Highlights aus der Forschung

Supraleitendes Germanium entdeckt

Supraleiter sind in der Materialforschung ein wichtiges Thema. Sie verlieren ihren elektrischen Widerstand, wenn sie stark abgekühlt werden, und können Strom dann verlustfrei leiten. Wissenschaftlern vom FZD ist es weltweit erstmals gelungen, den Halbleiter Germanium so mit Gallium-Ionen anzureichern, dass er supraleitend wird. Das ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Dr. Viton Heera vom Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung und Dr. Thomas Herrmannsdörfer vom Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden, die ihre Expertise bei der Ionenimplantation einerseits und der Physik der Supraleitung andererseits zusammenbrachten. Beide Wissenschaftler erhielten dafür den Forschungspreis des FZD 2009. Ihre Entdeckung könnte Folgen haben für die Halbleiterindustrie und die bisherige Materialgrundlage, den Halbleiter Silizium, durch supraleitendes Germanium ersetzen.


Publikation
T. Herrmannsdörfer, V. Heera et al., „Superconducting state in a gallium-doped germanium layer at low temperatures”, in: Physical Review Letters 102 / 21, 217003 (2009), doi: 10.1103/PhysRevLett.102.217003

Kontakt
Dr. Herrmannsdörfer, Thomas (Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden)
Dr. Heera, Viton (Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung)

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Halbleiter-Bauelemente bald aus Germanium?

Mit dem Halbleiter Germanium könnte man schnellere elektronische Schaltkreise bauen als mit Silizium. Vorher sind jedoch noch eine Reihe von Problemen zu lösen. Prinzipiell müssen für die Produktion von Transistoren gezielt Fremdatome in den Halbleiter implantiert werden. Das schädigt jedoch das Material, sodass es mit Hilfe einer Wärmebehandlung, die man Ausheilung nennt, wieder repariert werden muss. Bisher konnten noch keine n-Kanal-Transistoren auf Germaniumbasis hergestellt werden, weil sich die eingebrachten Phosphoratome bei der Ausheilung zu stark im Germanium verteilten. FZD-Wissenschaftler konnten das jetzt mit zwei neuartigen Verfahren verhindern und gute elektrische Eigenschaften erzielen: einerseits durch Kurzzeitausheilen mit einer Blitzlampe und andererseits durch Erhitzung des Halbleiters mit anschließender Protonenbestrahlung.


Publikationen
C. Wündisch, M. Posselt et al., „Millisecond flash lamp annealing of shallow implanted layers in Ge“, in: Applied Physics Letters 95, 252107 (2009), doi: 10.1063/1.3276770

H. Bracht et al., „Interstitial-mediated diffusion in germanium under proton irradiation“, in: Physical Review Letters 103, 255501 (2009), doi: 10.1103/PhysRevLett.103.255501

Kontakt
Dr. Posselt, Matthias (Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung)
Wündisch, Clemens (Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung)

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Neuer Blick auf die Natur der Supraleitung

Im Hochfeld-Magnetlabor des FZD stehen höchste Magnetfelder für die Materialforschung zur Verfügung. Die Untersuchungen, die im vergangenen Jahr mit Physikern vom Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Garching durchgeführt wurden, werfen ein völlig neues Licht auf die vorherrschenden Theorien zur Natur der Supraleitung in dotierten Hochtemperatur-Supraleitern. Die Wissenschaftler untersuchten Kuprate - das sind Verbindungen aus Kupfer, Sauerstoff und anderen Elementen -, die schon in dem gut zugänglichen Bereich von rund -150 °C bis -200 °C Strom verlustfrei leiten. Die Proben waren vorher unterschiedlich dotiert, also mit fremden Atomen angereichert worden.

Durch Messungen des Widerstands fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich die Hochtemperatur-Supraleiter im normalleitenden Zustand wie Metalle verhalten - und widerlegten damit eine lange angenommene, entgegengesetzte Vorstellung. Das Hochfeld-Magnetlabor bietet einmalige Möglichkeiten, um die Supraleitung zu unterdrücken und die Proben im normalleitenden Zustand zu untersuchen. Die Übergänge zwischen dem normalleitenden und dem supraleitenden Zustand sind aber immer noch ein Rätsel, das zukünftige Messungen klären sollen. Nur so wird es möglich sein, maßgeschneiderte Hochtemperatur-Supraleiter für den breiten technologischen Einsatz herzustellen.


