Katastrophale mittelalterliche Erdbeben in Nepal

Pressemitteilung vom 17. Dezember 2015

Nepals zweitgrößte Stadt, Pokhara, ist auf einem Gesteinstrümmerfeld aufgebaut, das durch drei starke Erdbeben im Mittelalter erzeugt wurde. Diese drei Erschütterungen mit Magnituden um die Stärke 8 verursachten um 1100, 1255 und 1344 gewaltige Erdmassenbewegungen. Ein internationales Team von Geoforschern unter Leitung der Universität Potsdam stellte fest, dass katastrophale Ströme von Schlamm und Gestein über eine Strecke von mehr als 60 Kilometern aus dem hohen Annapurna-Massiv zu Tal abgingen.

Christoff Andermann vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam war an dieser Studie beteiligt, die jetzt im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht wurde. „Wir haben die alten Seesedimente aus den aufgestauten Seitentälern beprobt und mit Kohlenstoffisotopen 14C datiert. Damit ließen sich die Ablagerungen genau diesen drei Altersgruppen zuordnen, die mit den erwähnten Starkbeben zusammenpassen“, so Andermann.

Ein gewaltiger Gesteinsbrocken, der oben auf den Sedimentablagerungen liegt, weckte ebenfalls das Interesse der Wissenschaftler. Geoforscher Andermann: „Dieser Brocken hat fast zehn Meter Durchmesser und wiegt rund 300 Tonnen. Wir haben an seiner Oberfläche die Konzentration von Beryllium-Isotopen gemessen, die durch kosmische Strahlung entstehen.“ Die chemische Aufbereitung dieser Probe wurde im Isotopenlabor des GFZ durchgeführt. Am Beschleunigermassenspektrometer DREAMS des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf bestimmten die Forscher anschließend das Verhältnis von den Isotopen 10Be zu 9Be.

Am Ionenstrahlzentrum des HZDR können Forscher auch auf das Beschleunigermassenspektrometer DREAMS zurückgreifen.
Am Ionenstrahlzentrum des HZDR können Forscher auch auf das Beschleunigermassenspektrometer DREAMS zurückgreifen.
Foto: HZDR/O. Killig
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Im Resultat ergab sich, dass sich der Zeitpunkt der Ablagerung des Felsblocks einem weiteren Erdbeben zuordnen ließ, das 1681 stattgefunden hat. Pokhara liegt am Fuß des mehr als 8000 Meter hohen Annapurna-Massivs; ob dieser Geröllbrocken mit einem Sedimentstrom transportiert wurde oder sich durch die Kraft des Bebens einfach umgedreht hat, lässt sich noch nicht mit absoluter Sicherheit feststellen, aber einem Bebenereignis vor rund 330 Jahren lässt er sich zuordnen.

Solche Untersuchungen gehen über das rein wissenschaftliche Interesse an seismischen Ereignissen hinaus. Sie ermöglichen Aussagen über die Mobilisierung von Geröllmassen durch Erdbeben, die Wiederholungshäufigkeit von starken Erdbeben im Himalaja und welche Rolle solche Erdbeben in der Entstehung und Formung von Hochgebirgslandschaften haben. Damit liefert die Arbeit wichtige Erkenntnisse zur Risikoabschätzung in tektonisch aktiven Hochgebirgen.


Publikation:

W. Schwanghart, A. Bernhardt, A. Stolle, P. Hoelzmann, B.R. Adhikari, C. Andermann, S. Tofelde, S. Merchel, G. Rugel, M. Fort, O. Korup: „Repeated catastrophic valley infill following medieval earthquakes in the Nepal Himalaya“, Science (2015), DOI: 10.1126/science.aac9865


Weitere Informationen:
Dr. Christoff Andermann
Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Tel. +49 331 288-288 22 | E-Mail: christoff.andermann@gfz-potsdam.de

Dr. Georg Rugel
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR
Tel. +49 351 260-3296 | E-Mail: g.rugel@hzdr.de

Dr. Silke Merchel
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie am HZDR
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