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Eckhard Schleicher

Lei­ter Experimentaltechnik
wissen­schaftlicher Mitarbeiter, VEFK
e.schleicherAthzdr.de
Tel.: +49 351 260 3230

Kompleximpedanz-Nadelsonden

Zielstellung

Zur Untersuchung von Mehrphasen- bzw. Mehrkomponentenströmungen, beispielsweise in der Chemieverfahrenstechnik oder der Mineralölförderung und –verarbeitung, gibt es nur wenig geeignete Messverfahren. Aus diesem Grund wurden in unserer Abteilung Kompleximpedanz-Nadelsonden mit hoher zeitlicher Auflösung entwickelt. Mit Hilfe solcher Nadelsonden ist eine lokale Bestimmung des Phasen- bzw. Komponentenanteils in der Strömung durch Messung der komplexwertigen elektrischen Impedanz des Probevolumens mit einer sehr hohen Datenrate (bis zu 10.000 Samples/s) möglich. Die Kompleximpedanz-Nadelsonden können unter anderem in folgenden Anwendungsgebieten eingesetzt werden:

  • Untersuchung von Öl-Gas-Wasser-Gemischen in der Erdölgewinnung und -verarbeitung,
  • Vermischung von Fluiden, beispielsweise in Chemiereaktoren,
  • Untersuchung von Fluid-Gas-Zweiphasenströmungen.

Messprinzip

Die Nadelsonde ist in einer Doppelkoaxialgeometrie (siehe Abb. unten) ausgeführt. Weiterhin gehört zum Messsystem eine Messelektronik für die Signalanregung und –erfassung.

Das Verfahren zur Bestimmung der komplexen elektrischen Impedanz basiert auf einer Amplituden- und Phasenmessung eines sinusförmigen Anregungssignals fester Frequenz f (in der Regel zwischen 200 kHz und 1 MHz). Dabei ergibt sich die komplexe Impedanz anhand des Ohmschen Gesetzes zu
     
aus der Anregungsspannung Vin und dem Ausgangsstrom Iout. Schaltungstechnisch wird das Anregungssignal durch einen Direct Digital Synthesizer erzeugt und der Ausgangsstrom an der Messelektrode mit Hilfe eines schnellen Transimpedanzverstärkers in ein Spannungssignal gewandelt. Aus beiden Sinusspannungssignalen (dem Anregungs- sowie dem Messelektrodensignal) werden anschließend durch einen Amplitude-Phasen-Detektor die Phasendifferenz und die Amplitudendämpfung bestimmt. Unsere Nadelsondenelektronik ist derzeit in der Lage, die komplexe elektrische Impedanz mit einer Abtastfrequenz von bis 10 kHz zu erfassen.

Aus der komplexen Impedanz kann weiterhin auf die komplexe relative Permittivität εr* eines Fluids mittels der Gleichung
     
umgerechnet werden, wobei ω die Kreisfrequenz (ω = 2 π f), ε0 die Permittivität des Vakuums (8,85 pF/m) und kg einen Geometriefaktor der Sonde bezeichnet.

Statische Messung

Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die mit einer Kompleximpedanz-Nadelsonde gemessene relative Permittivität (εr) und Leitfähigkeit (σ) ausgewählter Flüssigkeiten und Luft. Die Ergebnisse wurden durch Mittelwertbildung über 20 Messungen bei einer Abtastfrequenz von 10 kHz ermittelt. Die Anregungsfrequenz war 200 kHz. Die Kompleximpedanz-Nadelsonde wurde zunächst durch Messungen an Luft und Wasser kalibriert, um die komplexe Permittivität messen zu können. Referenzwerte für die relative Permittivität wurden aus CRC Handbook of Chemistry and Physics entnommen. Referenzwerte der Leitfähigkeit wurden mit einem Leitfähigkeitsmessgerät gemessen.

Substanz
gemessene
εr
Referenz
εr
Relativer Fehler [%]
gemessene
σ [µS/cm]
Referenz
σ [µS/cm]
Relativer Fehler [%]
Luft 1,05 1,00 5,00 -0,01 0,00 -
Glykol 41,22 40,56 1,62 1,44 1,50 4,00
2-propanol 20,52 19,74 3,95 0,097 0,10 3,00
Wasser (Deionat) 79,17 79,86 0,86 2,58 2,50 3,20
Wasser + Salz 81,92 79,86 2,57 32,24 33,20 2,89
Ether 4,33 4,27 1,41 -0,02 0,0 -
Benzin 2,02 2,0 - 2,3 ? -0,01 0,0 -
Silikonöl 2,61 2,58 1,16 -0,01 0,0 -

Messung an einer Dreiphasenströmung

Die Kompleximpedanz-Nadelsonde wurde für die Messung von Luft- und Wassereinschlüssen in Benzin (εr = 2,02) eingesetzt. Die Anregungsfrequenz betrug wieder 200 kHz und die Abtastfrequenz wurde auf 10 kHz pro Kanal eingestellt. Die Untersuchung wurde in einem experimentellen Acrylglaskanal durchgeführt. Die Strömung wurde synchron zur Impedanzmessung mit einer Hochgeschwindigkeits-Videokamera beobachtet, um beide Messverfahren vergleichen zu können.

Zunächst wurden Luftblasen im unteren Teil des Kanals injiziert. Die Ergebnisse sind im folgenden Video dokumentiert. Die aufsteigende Luftblase wird anhand des Permittivitätssignals detektiert.

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Als zweites wurde Wasser (Leitfähigkeit von 1,4µs/cm) von oben in den Kanal injiziert. Das folgende Video zeigt wiederum die Bildfolge und die gemessenen elektrischen Messwerte für dieses Experiments. Die fallenden Wassertropfen können sowohl anhand des Permittivitäts- als auch des Leitfähigkeitssignals detektiert werden.

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       (AVI-Video ca. 5 MByte)

Publikationen

Da Silva, M. J.; Schleicher, E.; Hampel, U.
A novel needle probe based on high-speed complex permittivity measurements for investigation of dynamic fluid flows
IEEE Transactions on Instrumentation and Measurement 56(2007)4, 1249-1256
doi:10.1109/TIM.2007.900419

Da Silva, M. J.; Brückner, F.; Schleicher, E.; Hampel, U.
High-speed complex admittance/permittivity needle probe for investigation of multiphase flows
23rd IEEE Instrumentation and Measurement Technology Conference, IEEE Instrumentation and Measurement Society, 24.-27.04.2006, Sorrento, Italy
Proceedings, 0-7803-9360-0, 1937-1941

Da Silva, M. J.; Hampel, U.; Schleicher, E.
Neue Konzepte für die kombinierte Leitfähigkeits- und Impedanzmessung in hochtransienten Mehrphasenströmungen
7. Dresdner Sensor-Symposium - Neue Herausforderungen und Anwendung in der Sensortechnik, 12.-14.12.2005, Dresden, Deutschland
Proceedings: TUDpress, 139-142