_TITEL . DRESDEN-concept: Allianz für Spitzenforschung

_TEXT . Anja Bartho


Schnittstelle zwischen Forschung, Lehre und Industrie


FZD JOURNAL 04 . August 2009

Von einem Büro im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) aus leitet Günter Zschornack die Arbeitsgruppe "Hochgeladene Ionen" der TU Dresden. Am FZD stehen auch seine wichtigsten Arbeitsmittel, Geräte zur Erzeugung solcher Ionen. Sie sind ein Produkt einer noch jungen Dresdner Firma, die er mitbegründet hat.

Als im August 2002 das Hochwasser kam, das entlang von Elbe und Weißeritz in Sachsen verheerende Schäden hinterließ, war für Dr. Günter Zschornack und seine Mitarbeiter kaum noch Zeit, irgendetwas in Sicherheit zu bringen, geschweige denn die wertvolle Anlagentechnik. So plötzlich kam die Aufforderung zur Evakuierung. Damals hatte seine Arbeitsgruppe ihren Sitz noch in einer Außenstelle der TU Dresden im Pirnaer Ortsteil Copitz, in unmittelbarer Nähe zur Elbe. Das Hochwasser setzte die Büro- und Laborräume unter Wasser.

Zwei Jahre später zog der Wissenschaftler mit seiner Arbeitsgruppe an das Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung am FZD um. Für die Gruppe, die sich mit der Erzeugung und Untersuchung hochgeladener Ionen beschäftigt, habe sich damit ein wunderbares Arbeitsumfeld gefunden. Am FZD werden Ionenstrahlen eingesetzt, um Oberflächen zu analysieren und zu verändern - ein Schwerpunkt der materialwissenschaftlichen Forschungen. Hochgeladene Ionen sind eine exotische Form von Ionenstrahlung. Es handelt sich um Atome, denen ein Großteil bzw. alle Elektronen entfernt wurden. Damit lassen sich grundlegende Fragen zu den Wechselwirkungen von Ionen mit Materialoberflächen oder im Bereich Atom-, Plasma- und Astrophysik untersuchen. "Hochgeladene Ionen haben aber auch ein großes Anwendungspotenzial in der Informations- und Nanotechnologie, Strahlenbiologie, Oberflächenanalytik sowie in der Medizin", sagt Zschornack.

Innovative, kleine Ionenquellen

Sein ganzer Stolz sind die Anlagen zur Erzeugung der hochgeladenen Ionen, die am FZD stehen. Sie sind ein Produkt der noch jungen Dresdner Firma DREEBIT, die Zschornack vor drei Jahren gemeinsam mit Dr. Frank Großmann gegründet hat. Bau, Entwicklung und Vertrieb von innovativen Ionenquellen und Ionenstrahlanlagen ist das Hauptgeschäft der Firma. Die kurz EBIS oder EBIT (von engl. Electron Beam Ion Source/ Trap) genannten Quellen erzeugen hochgeladene Ionen mit einer speziellen Elektronenstrahl- Technologie. Herkömmlich werden solche Ionen mit großen Teilchenbeschleunigern oder in Tieftemperatur-Ionenquellen erzeugt, deren supraleitende Magnetspulen aufwändig gekühlt werden müssen. Da Kühlungssysteme bei den Dresdner Geräten entfallen, sind diese relativ klein, die kleinste Ionenquelle ist nur rund 30 Zentimeter lang. Dennoch erfüllen die Ionenquellen sehr hohe Anforderungen im Hinblick auf die Art und Qualität der Ionenstrahlen. "Damit wurde ein absoluter Qualitätssprung gemacht", so Dr. Zschornack.

Zschornack. Raumtemperatur-Ionenquellen Dresden EBIT,Dresden EBIS und Dresden EBIS-A

Abb.: Die drei in der Arbeitsgruppe entwickelten Raumtemperatur-Ionenquellen
Dresden EBIT, Dresden EBIS und Dresden EBIS-A

Profit für alle Seiten

Von der Kooperation zwischen seiner universitären Arbeitsgruppe, dem FZD und der Firma DREEBIT, die durch entsprechende Verträge geregelt ist, profitierten nach Ansicht des Wissenschaftlers alle Seiten. Das FZD stellt der Arbeitsgruppe Räume und Infrastruktur zur Verfügung. Im Gegenzug werden die Ionenquellen von FZD-Wissenschaftlern genutzt, so z.B. von der Nachwuchsgruppe um Dr. Stefan Facsko, die Kristalloberflächen damit auf atomarer Ebene strukturieren kann. Eine Reihe gemeinsamer Publikationen sind ebenso ein Resultat der Zusammenarbeit zwischen TU- und FZDWissenschaftlern. Zudem sind gemeinsame Projekte zur Weiterentwicklung der Technologie geplant. Die Ionenquellen dienen aber auch der studentischen Ausbildung. Dabei sind bereits mehrere Diplomarbeiten sowie Dissertationen unter der Betreuung von Dr. Zschornack entstanden.

Geschäftsführer internationaler Firmen und international renommierte Wissenschaftler gehen im Büro von Günter Zschornack am FZD ein und aus. So bestehen auch Kontakte zur Medizinsparte der Siemens AG. Als besonders zukunftsträchtig schätzt er das Potenzial der Ionenquellen für die medizinische Strahlentherapie ein. Die Entwicklungen bei DREEBIT laufen dabei in mehrere Richtungen, ein Projekt ist hier eine "völlig neue Art" eines Ionenbeschleunigers, soviel könne er schon sagen. Bislang sind für die moderne Partikeltherapie bei Krebs sehr große Geräte notwendig. An die dabei eingesetzten Ionenstrahlen werden sehr hohe Anforderungen, z.B. hinsichtlich der Reinheit, gestellt. Günter Zschornack ist überzeugt, dass die Dresdner Technologie diese Anforderungen voll und ganz erfüllt.


_KONTAKT

FZD und TU Dresden 
www.dreebit.com