Optische Tomographie für die Diagnostik transienter Zweiphasenströmungen
Messverfahren
Die optische Tomographie wird für die Untersuchung von Gas-Wasser-Strömungen bei niedrigen Gasgehalten (bis 10%) zur Darstellung der zeitintegralen oder momentanen Gasgehaltsverteilung innerhalb einer Schnittebene in einer Rohrleitung erprobt. Das Aufnahmeprinzip ist ähnlich zu dem der klassischen Computertomographie. Die Anordnung besteht aus einer Vielzahl optischer Sender (Lumineszenz- oder Laserdioden) sowie optischer Detektoren (z.B. Photodioden), die möglichst lückenlos auf dem Umfang des Rohrquerschnittes angeordnet sind. Durch eine zugeordnete Steuer- und Datenerfassungselektronik werden die Lichtsender nacheinander hell geschaltet und gleichzeitig die an den Lichtempfängern auftreffende Lichtintensität erfasst, wobei letztere über die photosenstiven Wandler (Photodioden) und geeignete Transimpedanzverstärkerschaltungen in Spannungssignale mit hoher Bandbreite umgeformt werden. Ein Messdatensatz besteht so prinzipiell aus den N x (N-1) Transmissionsmessdaten für alle denkbaren Optodenpaare. Wie im Bild rechts dargestellt, müssen aber nur die Messwerte derjenigen Optodenpaare berücksichtigt werden, deren Lichtstrahlen das Untersuchungsvolumen durchdringen. |
Schematische Darstellung der optischen Tomographieanordnung in einem Rohrquerschnitt |
Bei vollständig mit Gas oder Wasser gefülltem Rohrquerschnitt durchdringt das Licht der Sendeelemente ungeschwächt das Untersuchungsvolumen. Befindet sich dagegen eine Phasengrenzfläche im Strahlweg (Gasblase in Flüssigkeit oder Tröpfchen im Gas), so wird der Lichtstrahl mit hoher Wahrscheinlichkeit aus seiner Ursprungsrichtung abgelenkt und damit am Lichtempfänger als unterbrochen registriert. Diese Unterbrechung kann aber auch nur partiell sein, wenn die Phasengrenzfläche nur teilweise im Durchstrahlungskanal liegt. Ebenfalls kann der Lichtsstrahl durch die Ablenkung auf einen anderen Detektor fallen. Im Allgemeinen (Wahrscheinlichkeit > 95%) erhält man jedoch ein Unterbrechungssignal. Aus der Vielzahl der zeitgleich in allen Durchstrahlunsgkanälen (Optodenpaaren) registrierten Informationen über die Präsenz einer Phasengrenzfläche im Strahlweg kann durch spezielle computertomographische Bildrekonstruktionsverfahren - in gewissen Grenzen - auf die Phasenverteilung im Untersuchungsquerschnitt zurückgerechnet werden. Erfolgreich getestet wurden Standardverfahren der CT, wie die gefilterte Rückprojektion. Um den speziellen Gegebenheiten der optischen Abbildung, insbesondere der binären Signalformen und der daraus resultierenden nichtlinearen Abbildunsgeigenschaften Rechnung zu tragen, wird an der Entwicklung spezieller Rekonstruktionsverfahren gearbeitet. Besonderer Vorteil der optischen Tomographie ist die Möglichkeit einer sehr schnellen Visualisierung von Strömungsvorgängen, bei gleichzeitig nichtinvasiver Messung und einer prinzipiell erreichbaren hohen räumlichen Auflösung. Dafür ist das Messverfahren auf kleine Gasgehalte bei Gas-Wasser-Strömungen beschränkt.
Messsystem
Für die Erprobung des Verfahrens wurde ein experimentelles Messsystem entwickelt, welches aus 256 Lichtsendern (LEDs) und 32 Lichtempfängern (Avalanche-Photodioden) besteht. Dieses ist an einem Rohr DN50 angeordnet. Eine Acrylglasscheibe befindet sich als Koppelmedium zwischen den Optoden und dem Untersuchungsmedium. Damit wird zum einen erreicht, dass der gesamte tomographische Bereich von den Dioden ausgeleuchtet wird und zum anderen ermöglicht die Anordnung den parallelen Betrieb von vier Sendedioden (90° versetzt), was die Messzeit um den Faktor vier verkürzt. Die geometrisch bestimmte Ortsauflösung des Tomographen liegt bei bei ca. 1 mm, die zeitliche Auflösung bei ca. 4.500 Bildern/Sekunde. Die Anordnung wurde an einer Blasensäule, bei der Gasblasen in einem Rohrsegment nach oben steigen und dabei den Untersuchungsquerschnitt durchlaufen getestet.
Prinzipdarstellung des Messsystems (links: Querschnittsdarstellung, rechts: Längsschnitt)
Funktionsmuster des optischen Tomographen an einer Blasensäule DN50.
Mit dem Tomographen wurden dieverse Experimente an Zweiphasenströmungen durchgeführt. Die Abbildung unten zeigt ein Beispiel für mit dem Verfahren der gefilterten Rückprojektion rekonstruierte Gasverteilungen im Rohrquerschnitt. Die zeitlich hoch aufgelösten Bildsequenzen wurden binariesiert und in einer Iso-Surface zu einem pseudo 3D-Bild zusammengesetzt, wobei die vertikale Ache die Zeitachse representiert. In näherer Zukunft ist zur Erhöhung der räumlichen Auflösung eine Erweiterung des Messsystems auf 64 Empfänger vorgesehen. Gleichzeitig soll die Abtastrate auf 15.000 Bilder pro Sekunde erhöht werden.
Pseudo-3D Visualisierung von Bildsequenzen einer Luft-Wasser-Strömung in einer Blasensäule erzeugt mittels optischer Tomographie für drei verschiedene Gasgehalte, für niedrigen Gasgehalt (links), hohen Gasgehalt mit größeren Blasen (Mitte) und Pfropfenströmung (rechts).
Publikationen und Schutzrechte
U. Hampel, E. Schleicher, M. J. da Silva
Optische Tomographie für die Diagnostik von Zweiphasenströmungen
Tagungsband zum 3. Workshop Meßtechnik für stationäre und transiente Mehrphasenströmungen, FZ Rossendorf, 1999
E. Schleicher, U. Hampel, M. J. da Silva, S. Thiele
Fast optical tomography for transient process diagnostics
5th World Congress on Industrial Process Tomography, Bergen, Norway, 2007
E. Schleicher, U. Hampel, M. J. da Silva, S. Thiele, A. Li, E. Wollrab
Design of an optical tomograph for the investigation of single and two phase pipe flows
Measurement Science and Technology, 2007
U. Hampel, E. Schleicher, M. J. da Silva, A. Li, S. Thiele, E. Wollrab
Optical tomograph for the investigation of single and two phase pipe flows
PROCTOM2006 4th International Symposium on Process Tomography in Poland , Warzawa, Poland, 2006, 83-60660-01-8, 134-137