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entdeckt 01/2014

entdeckt 01.14 TITEL WWW.Hzdr.DE dann in einer Aufbereitungsanlage aus der Lösung gewonnen. Ungewöhnlich ist diese Methode nicht, sie wurde auch in vielen anderen Ländern wie den USA, Australien, China und Russland eingesetzt. Kontrolliertes Fluten In Königstein kamen bis 1990 über fünfzig Millionen Tonnen Gestein mit dieser Wasser-Schwefelsäure-Mischung in Berüh- rung. Ein Teil der verdünnten Säure blieb dabei in den Poren und löste weiter Uran und andere Schwermetalle heraus. Als das Bergwerk 1990 nach der Wende geschlossen wurde, konnten die Betreiber daher die Pumpen nicht einfach abstel- len: Laufen die Stollen unkontrolliert voll Wasser, könnten die Uran- und Schwermetallverbindungen aus dem Sandstein ins Grundwasser oder in Bäche, Flüsse und Seen an der Oberflä- che gelangen. 2001 begann die für das Stilllegen der Urananlagen in der ehemaligen DDR zuständige, bundeseigene Wismut GmbH daher damit, die Stollen kontrolliert und langsam mit Wasser zu fluten. Zusammen mit der aus dem Gestein sickernden Flüssigkeit wird dieses Wasser von der tiefsten Stelle des Bergwerks an die Oberfläche gepumpt. Dort trennt eine Aufbereitungsanlage das reichlich gelöste Uran ab, bevor das gereinigte Wasser in die Elbe geleitet wird. „Gruselkabinett“ unter Tage Im Jahr 2008 steigen dann Evelyn Krawczyk-Bärsch, ihr HZDR- Kollege Thuro Arnold und weitere Wissenschaftler, geführt von Wismut-Mitarbeitern, in das Uranbergwerk Königstein, um das Flutungswasser zu untersuchen. Wieviel Schwermetalle sind dort gelöst? Wie viele Mikroorganismen leben darin? Die zweite Frage klingt auf den ersten Blick reichlich über- flüssig: Uranlösungen wie das ziemlich saure Flutungswasser in Königstein sind schließlich extrem giftig, in dieser Brühe sollte eigentlich kein Organismus lange überdauern. Und doch berichteten andere Forscher bereits seit den 1970er Jahren, nicht nur Mikroorganismen in solchem sauren und giftigen Bergwerkswasser gefunden, sondern sogar einen wimmelnden Mikrokosmos entdeckt zu haben. Ein dichter Film aus einer Reihe unterschiedlicher Mikroorganismen kann im Wasser schwimmen, manchmal hängen auch Gebilde von der Höhlendecke, die Stalaktiten ähneln, aber ebenfalls ein Biofilm sind. „Als wir neben den Flutungskanälen durch die Stollen liefen, schwammen im Wasser tatsächlich solche Biofilme, 20 bis 30 Zentimeter dick war dieser Schleim“, erinnert sich Evelyn Krawczyk-Bärsch. Von der Decke hingen Stalaktiten, von deren Spitzen Wassertropfen auf den Boden plätscherten. Nur ähnelten diese Gebilde nicht etwa Stein, sondern eher Schleim. Tatsächlich werden sie im wissenschaftlichen Englisch „Snottites“ genannt, „snot“ wiederum bedeutet „Nasenschleim“ oder im Volksmund eben Schnodder, Rotz und einiges mehr. Kein Wunder, wenn sich die Forscher an ein Gruselkabinett erinnert fühlen, wenn solcher Schnodder- schleim aus Bakterien von der Decke hängt. „Eisenfresser“ breiten sich aus Evelyn Krawczyk-Bärsch und ihre Kollegen setzen das ge- samte Spektrum der HZDR-Analyse-Möglichkeiten ein, um dieses „Gruselkabinett“ wissenschaftlich zu beschreiben. Wie erwartet ist das Wasser sehr sauer und enthält jede Menge Schwermetalle, vor allem Eisen und natürlich Uran. In den Biofilmen fand HZDR-Forscherin Isabel Zirnstein etliche verschiedene Mikroorganismen, Bakterien, Algen, Amöben und sogar Hefen und Pilze. Besonders häufig sind Ferrovum myxofaciens-Bakterien, die gern in saurem Wasser vorkom- men. Während Menschen und Tiere Kohlenstoffverbindungen mit Sauerstoff verbrennen und die dabei freigesetzte Energie für Lebensprozesse nutzen, setzen diese Mikroorganismen Ei- sen mit Sauerstoff um. Beides gibt es reichlich, das Bergwerk wurde ja bis zur Flutung gut belüftet und so mit Sauerstoff versorgt. Unter solchen Bedingungen wachsen diese „Eisen- fresser“ üppig. Mit der Zeit sammeln sich so in den Stalaktiten mehr und mehr Eisenverbindungen an. Sie färben den von der Decke hängenden Schleim, während er langsam fester wird, in einem kräftigen orange-braunen Farbton. BAKTERIEN IM ENDLAGER: Biofilme im zukünftigen Endlager für hochradioaktiven Abfall in Finnland.

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