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entdeckt_01_2013

entdeckt 01 .13 TITEL WWW.Hzdr.DE _PK . Um noch einen draufzusetzen: Der Experimentierbe- trieb erfordert, dass wir Messinstrumente und alle notwen- digen Medien wie zum Beispiel Strom und Schutzgas in den Behälter hineinfädeln, also mitten in dieses rasant drehende System hinein. Wir müssen die Durchgriffe absolut minimalin- vasiv auslegen, um die Tragfähigkeit der gesamten Konstrukti- on nicht zu gefährden. Im Zuge der Entwicklung sehen wir also einige heikle Themen, bei denen wir echtes Neuland betreten. Wie ertüchtigen Sie das Gebäude für das große Dynamo-Experiment und wie teuer wird es? _PK . Das neue Gebäude wird unterschiedliche Funktio- nen vereinen. Zum einen haben wir eine Halle mit Platz für verschiedene Experimente, die sicherheitstechnisch eher unkritisch sind. Das Präzessionsexperiment nimmt in dieser Hinsicht eine besondere Stellung ein. Aus Gründen der Sicher- heit verpacken wir die Maschine in einen Schutzbehälter und gehen davon aus, dass dieses Containment mechanische Ge- fährdungen abhält und auch den nötigen Brandschutz gewähr- leistet. Bei der technischen Gebäudeausrüstung unterstützt die Bauabteilung im HZDR; sie sorgt für eine sicher funktionie- rende Infrastruktur wie Stromversorgung, Klima oder Kühlung sowie für den Brandschutz. Für die Wissenschaftler steht aber eindeutig die Halle mit den verschiedenen Experimenten im Vordergrund. _FS . Neben dem Containment investieren wir in eine sehr aufwändige Argon-Löschanlage, mit der wir in nur zwei Minuten das Containment füllen und im Notfall einen Natrium- brand löschen könnten. Diese Löschanlage deckt auch das tieferliegende Tanklager für das Natrium ab. Das Containment befindet sich im Erdgeschoss. Darin arbeitet der Dynamo auf seinem separaten Fundament, gestützt von sieben Pfeilern, die 22 Meter tief ins Erdreich ragen. Der Bau ist mit rund acht Millionen Euro angesetzt, der Dyna- mo momentan mit reichlich sieben Millionen. Für das Ge- samtbudget haben wir etwa 23 Millionen geplant und werden im Großen und Ganzen wohl damit auskommen. Wir hoffen, dass wir für die angewandten Themen auch Drittmittel nutzen können. Natrium ist übrigens nicht teuer und mit zwei Euro pro Kilo ist man schon dabei. Das flüssige Natrium ist also die Klammer, die alle Expe- rimente an der DRESDYN-Anlage umschließt? _FS . Ja, das verrät schon die Auflösung für das Akronym DRESDYN: DREsden Sodium facility for DYNamo and thermo- hydraulic studies. Wir verwahren etwa zwölf Tonnen Natrium in den tiefliegenden Tanks, die für unterschiedliche Experi- mente portioniert werden sollen. Mit DRESDYN wollen wir unsere geo- und astrophysikalischen Experimente zusammen- führen und weiterentwickeln. Natrium ist eben das einzige Flüssigmetall, mit dem man dies mit vernünftigem techni- schen und finanziellen Aufwand erreichen kann. Als erstes Beispiel möchte ich ein kombiniertes Experiment erwähnen, mit dem wir viele offene Fragen zu zwei wichti- gen magnetischen Instabilitäten klären wollen. Es handelt sich um die Magnetorotations-Instabilität einerseits und die Tayler-Instabilität andererseits. Beide im Kosmos vorkom- menden Phänomene konnten wir prinzipiell schon im Labor bestätigen: Die Magnetorotations-Instabilität bereits 2006 im PROMISE-Experiment, die Tayler-Instabilität in einer strom- durchflossenen Flüssigmetall-Säule haben wir dagegen erst kürzlich untersucht. In dem neuen Experiment wollen wir erstmals beide Instabilitäten gemeinsam erforschen. Gerade erst haben wir dazu eine theoretische Arbeit eingereicht, die zeigt, dass die Kombination beider Effekte extrem wichtig sein könnte, etwa für die Entstehung von Turbulenz in den relativ schlecht leitfähigen Bereichen protoplanetarer Scheiben oder in den äußeren Gebieten der Akkretionsscheiben, aus denen Schwarze Löcher gefüttert werden. Aber auch die Magnetorotations-Instabilität für sich ist noch lange nicht erschöpfend verstanden. Hier erhoffen wir uns, dass wir, ausgehend von der aus PROMISE bekannten „helika- len“ Variante, in den Bereich der Standardvariante vorstoßen können. Dafür brauchen wir unbedingt Natrium, dazu ein kräftiges Feld und richtig „speed“. Das geplante Experiment wird aus einem Innen- und einem Außenzylinder bestehen, beide etwa zwei Meter hoch, zwischen denen etwa eine Tonne Natrium in differentielle Rotation versetzt wird. Durch einen isolierten Kupferstab in der Mitte, aber auch durch das Nat- rium selbst schicken wir jeweils Ströme von einigen Tausend Ampere. So werden wir gleich mit fünf Parametern spielen und damit eine Menge spannender Astrophysik treiben können. Hieran arbeiten wir gemeinsam mit Kollegen vom Leibniz- Institut für Astrophysik in Potsdam und von der ETH Zürich. Die anwendungsorientierte Forschung soll ebenso wenig zu kurz kommen. In enger Kooperation mit der französischen Atomenergiebehörde CEA planen wir ein sogenanntes „In- Service-Inspection“-Experiment, an dem wir Messtechniken für solche Strömungsphänomene testen wollen, wie sie auch in den neuen natriumgekühlten schnellen Reaktoren in Frank- reich auftreten werden. Meine Kollegen im HZDR interessie- ren sich zudem für Turbulenz-Studien mit Natrium und für Zweiphasen-Strömungen. In den letzten zwei Jahren ist außerdem das Thema der Flüssigmetall-Batterien hinzugekommen. Wenn man diese nur groß genug baut, könnten sie vielleicht als ökonomisch sinn- volle Speicher für erneuerbare Energien in Betracht kommen. Genau bei solchen großen Batterien würde aber auch unsere Tayler-Instabilität auftreten und möglicherweise die Schich- tung der flüssigen Bestandteile ruinieren. In einem speziellen Versuchsstand wollen wir also untersuchen, wie man diese und andere magnetohydrodynamischen Instabilitäten in gro- ßen Flüssigmetall-Batterien unterdrücken kann. Es ist nicht zuletzt die inhaltliche und auch räumliche Nähe von astrophy- sikalischer Forschung und angewandter Batterieforschung, die DRESDYN für mich so reizvoll macht.

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