu untersuchen die Wissenschaftler DNA- Stränge mit veränderter Nukleinbasen-Abfolge: „Bestimmte periodische Strukturen weisen delokalisierte Zustände auf, die zu höheren Leitwerten führen könnten“, weiß der Physiker. Außerdem sollen die DNA-Moleküle besser an die Goldelek- troden geknüpft werden, damit es an den Kontaktstellen nicht zu Verlusten kommt. Mit der Erbsubstanz, da ist sich Artur Erbe sicher, ist jedenfalls ein geeigneter Baustein für die Mole- kulare Elektronik identifiziert. KONTAKT _Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung im HZDR Sprecher Helmholtz-Kolleg NANONET Dr. Artur Erbe a.erbe@hzdr.de Wie kann man Atome und Moleküle so funktionalisieren und gestalten, dass sie Informationen schalten und damit die kleinstmöglichen Transistoren darstellen? Dieser Frage können sich bald auch Nachwuchswissen- schaftler im neuen Helmholtz-Kolleg NANONET widmen. NANONET steht für „International Helmholtz Research School for Nanoelectronic Networks”. Es wird in den kommenden sechs Jahren mit 200.000 Euro jährlich aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Ge- meinschaft gefördert. Partner des HZDR in dem struk- turierten Promotionsprogramm sind die Technische Universität Dresden, das Leibniz-Institut für Polymer- forschung Dresden, das Fraunhofer-Institut für zerstö- rungsfreie Prüfverfahren und die NaMLab gGmbH. „Einzelne Moleküle sind die kleinsten, zu einem Pro- zessor integrierbaren Bausteine, die wir uns derzeit vorstellen können. Wir haben die Vision, Bausteine zu entwickeln, die sich selbstständig zu einem Schalt- kreis zusammensetzen. Das ist ein sehr spannendes Forschungsgebiet, das letztlich die Produktionskosten in der Chipindustrie durch deutlich weniger Energie- verbrauch drastisch senken könnte“, sagt Artur Erbe, Sprecher des neuen Helmholtz-Kollegs. _TEXT . Anja Weigl Nachwuchs für die Nano-Elektronik

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