Innovationslabor "Mehrphasenströmungssensorik"
Ein Vorhaben der Förderinitiative ForMaT - Forschung für den Markt im Team
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung(BMBF)
Projektbeschreibung
Mehrphasenströmungen bestimmen im entscheidenden Maße die Effizienz und die Sicherheit von Prozessen in der Chemieindustrie, der Petrolindustrie, der Kraftwerkstechnik und in vielen anderen Industriebereichen. Design, Optimierung, Regelung, Steuerung und Überwachung industrieller Prozesse und Anlagen erfordern Sensoren und Messverfahren, die mehrphasentauglich, aber gleichzeitig robust und preiswert sind. Derzeit ist das Angebot an kommerzieller Messtechnik zur Analyse von Strömungsformen, Gemischzusammensetzung, Temperaturverteilungen und lokalen Stoffkonzentrationen in mehrphasigen Prozessen relativ gering. Zur sicheren Unterscheidung der Stoffphasen und zur Bestimmung ihrer physikalischen und chemischen Parameter muss ein Sensor im Allgemeinen über ein sehr gutes räumliches und zeitliches Auflösungsvermögen verfügen. Bestens geeignet sind bildgebende Messverfahren, die aber immer auch gleichzeitig durch hohe Komplexität gekennzeichnet sind. Viele industrielle Prozesse werden deshalb noch heute aus Mangel an geeigneter Prozesssensorik auf der Basis langjähriger Erfahrungswerte des Anlagenpersonals gefahren. Daraus resultieren Schwankungen in der Produktivität und der Qualität der Produkte, ein höherer Energieverbrauch sowie ggf. Sicherheitsrisiken für die betreffenden Anlagen. Die Notwendigkeit der messtechnischen Erfassung und Bewertung von Mehrphasenströmungen steht aus diesem Grund auf der Agenda des Verbandes für Automatisierungs- und Verfahrenstechnik und der größten Unternehmen der Chemiebranche an vorderster Stelle.
In der jüngeren Vergangenheit wurde durch die Wissenschaftler des FZD bzw. HZDR ein umfangreiches Portfolio neuartiger Sensoren für Mehrphasenströmungen, vorrangig auf Basis bildgebender Messprinzipien, entwickelt und eine umfassende Expertise zur Mehrphasensensorik vom Sensorprinzip über die Auswertesoftware bis hin zum industriellen Einsatz aufgebaut. Neben einer sehr guten Forschungsinfrastruktur am HZDR sind die Verfügbarkeit und gezielte Qualifizierung wissenschaftlich-technischen Personals, die intensive Nachwuchsförderung, stabile Kooperationsbeziehungen mit Partnern der Industrie und Forschung, der Betrieb eigener Großversuchsanlagen, in denen die entwickelten Sensoren zum Einsatz kommen, sowie eine umfassende und langjährige Schutzrechtssicherung Voraussetzungen für die erfolgreiche Generierung eines beträchtlichen Know-Hows auf diesem Gebiet.
In der ersten Screening-Phase entwickelte das Konzeptteam sechs Monate lang ein Innovations-Portfolio an Mehrphasenmesstechnik mit verwertungsrelevanten Forschungsansätzen und hohem Potenzial für die Überführung in die praktische Nutzung.
1. ForMaT - Projekt 2008/2009.
Die Ergebnisse der Screening-Phase wurden von einer Experten-Jury positiv evaluiert. Seit März 2010 hat das Innovationslabor "Mehrphasenströmungssensorik" am FZD seine Arbeit aufgenommen.
Die Ziele
Das Innovationslabor im Rahmen der Phase 2 des ForMaT-Vorhabens hat nun das Ziel, durch koordinierte Forschung und Entwicklung neue Prozesssensoren zu entwickeln und bestehende Sensorkonzepte so anzupassen, dass sie besser als bisher für industrielle Anwendungen nutzbar sind. Im Fokus stehen dabei solche innovativen bildgebenden Sensoren und Messverfahren, die für die industrielle Anwendung besonders wichtig sind. Neben Sensorkonzepten für spezielle industrielle Messaufgaben wie Füllstand, Mehrphasendurchfluss und Temperaturverteilung sollen Technologien zur Gewährleistung der Prozesstauglichkeit der Sensoren in industrieller Umgebung entwickelt werden.
