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entdeckt 02/2015 - Uran, Plutonium & Co.

TITEL// DAS FORSCHUNGSMAGAZIN AUS DEM HZDR WWW.HZDR.DE 20 21 Im Fokus der Arbeiten steht die Frage nach den Prozessen, die in einem Endlager ablaufen. „Wir wissen noch nicht genau genug, wie sich die Actiniden, also die radioaktiven Elemente, in den Umgebungen möglicher Endlager verhalten“, erläutert Scheinost. „Gehen sie zum Beispiel Verbindungen mit Mikro- organismen ein und werden dadurch vielleicht mobil? Wie interagieren die radioaktiven Stoffe in ihren unterschiedlichen Formen mit dem Wirtsgestein und mit technischen Barrieren? Was passiert, wenn die Stahlfässer rosten?“ Solche Fragen sind langfristig entscheidend für die Sicherheit der Endlager, die immerhin Abfälle aus Kernkraftwerken für einen Zeitraum von mehreren hunderttausend Jahren verwahren sollen. Durchleuchtet für atomare Präzision Um sie zu beantworten, müssen die Forscher die chemische Grundstruktur der radioaktiven Stoffe und ihre Verbindungen entschlüsseln. Ein wertvolles Hilfsmittel für diese Aufgabe liefert ROBL: die Röntgenabsorptions-Spektroskopie. Die Proben werden dabei dem intensiven Licht des Synchrotron- strahls ausgesetzt. Die Wissenschaftler messen, wie stark die Röntgenstrahlen mit den Atomen in der Probe wechselwirken. „Aus den energieabhängigen Absorptionsspektren können wir wichtige Informationen ableiten“, erklärt Scheinost. „Zum Beispiel, welche Oxidationsstufe die Atome haben, wie und wo sie genau an der Oberfläche der Stoffe sitzen, wie nahe sie sich kommen und welche Verbindungen sie eingehen.“ Von diesen Eigenschaften hängt ab, ob die radioaktiven Stoffe mobil oder immobil sind – also ob sie im Endlager gebunden bleiben oder beispielsweise durch Wasserströme, wie sie im Wirtsgestein vorkommen, wegtransportiert werden. „Das sind Detailfragen“, fasst Scheinost zusammen. „Aber oft mit großen Auswirkungen.“ Und wer ganz genau hinschaut, erkennt neue Zusammenhänge. So konnten die Experimente an ROBL schon einige Male Annahmen der Fachwelt widerlegen. Denn die Anla- ge in Frankreich bietet einen weiteren großen Vorteil. „Anders als bei den meisten Versuchen können wir realitätsnahe Bedin- gungen simulieren. Zum Beispiel den Ausschluss von Sauerstoff aus der Luft, was ja in einem Endlager der Fall sein wird.” Über kleinste Details zu neuen Erkenntnissen Dadurch konnten Scheinost und mehrere internationale Kollegen bei aufwendigen Untersuchungen zeigen, dass das radioaktive und giftige Schwermetall Selen-79 – ein Abfallpro- dukt in abgebranntem Kernbrennmaterial – unter Endlager- Voraussetzungen weniger mobil ist, als lange Zeit vermutet. „Indem wir die Proben unter Ausschluss von Sauerstoff unter- sucht haben, stellten wir fest, dass das Selen-79 an Stahl- containern gebunden bleibt, selbst wenn sie aufgrund eines möglichen Kontakts mit Wasser langsam durchrosten sollten“, erzählt Andreas Scheinost. „Weiteren Schutz bieten außerdem die Minerale, die das zukünftige Endlager umschließen. Das Radionuklid stellt somit kein erhöhtes Risiko für die Sicherheit eines Endlagers dar.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Scheinost und seine Kollegen bei Experimenten mit dem radioaktiven Element Plutonium. Die Forscher hatten eigentlich erwartet, dass die sauerstofffreien Reaktionen die Mobilität des Schwermetalls erhöhen würden. Wie die Messungen an der Rossendorf Beamline gezeigt haben, wird das Plutonium jedoch fest an der Oberfläche von Eisenmineralen, die im Granit oder Ton, aber auch im Grundwasser sowie als Rost an den Abfallbe- hältern vorkommen, gebunden. „All diese Erkenntnisse fließen in die Überlegungen zu möglichen Endlagern ein und helfen dabei, sie sicherer zu machen“, bilanziert Scheinost. Der scharfe Blick für das Kleinste stellt somit das Ganze auf eine starke Grundlage. PUBLIKATIONEN: S. Dulnee, A.C. Scheinost: „Interfacial reaction of SnII on ma- ckinawite (FeS)“, in Journal of Contaminant Hydrology 2015 (DOI: 10.1016/j.jconhyd.2015.03.012) E. Yalçıntas, X. Gaona, A.C. Scheinost, T. Kobayashi, M. Alt- maier, H. Geckeis: “Redox chemistry of Tc(VII)/Tc(IV) in dilute to concentrated NaCl and MgCl2 solutions”, in Radiochimica Acta 2015 (DOI: 10.1515/ract-2014-2272) _Institut für Ressourcenökologie am HZDR Dr. Andreas Scheinost scheinost@esrf.fr www.esrf.fr KONTAKT TIEFE EINBLICKE: Andreas Scheinost setzt an der Europäischen Synchrotron-Strahlungsquelle ESRF in Grenoble radioaktive Proben brillanter Röntgenstrahlung aus. Foto: AVANGA

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