Publikation
T. Helm1 et al., „Evolution of the Fermi surface of the electron-doped high-temperature superconductor Nd2-xCexCuO4 revealed by Shubnikov-de Haas oscillations“, in: Physical Review Letters 103, 157002 (2009), doi: 10.1103/PhysRevLett.103.157002
1Walther-Meißner-Institut, Bayerische Akademie der Wissenschaften, Garching

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Prof. Dr. Wosnitza, Joachim (Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden)

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Seltenes Xi-Teilchen erstmals nachgewiesen

Weltweit gehen Wissenschaftler an großen Teilchenbeschleunigern den Geheimnissen des Aufbaus der Materie nach und suchen beispielsweise nach Teilchen, die ihnen zu diesem Verständnis noch fehlen. Die aus rund 400 internationalen Wissenschaftlern bestehende HADES-Kollaboration nutzt dazu das unter Beteiligung des FZD aufgebaute Detektorsystem HADES am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Im vergangenen Jahr wurde dort erstmals das doppelt-seltsame Xi-Teilchen nachgewiesen. FZD-Wissenschaftler fanden heraus, dass seine Entstehung stark von den theoretischen Vorhersagen abweicht.

So bilden sich die schweren Xi-Teilchen schon bei vergleichsweise geringen Energien und existieren nur für einen sehr kurzen Augenblick. Bei rund 700 Millionen Teilchenkollisionen zählte der HADES-Detektor insgesamt nur 140 Xi-Teilchen, und doch ist dies um eine ganze Größenordnung mehr als erwartet. Untersuchungen der seltenen, schweren und doppelt-seltsamen Xi-Teilchen - sie bestehen nicht aus den gewöhnlichen Up- und Down-Quarks, die den Großteil der uns bekannten Welt ausmachen, sondern aus zwei Strange-Quarks - können dazu beitragen, frühe Evolutionsphasen der Materie im Urknall und die anschließende Bildung der chemischen Elemente zu verstehen.


Publikation
HADES Collaboration, „Deep subthreshold Xi-production in Ar+KCl reactions at 1.76A GeV“, in: Physical Review Letters 103, 132301 (2009), doi: 10.1103/PhysRevLett.103.132301

Kontakt
Prof. Dr. Kämpfer, Burkhard (Institut für Strahlenphysik)
Dr. Kotte, Roland (Institut für Strahlenphysik)

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Ton hält Neptunium fest

Ton, Granit und Salz - in Deutschland gibt es grundsätzlich mehr mögliche Lagerstätten für hochradioaktiven Abfall als in anderen Ländern. Für alle diese Formationen muss man aber genauestens wissen, wie sicher der Abfall dort eingeschlossen werden kann, insbesondere dann, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Untersuchungen am FZD haben jetzt bestätigt, dass Tongestein das radioaktive Schwermetall Neptunium zurückhält, wenn es sich mit Wasser vermischt. Neptunium fällt im radioaktiven Abfall aus Kernkraftwerken nur in geringen Mengen an, hat aber eine lange Halbwertszeit und ist schwierig zu untersuchen, weshalb zuverlässige Informationen über das Verhalten von Neptunium bislang fehlten. Am FZD wurde eine wässrige Neptuniumlösung über verschiedene Mineraloxidproben, die als Modelle für „echten“ Ton gelten, geleitet und untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Neptunium überwiegend stabile Komplexe an der Oberfläche der Oxide bildet, sodass man davon ausgehen kann, dass es auch in der Umwelt fest an Ton gebunden wird.


Publikation
K. Müller et al., „Sorption of Np(V) onto TiO2, SiO2, and ZnO2: An ATR-FTIR spectroscopic study“, in: Environmental Science & Technology 43 / 20, 7665-7670 (2009), doi: 10.1021/es901256v

Kontakt
Dr. Foerstendorf, Harald (Institut für Radiochemie)
Dr. Katharina Müller (Institut für Radiochemie)

Ein chemischer Meilenstein für die Tumorbehandlung

Die Nutzung von Strahlung bei der externen Strahlentherapie ist eine der drei Säulen in der Krebsbehandlung. Dabei ist es unvermeidbar, dass immer auch gesundes Gewebe mit bestrahlt wird. Deswegen wird an Therapiekonzepten gearbeitet, die das Ziel haben, den Krebs zusätzlich mit Hilfe von Radionukliden von innen heraus zu bestrahlen und dabei gesundes Gewebe so gut wie möglich zu schonen. Dafür braucht man Trägermoleküle, die die Radionuklide zum Tumor transportieren.

Am FZD werden die chemischen Grundlagen für solche neuen Konzepte untersucht. Chemikern ist es im vergangenen Jahr gelungen, Verbindungen aus Biomolekülen wie Proteinen, Peptiden oder Nukleinsäurebausteinen und Radionukliden (Yttrium-90, Luthetium-177) herzustellen, ohne dass die empfindlichen Trägermoleküle dabei verändert bzw. zerstört werden. Die harschen Bedingungen, die Reaktionen mit Radionukliden normalerweise erfordern, wie hohe Temperaturen oder die Anwendung körperfremder Substanzen, würden Biomoleküle eigentlich zerstören. Deshalb stellen die FZD-Forscher zunächst radioaktive Bausteine her und kuppeln diese erst im zweiten Schritt über freie Bindungsstellen mit den Trägermolekülen.


