Seltene hadronische Prozesse

Die Experimente (mit theoretischer Begleitung) zur Emission virtueller Photonen (Di-Elektronen) aus komprimierter Kernmaterie am HADES-Detektor der GSI Darmstadt zielen auf die Klärung des Ursprungs der Masse stark wechselwirkender subnuklearer Teilchen, wobei der Atomkern als „Mikrolabor“ für die Untersuchung von Pro­zessen der starken Wechselwirkung fungiert. Die Experimente der internationalen HADES-Kollaboration, an der mehrere deutsche Gruppen beteiligt sind, am Beschleuniger SIS18/GSI umfassen Schwerionenreaktionen sowie Reaktionen von Protonen und Pionen an Kernen verschiedener Massenzahlen. Vom FZD wurden wichtige apparative Beiträge geleistet (Bau der 6 großen Driftkammern der Ebene 3 und Neubau der Ebene 1), die durch das gut ausgestattete Detektorlabor und umfangreiche Erfahrungen im Detektorbau möglich sind. Neben der Experimentplanung ist das FZD aktiv an der Experimentdurchführung und -auswertung beteiligt. Außerdem wird die Betriebsbereitschaft der Driftkammern der Ebene 3 gesichert. Das theoretische Instrumentarium umfasst hadronische Transportmodelle und verschiedene QCD-basierte Methoden, mit denen auch weit über die HADES-Experimente hinaus gehende Fragen bearbeitet werden können und die einen direkten Bezug zu astrophysikalischen Fragen haben (z. B. Zustandsgleichung stark wechselwirkender Materie und ihre Rolle für explosive Sternphänomene und Neutronensterne).

Aufbauend auf den an HADES gesammelten Erfahrungen wird das Compressed Baryon Matter (CBM)-Experiment an FAIR vorbereitet. In diesem Rahmen laufen Arbeiten zur Detektorentwicklung (verbesserte Zeitauflösung und Ratenfestigkeit von resistive plate chambers, RPC) an der Strahlungsquelle ELBE. Dafür wurde an ELBE ein Messplatz aufgebaut. Dieser nutzt die ausgezeichnete Zeitstruktur des primären ELBE-Elektronenstrahls sowie dessen Intensität. Dabei wird der Elektronenstrahl in der von der Strahlungsphysik betriebenen Goniometerkammer aufgeweitet. Für die Datennahme wird teilweise die von der Kernphysik installierte Anlage mitgenutzt.

Wesentliche Ergebnisse:

Es wurden experimentelle Hinweise auf Änderung der spektralen Verteilung von K±-Mesonen (W. Scheinast et al., Phys. Rev. Lett. 96 (2006) 072301) und omega-Mesonen in Kernmaterie gefunden und theoretisch interpretiert (R. Thomas et al., Phys. Rev. Lett. 95 (2005) 232301). Insbesondere wurde an HADES eine Serie der Reaktionen C + C (1 und 2 AGeV), Ar + Ca (1.8 AGeV) und p + p (1.25, 2.2, 3.5 GeV) untersucht. Auf dieser Basis wurde ein erstes Di-Elekt­­ronenspektrum publiziert (G. Agakichiev et al., Phys. Rev. Lett. 98 (2007) 052302), das ebenfalls eine Veränderung der spektralen Verteilung von rho-Mesonen zeigt und welches das sogenannte „DLS puzzle“ löst und damit viel Aufmerksamkeit bei Fachkollegen hervorruft. Aus den spektralen Verteilungen sind Aussagen über die effektiven Massen subnuklearer Teilchen abzuleiten. Die Experimente testen Vorhersagen fundamentaler Theorien der starken Wechselwirkung im hadronischen Bereich mit Bezug auf die zugrundeliegende QCD-Vakuumstruktur.

Jüngst abgeschlossene Promotionsarbeiten verwendeten Daten aus der Aufbauphase von HADES. Dank der guten Spurauflösung konnten die Phasenraumverteilung von K+-Mesonen und der Produktionsquerschnitt von Lambda-Hyperonen bestimmt werden und so eine Analyse der Strangeness-Bilanz in der Reaktion C+C bei 2 AGeV erstellt werden.

Weiter zeigten Simulationen, dass HADES in der jetzigen Konfiguration auch am SIS100 an FAIR einsetzbar ist, da die Rückwärtshemisphäre im Phasenraum abgedeckt ist. Das setzt allerdings den erfolgreichen Abschluss der jetzt von der Kollaboration begonnen Verbesserung der Flugzeitbestimmung voraus.

Zur Interpretation der HADES-Daten werden fortlaufend Modelle für hadronische Elementarreaktionen weiterentwickelt, die als Input für Transportmodellrechnungen dienen bzw. in Eventgeneratoren eingebaut werden.

HADES

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Phys. Rev. Lett. 98 (2007)

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CBM

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FAIR

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Future at ELBE

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