_TITEL . Meilensteine - Forschen für die Welt von morgen

_TEXT . Anja Bartho


Datenbank hilft bei der Endlager-Frage


FZD Journal 05 / März 2010

Die Frage nach einem Endlager für hochradioaktive Stoffe ist in Deutschland noch offen und von vielen Bedingungen abhängig, u.a. wie sicher die infrage kommenden Endlagerstätten sind. Die dafür benötigten Informationen liefert eine neue Datenbank, zu der auch die ehemalige FZD-Doktorandin Katharina Müller beiträgt.

Während schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Forschung, Medizin und Technik, die in Deutschland anfallen, in Zukunft in Schacht Konrad in Salzgitter endgelagert werden sollen, ist die Frage eines Endlagers für stark radioaktive Stoffe, die vor allem aus Kernkraftwerken kommen, noch offen. Nach den hohen Anforderungen des Bundesumweltministeriums kommt dafür nur ein Standort infrage, an dem der nukleare Abfall für eine Million Jahre sicher verwahrt werden kann. Aufgrund seiner Ton-, Granit- und Salzvorkommen hat Deutschland grundsätzlich eine größere Auswahl an denkbaren Endlagerstätten als andere Länder. Dieser geologische Vorteil führt aber auch dazu, dass die Menge an wissenschaftlichen Informationen, die man braucht, um die Sicherheit eines Standortes zuverlässig einschätzen zu können, in Deutschland erheblich größer ist. Eine der wichtigsten Fragen für eine langfristige Prognose ist, was passiert, wenn die abgelagerten Schadstoffe mit Wasser in Berührung kommen. Kann das Wirtsgestein, das das Endlager umgibt, die Stoffe zurückhalten? Zwar sehen die Endlagerkonzepte vor, dass der Abfall durch ein System unterschiedlicher Behälter von der Umwelt abgeschirmt wird, jedoch gehören Störfälle wie das Eindringen von Wasser, über das sich die Schadstoffe in der Natur ausbreiten könnten, zu den gewichtigsten Szenarien, denen eine Endlagerstätte standhalten muss.

 

Zentrale und größte geplante Datenbank

International existieren eine Reihe von Datenbanken, die Informationen darüber liefern, wie sich radioaktive Elemente in der Umwelt verhalten. „Häufig sind die vorhandenen Daten allerdings unvollständig und, was ein noch größeres Problem ist, nicht immer zuverlässig genug“, sagt Vinzenz Brendler, Chemiker am FZD. Seit mehreren Jahren wird deshalb nun bereits an einer neuen Datenbank gearbeitet, die die größte ihrer Art werden soll und zugleich eine zentrale Datensammlung für alle, die sich mit der Endlagerung radioaktiver Stoffe beschäftigen, aber auch mit Gebieten wie der Altlastensanierung oder der Auslegung von Mülldeponien. Die Datenbank wird vom FZD, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, dem Karlsruher Institut für Technologie KIT, der TU Bergakademie Freiberg und dem Schweizer Unternehmen AF-Colenco erstellt. Sie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesamt für Strahlenschutz gefördert.

Dr. Katharina Müller trägt mit ihrer gerade abgeschlossenen Promotion dazu bei, die Datensammlung mit dem Namen THEREDA mit Informationen zu füttern. Sie untersuchte, wie sich das radioaktive Schwermetall Neptunium, das in geringen Mengen im radioaktiven Abfall aus Kernkraftwerken anfällt, an Ton anlagert. Radioaktive Schwermetalle sind aufgrund ihrer schädigenden Wirkung auf den Organismus schwer zu untersuchen. Die Wissenschaftler wissen zwar ungefähr, wie sie sich in der Umwelt verhalten; experimentell gewonnene Daten, die genau nachweisen, wie ein Stoff tatsächlich reagiert, sind jedoch laut Vinzenz Brendler nur spärlich vorhanden. Auch für Neptunium fehlten solche Informationen bislang.

 

Katharina Müller

Dr. Katharina Müller, ehemalige FZD-Doktorandin

 

Promotionsarbeit schließt Datenlücke

Für ihre Messungen hat Katharina Müller ein standardmäßig genutztes spektroskopisches Verfahren auf ihre Untersuchungsbedingungen hin angepasst. Bei ihren Experimenten leitete sie eine wässrige Neptuniumlösung über verschiedene Mineraloxidproben, die als Modelle für „echten“ Ton gelten. Gleichzeitig wird die Probe bei diesem Verfahren mit einem Infrarotstrahl abgetastet. Dadurch erhält man Informationen über die Wechselwirkungen der untersuchten Stoffe. Katharina Müller konnte nachweisen, dass Neptunium überwiegend stabile Komplexe an der Oberfläche der Oxide bildet. „Man kann also davon ausgehen, dass Neptunium auch in der Umwelt von Ton zurückgehalten wird und sich nicht oder nur langsam ausbreitet“, so Müller. Ihre Ergebnisse sind die Grundlage, um in Zukunft nun komplexe Tonminerale untersuchen zu können. Sie sind aber auch deshalb besonders wertvoll, da sie in Echtzeit gemessen wurden. Man kann also annehmen, dass sie die natürlichen Bedingungen sehr genau abbilden. „Diese Daten erfüllen voll und ganz die hohen Qualitätsanforderungen, die wir an die neue Datenbank stellen“, freut sich Vinzenz Brendler.

Jede Information in der Datenbank erhält ein Etikett, mit dem man ihre Herkunft genau zurückverfolgen kann. Außerdem ist die Datenbank öffentlich, sodass jeder darauf zugreifen kann. „Eine hohe Transparenz ist uns besonders wichtig, um zu einer offenen Diskussion über die Wahl eines Endlagers in Deutschland beitragen zu können“, so der Chemiker Brendler. Ab April 2013, schätzt er, soll die Datenbank dann arbeitsfähig sein. „THEREDA soll zwar auch darüber hinaus noch weiter wachsen. Doch die bis dahin eingegebenen Daten werden ausreichend sein, um eine sichere Entscheidung treffen zu können“, sagt Brendler. Bis dahin müssen noch viele Informationen gesammelt werden.

 


_KONTAKT

Institut für Radiochemie im FZD
Dr. Vinzenz Brendler / Dr. Harald Foerstendorf / Dr. Katharina Müller
www.thereda.de