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entdeckt 02/2015 - Uran, Plutonium & Co.

TITEL// DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 10 11 Verbindungen. Da dort Wasser und Platz Mangelware sind, sind die Mikroorganismen jedoch wohl eher inaktiv. Auch wissen die Forscher noch nicht, von welchen Kohlenstoff-Ver- bindungen die Mikroorganismen genau leben. Zu verhungern scheinen sie jedenfalls nicht: Immerhin besteht der Ton zu rund einem Prozent aus Kohlenstoff. Ganz ähnlich gewinnen auch wir Menschen Energie, wenn wir zum Beispiel die Kohlenhydrate aus einem Brot, Kartoffeln oder Obst mit Sauerstoff verbrennen. Der reine Sauerstoff ist allerdings in vielen Bereichen unter Tage Mangelware. Auf diesen Mangel haben sich einige Bakterien längst einge- stellt und verbrennen Kohlenstoff-Verbindungen mithilfe der recht häufigen Nitrat-Verbindungen, die reichlich Sauerstoff enthalten. Dieser ist aber chemisch gebunden und muss durch elektrochemische Reduktion für die Bakterien nutzbar gemacht werden. Genau solche „Nitratreduzierer“ aber hat Andrea Cherkouk im Porenwasser des Tons gefunden. Eine Hülle aus Uran Die Mikroorganismen im Ton haben aber noch ganz andere Ei- genschaften, die für die Endlagerforschung brennend interes- sant sind: Offensichtlich setzen sich verschiedene Elemente wie Uran, Curium und Plutonium aus dem radioaktiven Abfall an der Oberfläche der Bakterien relativ rasch fest. „Dabei binden sie vermutlich an Phosphat- oder Carboxyl-Gruppen auf der Zellwand der Mikroorganismen“, erklärt Henry Moll. Das aber bedeutet nichts anderes, als dass diese radioakti- ven Substanzen auf der Oberfläche von Bakterien durch den Untergrund transportiert und an ganz anderen Orten wieder abgelagert werden könnten. Allerdings sind diese Vorgänge bisher noch nicht untersucht. Vielleicht passiert etwas Ähnli- ches ja auch in den Salzstöcken, aus denen Andrea Cherkouk schon einige Mikroorganismen isoliert hat? Da es im Inneren des Tons und eines Salzstocks auch keinen Sauerstoff gibt, achten die Forscher peinlich genau darauf, dass weder ihre Bohrkerne noch die Kulturen mit den Mikro- organismen mit Sauerstoff in Kontakt kommen. Andrea Cherkouk findet bei den so isolierten Mikroorganismen eine ganze Reihe unterschiedlicher Überlebensstrategien. Einige von ihnen produzieren Methan, andere verdauen organische Verbindungen und wieder andere Sulfat-Verbindungen, die ebenfalls recht häufig im Gestein auftauchen. Außerdem la- gern die im Salz lebenden Archaeen Uran an und klumpen sich dabei zusammen. In der HZDR-Nachwuchsgruppe „MicroSalt“ untersuchen Andrea Cherkouk und ihre Mitarbeiter gerade, wie dieser Vorgang einen Transport des radioaktiven Elements durch das Salzgestein beeinflussen kann. Im Gneis zuhause Die Endlager-Forschung tut also gut daran, die Mikroorganis- men im Auge zu behalten. Schließlich denken nicht nur die USA, sondern auch die Niederlande und Polen über ein Endla- ger im Salz nach. Neben der Schweiz erkunden auch Belgien und Frankreich Möglichkeiten, ihre hochradioaktiven Abfälle im Tongestein zu deponieren. Am stärksten aber drängt die mikrobiologische Forschung bei einem Endlager in Granitge- steinen. Schließlich deutet einiges darauf hin, dass im Gneis Skandinaviens weltweit oder zumindest in Europa die erste, endgültige Ruhestätte für hochradioaktiven Abfall in Dienst gestellt werden könnte. Genau dort im Versuchs-Endlager Äspö aber hat Karsten Pedersen das Bakterium Pseudomonas fluorescens isoliert, seine Dresdner Kollegin Evelyn Krawczyk-Bärsch züchtet die Mikroorganismen in Form von Biofilmen in ihrem Labor am HZDR. Diese Bakterien kommen sehr gut mit Uran zurecht und bilden in ihren Zellen daraus das Mineral Calcium- Uranylphosphat. In dieser Form ist das Uran gebunden und liegt nicht mehr gelöst in der Umwelt vor. Biofilm im Zeitraffer In den Biofilmen an den Wänden von Äspö lebt mit Gallionella ferruginea ein weiteres Bakterium. Energie gewinnt dieser Mi- kroorganismus, wenn er Eisen(II)-Verbindungen zu Eisen(III)- Verbindungen oxidiert. In Bakterienkreisen ist diese Form des Lebensunterhaltes gar nicht so selten, weil Eisen immerhin in der Erdkruste das vierthäufigste Element ist. Einmal entstan- den, fällt das Eisen(III) rasch als Ferrihydrit aus. „Mithilfe der Mikroorganismen läuft dieser Prozess 60-mal schneller ab als ohne“, erklärt Evelyn Krawczyk-Bärsch. So entstehen große Mengen eines rostbraunen Ferrihydrit-Schlamms. Während ihrer Master-Arbeit hat sich eine Studentin in den HZDR-Laboren diese Prozesse genauer angeschaut: Zunächst bilden die Bakterien Stängel, an denen dann Ferrihydrit- Kügelchen entstehen. „Dieses Ferrihydrit bietet viele Stellen, an denen sich Uran und andere radioaktive Elemente wie Neptunium binden können“, beschreibt Evelyn Krawczyk- Bärsch die nächste Reaktion. Auf diese Weise nimmt das Ferrihydrit aus einer Lösung fast vollständig alle gefährlichen Uran(VI)- und Neptunium(V)-Verbindungen auf. BAKTERIUM: Gallionella ferruginea lebt von Eisen, das nach der Oxidation als Ferrihydrit ausfällt (Aufnahme mit einem Rasterelektronen-Mikroskop).

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