Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

entdeckt 02/2015 - Uran, Plutonium & Co.

entdeckt 02 .15 FORSCHUNG WWW.HZDR.DE chirurgisches Instrument. Mit ihm ist es möglich, beispielswei- se nur einen ganz bestimmten Freiheitsgrad in einem Material anzuregen – etwa spezielle Spinwellen –, ohne dabei die Elekt- ronentemperatur oder das atomare Gitter zu beeinflussen. Die Wissenschaftler können aber mit den extrem langen Wel- lenlängen auch gezielt schwache Kräfte zwischen Molekülen beeinflussen. Etwa die von Wasserstoffbrücken-Bindungen, also den Bindungen, die Wassermoleküle leicht aneinander heften, sodass unter anderem die Oberflächenspannung entsteht. Oder sie können geringfügig die Wechselwirkung zwischen korrelierten, also sich gegenseitig beeinflussenden Elektronen in einem Material manipulieren. Aus den Beobach- tungen, die die Forscher machen, wenn sich solche Systeme wieder in ihren Ursprungszustand begeben, ergeben sich dann Rückschlüsse auf die fundamentalen Mechanismen von bisher unverstandenen Prozessen und Phänomenen in den Material- und Lebenswissenschaften. Moderne Materialien im Lichtstrahl Derartige Untersuchungen mit einer Kombination aus laserbasierter Terahertz-Strahlung und Messungen am Freie-Elektronen-Laser FELBE des HZDR sowie an TELBE haben Gensch und sein Team mit Partnern vom Institut für Photonische Wissenschaften (Institute of Photonic Sciences – ICFO) in Barcelona durchgeführt und im Sommer 2015 im Fachmagazin „Nature Communications“ publiziert. Untersu- chungsobjekt war ein Festkörper mit der chemischen Formel La0.5Sr1.5MnO4 aus der Klasse der Manganoxide. Das Material gehört zu einer Familie von Materialien, die Physiker als korrelierte Elektronensysteme bezeichnen: Zwischen den Elektronen finden hier spezielle lokale Wechselwirkungen statt, die den Materialien charakteristische Eigenschaften verleihen. Das kann beispielsweise die Fähigkeit zur Hoch- temperatur-Supraleitung sein. Oder – wie im Fall des unter- suchten Manganoxids – die Möglichkeit, so genannte orbitale Domänen zu bilden. „Orbitale Domänen sind bisher eher ein akademisches Thema ohne direkte technologische Anwen- dungen“, erläutert Michael Gensch: „Wir wissen, dass es diese spezielle Konfiguration von Elektronenzuständen gibt. Wir haben bisher aber nur eine vage Vorstellung, wie sie entsteht und ob und wie sie durch Lichtpulse beeinflusst oder sogar kontrolliert werden kann.“ Das ist natürlich ein Ansporn, der Sache auf den Grund zu gehen, insbesondere, wenn man eine neue Untersuchungs- methode daran erproben kann. „Wir konnten feststellen, dass Womit wir wieder bei der Attraktivität von TELBE für Physiker sind: Auch anderswo werden ähnliche Quellen betrieben, geplant und gebaut. Im US-amerikanischen Stanford etwa: „Die Anlage in Stanford befindet sich an einem Beschleuniger, der mit zwei Kilometern fast hundertmal länger ist als ELBE. Die Kollegen dort halten momentan den Weltrekord, was die Pulsenergie betrifft – allerdings nur bei Wiederholraten von wenigen zehn Hertz“, sagt Gensch: „Das HZDR ist momentan das einzige Zentrum, das die notwendige Beschleunigertech- nologie beherrscht, um ähnliche Pulsenergien bei hohen Wiederholraten zu erzeugen.“ Diagnostik mit Terahertz-Strahlen Das ist aber weder für Michael Gensch noch für das HZDR ein Grund zum Hochmut. Ganz im Gegenteil – Kooperation ist das erklärte Ziel. Und so stehen die Türen offen: „Kollegen aus der ganzen Welt kommen, um bei uns neue Diagnosekonzepte für Elektronenstrahlen in Beschleunigern mit hoher Wiederholrate zu testen. Für die großen, neu geplanten Maschinen, die wie ELBE im Dauerstrichbetrieb funktionieren sollen, muss man exakt wissen, ob sich die Elektronenpulse in der vorberechne- ten Art und Weise verhalten und wie groß sie sind. Falls etwas nicht stimmt, muss man schnell nachjustieren können. Und genau solche online-diagnostischen Untersuchungen lassen sich mit unserer Terahertz-Strahlung benchmarken.“ Die Entwicklung von Diagnostikmethoden für Elektronen- pakete ist also eine wichtige Anwendungsmöglichkeit von TELBE – aber natürlich nicht die einzige: Terahertz-Strahlung ist für viele Disziplinen von der Biologie über die Medizin bis zur Materialforschung von großem Interesse. „Ein Vorteil ist, dass dieses langwellige Licht für den Menschen im Gegensatz zu anderen Strahlungsarten ungefährlich ist. Deshalb findet es Anwendung in sogenannten Bodyscannern“, sagt Gensch: „Man kann damit aber auch dynamische Prozesse in Material- systemen gezielt beeinflussen – viel präziser und selektiver, als das mit kürzeren Wellenlängen möglich ist.“ Gensch vergleicht herkömmliche Verfahren, die Licht aus dem Bereich des Ultravioletten bis ins Infrarote einsetzen, mit einem Hammer, mit dem man auf ein Untersuchungsobjekt schlägt, um zu beobachten, wie (und ob) es sich anschließend wieder in den Ursprungszustand zurückbegibt. „Dabei wird das Material auf vielen Energie- und Freiheitsgraden gleich- zeitig angeregt, was die Analyse der experimentellen Beob- achtungen sehr schwierig oder oft auch unmöglich macht.“ Terahertz-Pulse sind im Vergleich dazu eher ein präzises, Noch befindet sich die Terahertz-Quelle TELBE im Probelauf – Mitte 2016 soll sie dann in den regulären Nutzerbetrieb gehen.

Seitenübersicht