Publikation
J. Schlesinger et al., „Radiosynthesis of new [90Y]-DOTA-based maleimide reagents suitable for the prelabeling of thiol-bearing L-oligonucleotides and peptides“, in: Bioconjugate Chemistry 20, 1340-1348 (2009), doi: 10.1021/bc900095k

Kontakt
Dr. Pietzsch, Hans-Jürgen (Institut für Radiopharmazie)

Die absolute Instabilität

Die Magnetorotations-Instabilität, kurz MRI, erklärt, wie Sterne und Schwarze Löcher aus den sie umgebenden Akkretionsscheiben gefüttert werden. Dies geschieht, indem Magnetfelder die aus hydrodynamischer Sicht stabile Rotationsströmung in diesen Scheiben destabilisieren. Nachdem dieser Effekt bereits vor 20 Jahren vorhergesagt worden war, gelang es Wissenschaftlern vom FZD und vom Astrophysikalischen Institut Potsdam 2006 erstmals, MRI im Labor nachzustellen. Dabei wurde ein zwischen zwei Kupferzylindern rotierendes Flüssigmetall durch ein schraubenförmig (helikal) angelegtes Magnetfeld destabilisiert.

Das Experiment fand weltweit viel Beachtung, führte aber auch zu einer Debatte über den Charakter dieser sogenannten helikalen MRI und ihren Zusammenhang mit der klassischen MRI im Kosmos, für die man nur ein vertikales Magnetfeld annimmt. Durch geschickte Veränderungen an Deckel und Boden, die das Flüssigmetall begrenzen, konnten die Forscher nun eine noch ausgeprägtere Instabilität erzeugen, die als Welle die gesamte Länge des Kupferzylinders durchwandert. Die absolute Instabilität der beobachteten Welle wurde auch eindeutig durch einen Vergleich mit numerischen Ergebnissen belegt. In einer weiteren Arbeit ist es den Wissenschaftlern gelungen, den kontinuierlichen Übergang von der klassischen zur helikalen MRI theoretisch zu erklären.


Publikationen
F. Stefani et al., „Helical magnetorotational instability in a Taylor-Couette flow with strongly reduced Ekman pumping”, Physical Review E 80, 066303 (2009), doi: 10.1103/PhysRevE.80.066303

O. Kirillov, F. Stefani, „On the relation of helical and standard magnetorotational instability”, The Astrophysical Journal 712, 52-68 (2010), doi: 10.1088/0004-637X/712/1/52

Kontakt
Dr. Stefani, Frank (Institut für Sicherheitsforschung)

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Dreidimensionale Einblicke in schnelle Strömungen

Mit dem weltweit schnellsten Elektronenstrahl-Tomographen ROFEX können am FZD komplexe Strömungsgemische, z. B. aus Wasser und Luft, mit einer hohen zeitlichen und räumlichen Auflösung untersucht werden. Dabei wird ein Elektronenstrahl auf eine Wolfram-Oberfläche fokussiert, sodass Röntgenstrahlung entsteht, die die zu untersuchenden Strömungen durchdringt. Gegenwärtig lässt sich damit nur die zeitliche Veränderung eines Strömungsquerschnitts darstellen. Die Forscher wollen Strömungen aber auch dreidimensional untersuchen und genau wissen, wie groß die Luftblasen in den Strömungen sind und mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegen. Deshalb entwickeln sie die ultraschnelle Elektronenstrahl-Tomographie hin zu einer Zwei-Ebenen-Tomographie weiter.

Das Verfahren wurde im vergangenen Jahr an der Universität Stuttgart erfolgreich getestet. Dort existiert ein Versuchsstand zum Elektronenstrahl-Schweißen, an dem die FZD-Wissenschaftler bereits die prinzipielle Anwendbarkeit der Elektronenstrahl-Tomographie auf die Untersuchung von Strömungsgemischen demonstriert hatten. Bei der Zwei-Ebenen-Tomographie durchdringt der Elektronenstrahl das Untersuchungsobjekt auf zwei Ebenen; dadurch können die Forscher bestimmen, in welcher Zeit sich eine Strömung von der einen Ebene zur anderen bewegt, und damit die Geschwindigkeit der Gasblasen ermitteln. Daraus kann man wiederum das Volumen der Gasblasen in der Strömung errechnen.


Publikationen
M. Bieberle et al., „Experimental two-phase flow measurement using ultra fast limited-angle-type electron beam X-ray computed tomography”, in: Experiments in Fluids 47, 369-378 (2009), doi: 10.1007/s00348-009-0617-6

M. Bieberle et al., „Dual-plane ultrafast limited-angle electron beam x-ray tomography”, Flow Measurement and Instrumentation (2009), doi: 10.1016/j.flowmeasinst.2009.12.001

Kontakt
Bieberle, Martina (Institut für Sicherheitsforschung)