Die thematischen Schwerpunkte
An der Entwicklung eines kohärenten Methoden- und Technologieportfolios arbeiten drei eigenständige, aber miteinander verflochtene Teams mit folgenden Schwerpunkten:
- Sensortechnologien für extreme Einsatzbedingungen
Oftmals sind reale industrielle Prozesse durch hohen Druck und hohe Temperaturen, starke Temperaturwechselbelastungen sowie aggressive Medien gekennzeichnet und stellen damit besondere Anforderungen an die Robustheit, den Wartungsaufwand und die Standzeiten von industriellen Sensoren.
Ziel des Teams ist die gezielte Weiterentwicklung von bereits vorhandenen Sensorkonzepten (Nadelsonde, Prozessmikroskop) für den Einsatz unter extremen industriellen Bedingungen. Neben einem robusten Design bei gleichzeitig möglichst geringer Sensorgröße (wichtig für Zugänglichkeit sowie geringe mechanische, thermische und elektrische Trägheit) steht die systematische Auswahl und Erprobung spezieller Materialien (Legierungen, Keramik, Kunststoffe), Materialverbindungen (insbesondere Beschichtungen) und Fertigungstechnologien (Fügen, Kleben, Löten, Schweißen) im Vordergrund.
- Neue Messverfahren auf Basis der Gittersensortechnologie
Gittersensoren liefern im Vergleich zu Einzelgrößensensoren ein Vielfaches an Informationen und sind in der Lage, Phasenverteilungen im Strömungsquerschnitt mit hoher Geschwindigkeit durch eine Messung der elektrischer Eigenschaften des strömenden Mediums bildhaft zu erfassen. Ein hoher Anteil der "sensorischen Intelligenz" liegt dabei in der Auswertesoftware.
Ziel des Teams ist die Entwicklung innovativer Verfahren zur zweidimensionalen Messung von Temperatur, Füllstand und Mehrphasendurchfluss auf Basis der Gittersensortechnologie für Anwendungsfelder mit enormem Marktpotenzial, wie beispielsweise Chemiereaktoren, Polymerreaktoren, Offshore-Ölseparatoren und Betankungsanlagen.
- Elektronenstrahl-Prozesstomographie
Die Röntgentomographie ist ein nichtinvasives bildgebendes Messverfahren, das heute ausschließlich im medizinischen Bereich oder zur zerstörungsfreien Prüfung ruhender Objekte mit Bildraten von 20 Bildern pro Sekunde eingesetzt wird. Durch die Entwicklung eines speziellen Elektronenstrahlerkonzeptes konnte die Bildrate auf 10.000 Bilder pro Sekunde erhöht werden und erlaubt so schnelle Aufnahmen von Mehrphasenströmungen. Damit wird der Nachfrage aus der Prozessindustrie und deren F&E-Abteilungen sowie von Universitäten und Forschungsinstituten im Bereich der Grundlagenforschung sowie aus dem Bereich der Inline-Qualitätskontrolle Rechnung getragen.
Ziel des Teams ist nun die zielgerichtete Weiterentwicklung hin zur industriellen Anwendungstauglichkeit. Dazu gehört die Verringerung der technischen Komplexität bei gleichzeitigem Erhalt der Leistungsfähigkeit. Das Gerät muss leicht handhabbar sein, um über F&E-Anwendungen hinaus auch für den industriellen Prozesseinsatz tauglich zu sein.
Die Partner
An der Umsetzung des Projekts ist die Gründungsinitiative Dresden exists beteiligt. Darüber hinaus gibt es eine rege fachliche Zusammenarbeit mit Partnern aus Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Industrie.