Deutschlands verborgene Schätze


Dieser Beitrag ist erschienen im HZDR-Magazin "Entdeckt" 2/2017.


Die Energiewende verändert unseren Rohstoffverbrauch nachhaltig. Während sich langfristig der Bedarf an Kohle, Öl und Gas verringert, steigt gleichzeitig die Nachfrage nach metallischen Rohstoffen, um energieeffiziente Wind- und Solaranlagen, Batterie- und Wasserstoffspeicher oder andere Systeme herzustellen. Dazu sind in Deutschland längst nicht alle Potentiale genutzt.

Dieser Text wiegt schwer. Denn er ist auf einem PC geschrieben. Nach Schätzungen des Wuppertal-Instituts und einer UN-Studie sind etwa 19.000 Kilogramm Rohstoffe, einschließlich der zur Energiegewinnung hinzugezogenen Brennstoffe, nötig, um einen einzigen PC herzustellen. Neben rund 1.500 Litern Wasser werden dazu 22 Kilogramm chemischer Stoffe und 240 Kilogramm fossile Energieträger gebraucht. Aber es sind vor allem Edel- und Schwermetalle, die einem Computer sein Rechenvermögen beibringen. Allen voran Kupfer, Zinn, Gold, Tantal und viele andere Metalle aus allen Teilen der Welt. Und weil zu diesem Text auch noch viele Telefonate nötig waren, müssten in seine Rohstoffbilanz auch noch die stationären und mobilen Telefongeräte eingerechnet werden.

Kristallaggregat von Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende und Kalkspat.

Sie sind das Rückgrat der deutschen Industrie: Kupfer und andere Metalle, hier enthalten in einem Kristallaggregat von Kupferkies, Bleiglanz, Zinkblende und Kalkspat.

Foto: HZDR/ Jürgen Jeibmann

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Doch genug der Rechenspiele. Fest steht: Rohstoffe sind in unserem Leben allgegenwärtig und nicht mehr wegzudenken. Denn sie bilden über PCs und Telefone hinaus den Kern nahezu jeglicher Technik und Elektronik. Rohstoffe sind Teil der DNA des technologischen Fortschritts. Sie sind alternativlos – und zumeist nur begrenzt verfügbar. Und genau darin liegt das Dilemma für Industrienationen wie Deutschland. Denn Deutschland hat sich der Energiewende verschrieben und will seinen Energiebedarf zunehmend über Wind- und Solaranlagen abdecken. Ohne Rohstoffe funktionieren die erneuerbaren Quellen nicht. Zwar verringert sich durch ihren Einsatz langfristig der Bedarf an Kohle, Öl und Gas. Gleichzeitig steigt jedoch der Verbrauch an metallischen Rohstoffen. Diese werden zwingend gebraucht, um die Anlagen zur Stromgewinnung aus erneuerbaren Quellen und zur Speicherung der Energie herzustellen.

„Für die neuen Energietechnologien kommen großteils die gleichen Rohstoffe zum Einsatz wie für andere Hightech-Produkte“, erklärt Jens Gutzmer, Direktor am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf. Dazu zählen vor allem Technologiemetalle wie Kupfer, Kobalt, Platingruppen-Metalle, Sondermetalle wie Indium, Tellur, Gallium und Germanium oder Seltene-Erden-Elemente. Diese, so Gutzmer weiter, sind für den Energiesektor genauso essentiell wie für die Automobilindustrie oder für die Elektronik-, Informations- und Kommunikationsbranche: „Da Deutschland so gut wie keine eigene Bergbauproduktion an Metallen hat und zudem die Recyclingraten bei Rohstoffen wie den Seltene-Erden-Elementen oder Indium, Tellur, Gallium und Germanium sehr gering sind, ist Deutschland in hohem Maße auf die Einfuhr von Metallrohstoffen und Zwischenprodukten angewiesen.“

Ein ganzes Bündel an Maßnahmen

Die Politik sieht angesichts dieses Befundes die nachhaltige Sicherung der Rohstoffversorgung als Aufgabe der Wirtschaft. Mit ihrer Rohstoffstrategie schafft die Bundesregierung dafür die erforderlichen Rahmenbedingungen. Innerhalb eines global transparenten und fairen Handels zielt diese mit einem ganzen Maßnahmenbündel darauf ab, den Zugang zu Ressourcen zu verbessern. Dazu zählen die Eröffnung neuer Optionen durch Substitutions- und Materialforschung, die weitere Fokussierung auf rohstoffbezogene Forschungsprogramme, die Herstellung von Transparenz und Good Governance bei der Rohstoffgewinnung sowie die Verzahnung nationaler Maßnahmen mit der europäischen Rohstoffpolitik. Hinzu kommen strukturelle Maßnahmen wie die Einrichtung der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die Gründung des Helmholtz-Instituts in Freiberg oder das Einsetzen des Interministeriellen Ausschusses (IMA) Rohstoffe.

Profitieren soll von deren Kenntnissen und Beratung nicht zuletzt die Industrie, insbesondere auch kleine- und mittlere Unternehmen (KMU). Aus dem Monitoring kritischer Ressourcen werden zudem Informationen über Angebots- und Nachfragetrends für mineralische Rohstoffe bereitgestellt, um potentielle Preis- und Lieferrisiken sowie Fehlentwicklungen auf den Rohstoffmärkten frühzeitig zu erkennen. Alle diese Maßnahmen sind dabei immer mit dem Handeln der Bundesregierung auf europäischer Ebene eng verzahnt.

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