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entdeckt 02/2015 - Uran, Plutonium & Co. - Astronomie unter dem Meer

entdeckt 02 .15 PORTRÄT WWW.HZDR.DE // HZDR-Gastwissenschaftlerin Jenny Feige ist es gelungen, mit Tiefsee-Sedimenten weit zurückliegende Stern-Explosionen zu detektieren. Mit dem populärwissenschaftlichen Artikel „Astronomie unter dem Meer“ gewann sie den mit 5.000 Euro dotierten Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft. Text . Tina Schulz ASTRONOMIE UNTER DEM MEER Dass man bei der Astronomie nicht immer nur in den Himmel, sondern auch unter die Meeresoberfläche blicken sollte, be- wies Jenny Feige in ihrer Doktorarbeit an der Universität Wien. Dort untersuchte die 33-jährige Brandenburgerin spezielle langlebige Radionuklide in zwei bis drei Millionen Jahre alten Sedimentschichten aus dem Indischen Ozean. Sie entstehen durch Kernreaktionen, die bei Supernova-Explosionen im All stattfinden. Ereignet sich so eine kosmische Explosion in der Nähe unseres Sonnensystems, dann fallen die Radionuklide mit dem Sternenstaub auf die Erde und reichern sich in Sedi- menten an. „Die Tiefsee hat eine Art geologisches Langzeit- gedächtnis, das die Überbleibsel längst vergangener Stern- Explosionen speichert“, beschreibt die Astrophysikerin. Ihre Proben untersuchte Jenny Feige mithilfe der Beschleu- niger-Massenspektrometrie – einer Methode, die einzelne Atome detektiert – in Wien, an der Australian National University in Canberra und am HZDR. Dabei wies sie in den Sedimenten die Existenz des Eisen-Isotops 60 Fe nach, für das es auf der Erde keine Quelle gibt. Es entsteht nur kurz vor und während einer Supernova. In Dresden verbrachte Jenny Feige insgesamt sechs Monate unter der Leitung der Nuklearchemi- kerin Silke Merchel. Hier nutzte sie vor allem die chemischen Labore zur Vorbereitung der Proben und die Beschleuniger- anlage DREAMS (DREsden Accelerator Mass Spectrometry). „Für eine genaue Altersbestimmung ist die Detektion von 60 Fe alleine nicht geeignet. Deshalb hat Jenny Feige bei uns das Beryllium-Isotop 10 Be in den Proben gemessen“, erklärt Merchel. Dieses entsteht in der Erdatmosphäre und gelangt nach und nach mit dem Niederschlag auf die Erde, wo es dann zerfällt. „Da jede neue Sedimentschicht mehr 10 Be-Atome be- sitzt als die darunterliegenden Schichten, in denen der Zerfall des Isotops schon vorangeschritten ist, können wir das Alter der Sedimente ermitteln.“ Und tatsächlich konnte Jenny Feige das 60 Fe in 1,7 bis 3,2 Mil- lionen Jahre alten Sedimentschichten sicher nachweisen. Da- mit widerlegte sie auch die bisherige Annahme, dass es in der Nähe unseres Sonnensystems nur eine Supernova gegeben hat. „Vielmehr waren es mehrere, sich zeitlich überlagernde Explosionen“, so Feige. Für ihre Doktorarbeit erhielt sie den diesjährigen Promotionspreis der Fachgruppe Nuklearchemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker. In ihrem Artikel „Astronomie unter dem Meer“ vermittelt Feige auf spannende Weise Kenntnisse auf einem Forschungsgebiet, das in der Öffentlichkeit bislang nahezu unbekannt war: der Tiefseeastronomie. Für den Beitrag wurde sie am 8. Oktober 2015 mit dem Klaus Tschira Preis in der Kategorie Physik ausgezeichnet. Seit 1997 vergibt die gleichnamige Stiftung den Preis an Nachwuchswissenschaftler, die ihre Ergebnisse in besonders gelungenen Artikeln präsentieren. PUBLIKATION: J. Feige u. a.: “AMS measurements of cosmogenic and super- nova-ejected radionuclides in deep-sea sediment cores”, in European Physical Journal Web of Conferences 2013 (DOI: 10.1051/epjconf/20136303003) _Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR Dr. Silke Merchel s.merchel@hzdr.de _Zentrum für Astronomie und Astrophysik an der TU Berlin Dr. Jenny Feige feige@astro.physik.tu-berlin.de www-astro.physik.tu-berlin.de/ www.klaus-tschira-preis.info KONTAKT „Das Eisen-Isotop 60 Fe entsteht bei Temperaturen zwischen 500 Millionen und 2 Milliarden Grad Celsius – Bedingungen, die nicht einmal im Inneren unserer Sonne herrschen.“

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