Deutschlands verborgene Schätze - Teil 3

Vergessener Bodenschatz

Es gibt aber auch einige wenige Lagerstätten für Seltene Erden in Deutschland – zum Beispiel im sächsischen Storkwitz. Schon zu Zeiten der DDR waren Geologen auf bestimmte Karbonatite gestoßen, die mit Elementen wie den Leichten Seltenen Erden und Niob, einem sehr gut zu bearbeitenden Schwermetall, das hauptsächlich in der Metallurgie zum Einsatz kommt, angereichert sind. Die Wissenschaftler schätzten damals das Vorkommen auf rund 38.000 Tonnen Seltene Erden und 8.000 Tonnen Niob. Weil aber damals Seltene Erden noch nicht für Smartphones und Katalysatoren benötigt wurden, gerieten die Vorkommen schnell in Vergessenheit.

Rohstofferkundung mit Drohnen

Mithilfe von Drohnen und Hochleistungskameras entwickeln die HIF-Forscher neue Methoden zur umweltverträglichen Erkundung von Rohstoffen.

Foto: HZDR

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„Anders als bei den im Fokus stehenden heimischen Lagerstätten von Kupfer, Lithium oder Zinn macht die Erschließung der Storkwitzer Vorkommen derzeit ökonomisch kaum Sinn“, erläutert Richard Gloaguen. Den Wissenschaftler und sein 20-köpfiges Forscherteam vom HIF beschäftigen Fragen, wie sich die Mineralrohstoff-Exploration zum einen in einem gesellschaftlich akzeptierten Rahmen durchführen lässt und mit welchen nichtinvasiven Methoden es gelingen kann, dabei die Umwelt- und Lärmbelastung zu minimieren.

Um den Bodenschätzen näher zu kommen, gehen die Wissenschaftler in die Luft: „Die Exploration mit Hilfe von Kameras und spezieller Sensorik aus der Vogelperspektive ebnet sozial- und umweltverträgliche Wege“, erklärt Gloaguen. Seine Forscher arbeiten dazu mit verschiedenen Drohnen, die sie je nach Tragfähigkeit mit Hochleistungskameras und Sensoren ausstatten. „Die Drohnen liefern uns die Daten für eine Rohstoffkartierung der Oberfläche und entsprechende Indizien für ein mögliches Rohstoffpotential im Untergrund“, sagt Gloaguen. „Die Ergebnisse dienen uns als Grundlage für unterschiedlichste, ‚sanfte’ bergbauliche Erschließungsmaßnahmen. Wir können damit vor allem den Menschen in den betroffenen Gebieten sehr genau vorhersagen, was die Rohstofferschließung für sie und die Natur bedeutet, welche Methoden dabei zur Anwendung kommen und worauf sich Geologen vor Ort einstellen müssen.“

Forschung in Farbe: die Signatur der Mineralien

Statt zur Exploration mit Baggern, Presslufthämmern und anderem schweren Gerät anzurücken, arbeitet das HIF-Team mit sogenannten passiven Methoden. Die Drohnenkameras und -sensoren erfassen dabei die Rückstrahlung der Sonne von der Erdoberfläche. Weil Mineralien diese jeweils sehr unterschiedlich und in ihrer ganz eigenen Charakteristik spiegeln, gibt das Licht ein perfektes Bild der aufgezeichneten Vorkommen. „Unsere Farbsensoren erfassen weit mehr als Rot, Gelb und Blau in den unterschiedlichsten Nuancen und können auf diese Weise die eigene Signatur des jeweiligen Minerals lesen“, beschreibt Richard Gloaguen das Vorgehen. Eine weitere Methode mit gleichem Ziel ist die Messung des Magnetismus und des elektrischen Widerstands, der eisenreiche Minerale von den sie umgebenden Gesteinen unterscheidet.

Darüber hinaus testen die Explorationsforscher Sensoren auf Basis laserinduzierter Fluoreszenz. Hierbei wird das Material aus der Luft mit einem Laserstrahl beleuchtet und so eine Fluoreszenz des Materials angeregt. Diese hängt jeweils vom Absorptionsspektrum des jeweiligen Rohstoffs sowie von den Eigenschaften des Laserstrahls ab und liefert damit sehr genau Aufschluss über das erfasste Material. „Möglich macht dies eine hochleistungsfähige Datenverarbeitung, die dazu bereits die Möglichkeiten des Machine-Learning und der Künstlichen Intelligenz ausschöpft“, sagt Richard Gloaguen. „Wir wollen damit die Arbeit der Geologen unterstützen und ihnen dreidimensionale Abbilder der explorierten Gegenden liefern. Gemeinsam mit ihnen und in enger Verbindung mit Soziologen können wir so Szenarien für eine sozial- und umweltverträgliche Rohstoffgewinnung entwickeln.“

Daran ist die Bergbau-Community auch international sehr interessiert. Gerade wies die Europäische Union der Erkundungsabteilung von Richard Gloaguen eine zentrale Rolle bei der Koordination des jüngst gestarteten EU-Projekts INFACT (Innovative Non-Invasive Fully Acceptable Exploration Technologies) zu. Die Aufgabe ist anspruchsvoll: In den nächsten drei Jahren sollen die Projektpartner die Potentiale einer gleichermaßen hocheffizienten wie „sanften“ Exploration erkunden und mit konkreten Daten und Erfahrungen unterfüttern. Damit auch künftig noch ausreichend Rohstoffe verfügbar sind: für neue Wege in Industrie- und Energiewirtschaft, für Wohlstand und nachhaltige Lebenswertigkeit. Und nicht zuletzt für all die PCs, auf denen mit Hilfe von nachhaltigem Rohstoffeinsatz auch künftig Beiträge über Forschung und Entwicklung verfasst werden können. Sie müssen nicht schwer sein. Aber es wäre gut, wenn das, wovon sie erzählen, Gewicht hätte.


Autor: Marcus Schick


Publikationen:

M. Frenzel, J. Kullik, M.A. Reuter, J. Gutzmer: Raw material ‘criticality‘ – sense or nonsense?, Journal of Physics: D, Applied Physics, 2017 (DOI: 10.1088/1361-6463/aa5b64)

G. Angerer, P. Buchholz, J. Gutzmer, C. Hagelüken, P. Herzig, R. Littke, R.K. Thauer, F.-W. Wellmer: Rohstoffe für die Energieversorgung der Zukunft: Geologie, Märkte, Umwelteinflüsse, Schriftenreihe Energiesysteme der Zukunft, 2016.

Rohstoffe für die Energiewende. Wege zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung. acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, Berlin 2017.

S. Jakob, R. Zimmermann, R. Gloaguen: The need for accurate geometric and radiometric corrections of drone-borne hyperspectral data for mineral exploration: MEPHySTo – A toolbox for pre-processing drone-borne hyperspectral data, Remote Sensing, 2017 (DOI: 10.3390/rs9010088)

R. Zimmermann, M. Brandmeier, L. Andreani, K. Mhopjeni, R. Gloaguen: Remote sensing exploration of Nb-Ta-LREE-enriched carbonatite (Epembe/Namibia), Remote Sensing, 2017 (DOI: 10.3390/rs8080620)


Kontakt:

Prof. Jens Gutzmer

Dr. Richard Gloaguen