Vermischung im oberen Plenum

Diese Arbeiten wurden im Rahmen des durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) vom 01.04.1998 bis zum 31.05.2002 geförderten Projekts "Kühlmittelvermischung in Druckwasserreaktoren" (Projektnummer: 1501216) durchgeführt.

Hintergrund

Der Reaktorkern von Leichtwasserreaktoren besteht aus Brennelementen mit unterschiedlicher Anreicherung und Abbrand. Aus diesem Grund unterscheidet sich auch die Energiefreisetzung in den einzelnen Brennelementen, was zu unterschiedlichen Kühlmitteltemperaturen an deren Austritt führt. Im stationären Vollleistungsbetrieb können die Temperaturunterschiede bis zu 30K betragen. Es ist bekannt, dass diese Unterschiede in den Austrittstemperaturen beim Transport des Kühlmittels durch das obere Plenum nicht vollständig abgebaut werden. Somit bleibt ein gewisses Temperaturprofil innerhalb des Querschnitts der Heißstrangleitung erhalten.

Methodik der ROCOM-Experimente

Der Kernsimulator der ROCOM-Anlage besteht aus 193 Rohren (jeweils eines für jedes Brennelement) mit einem Innendurchmesser von 30 mm. Diese Rohre stellen eine direkte Verbindung des Kerneintritts mit dem Austritt dar. Diese Konstruktion erlaubt es, Experimente durchzuführen, bei denen die Verteilung des Kühlmittels aus einem bestimmten Brennelement im oberen Plenum bestimmt werden kann. Dafür wird eine Injektionslanze durch eine Deckelbohrung in ein Brennelement eingebracht und bis ungefähr 20 cm über die Kerntrageplatte hinuntergeführt. Bei laufenden Kühlmittelpumpen wird die Tracerlösung eindosiert. Beim Transport bis zum Rohraustritt vermischt sich der Tracer mit dem im Rohr strömenden Wasser vollständig. Das Gemisch strömt ins obere Plenum und verläßt den Reaktrodruckbehälter über die Austrittsstutzen. Alle vier Austrittsstutzen sind mit Gittersensoren ausgestattet, die die zeitabhängige Leitfähigkeit des Mediums messen. Jeder dieser vier Sensoren hat ein Messgitter von 216 gleichmäßig über den Rohrquerschnitt verteilten Messpositionen. Die gemessene Leitfähigkeit wird in einen dimensionslosen Vermischungsskalar überführt, der dem Anteil des Kühlmittels aus dem beaufschlagten Brennelement an der entsprechenden Position entspricht. Dazu wird die lokale Leitfähigkeit zur Ausgangsleitfähigkeit ins Verhältnis gesetzt.

Das Ziel der hier dargestellten Experimente war die Bestimmung von stationären Vermischungskoeffizienten, die dem zeitgemittelten Vermischungsskalar an jeder Messposition auf dem stationären Konzentrationslevel entsprechen.

Teilweise tragen die Experimente generischen Charakter, da der flache Deckel der Versuchsanlage nicht dem originalen Reaktordeckel entspricht. Auch enthält das obere Plenum der Versuchsanlage keine Einbauten. Weiterhin weicht auch die Austrittsöffnung der Brennelemente vom Original ab.

Ergebnisse

Zeitabhängige Tracerverteilung in den vier Austrittsstutzen

Experimente wurden durchgeführt, bei denen Tracer in jedes Brennelement eines Viertels des Reaktorkerns eingebracht wurde. Zwei dieser Experimente sind hier als Video dargestellt. Das erste zeigt der Ergebnisse der Tracereinspeisung in das Brennelement A08, beim zweiten wurde in das Brennelement G15 eindosiert, das rote Quadrat markiert die jeweilige Einspeisestelle im Kernspiegel. Es ist deutlich zu sehen, dass der Tracer vorzugsweise durch die beiden nächstgelegenen Ausstrittsstutzen abströmt. Weiterhin kann man hochfrequente Fluktuationen des Tracers im gesamten Querschnitt des Ausstrittsstutzen beobachten. Unabhängig von der Position der Tracer einspeisung waren diese Fluktuationen in allen Experimenten präsent. Trotz der großflächigen Fluktuationen, kann man auch in der zeitabhängigen Visualisierung erkennen, dass der Tracer in manchen Bereichen der Austrittsstutzen öfter registriert wird.


Abb. 1: Einspeisung in Brennelement A08 (avi-file:1.9Mb)

Abb. 2: Einspeisung in Brennelement G15 (avi-file:1.6Mb)

Plateau-Mittelung der Tracerkonzentration

Zur Quantifizierung der experimentellen Ergebnisse wurden für jedes Experiment die gemessenen Werte der Tracerkonzentration auf dem quasi-stationären Konzentrationslevel, dass sich jeweils kurz nach Beginn der Einspeisung einstellt, gemittelt. Abb. 3 zeigt die Ergebnisse dieser Mittelung für drei typische Experimente. Im linken Teil der Abbildung sind die Ergebnisse für das Brennelement A08 dargestellt, das sich auf der Symmetrielinie zwischen den Austrittsstutzen der Schleifen 1 und 4 befindet. Der Tracer ist nahezu symmetrisch zwischen beiden Stutzen verteilt. Das Maximum der Tracerkonzentration befindet sich im unteren Teil des Ausstrittsstutzens. Die Sensoren in den Ausstrittsstutzen auf der gegenüberliegenden Seite registrieren überhaupt keinen Tracer. Die Ergebnisse für das Brennelement F11 (Mitte der Abb. 3) zeigen ein komlett anderes Vermschungsbild. Nahezu der gesamte Tracer verläßt die obere Plenum über den Austrittsstutzen der Schleife 1, nur ein geringer Anteil wird in Schleife 2 registriert. Diesmal befindet sich das Maximum der Konzentration im oberen Bereich des Stutzens. Die experimentellen Ergebnisse für Brennelement G15, dargestellt im rechten Bereich der Abb., bestätigen die Schlussfolgerungen der anderen beiden Experimente. Der Tracer verteilt sich zwischen den beiden nächstgelegenen Austrittsstutzen, nur ein geringer Teil wird auf die gegenüberliegende Seite des Reaktors transportiert. Wiederum befindet sich das Maximum der Konzentration im unteren Bereich des Stutzenquerschnitts.



Abb. 3: Plateaugemittelte Verteilung der normierten Tracerkonzentration bei Einspeisung in drei verschiedene Brennelemente (markiert im Kernspiegel; die Zahlen an der Farbskala zeigen Minimal- und Maximalwerte im jeweiligen Experiment in %)

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S. Kliem