Promotionsarbeiten
Verbesserte Vorhersage der Reaktionskinetik zwischen Flüssigkeit und Feststoff mit Hilfe mehrerer numerischer Ansätze
Eu-Atome (grün) an einer Ätzgrubenoberfläche auf der
Basisfläche von Muskovit (kMC-Simulation)
Jonas Schabernack
PD Dr. Cornelius Fischer (HZDR)
Reaktiver Transport
02/2020–01/2023
Jüngste numerische Untersuchungen haben gezeigt, dass die in zahlreichen Experimenten beobachtete Heterogenität der Auflösungsrate nicht durch Flüssigkeitstransporteffekte erklärt werden kann. Diese Heterogenität wird auf die intrinsische Oberflächenreaktivität zurückgeführt. Daher erfordern reaktive Transportmodelle (RTM) eine Parametrisierung der Oberflächenreaktivität für genaue Vorhersagen. Zu diesem Zweck wurde kürzlich eine nanotopographische Parametrisierung auf der Grundlage der Oberflächenneigung vorgeschlagen. In dieser Studie nutzen und verbessern wir diese Parametrisierung für RTMs von porenskaligen Systemen, von der Kristalloberfläche bis zur Einkristallgeometrie, und gehen damit über die bisherige Reaktivitätsparametrisierung hinaus. 2D- und 3D-RTMs wurden mit COMSOL Multiphysics für Calcit-Systeme auf der Grundlage experimenteller Messungen entwickelt. Wir verglichen die Ergebnisse zwischen klassisch parametrisierten RTMs, RTMs mit neuer Steigungsparametrisierung und experimentellen Daten. Die Auswirkung der Strömung auf die Auflösung unter Bedingungen, die weit vom Gleichgewicht entfernt sind, wird als vernachlässigbar eingestuft, was die Bedeutung der Oberflächenreaktivität bei der Auflösungsreaktion unterstreicht. Zum ersten Mal war der neue Steigungsfaktor in der Lage, die experimentellen Ergebnisse auf einer Kristalloberfläche mit großem Sichtfeld, großer Höhenvariabilität der Topographie und über einen langen Reaktionszeitraum genau zu reproduzieren. Die neue Parametrisierung hatte eine stark verbesserte Empfindlichkeit für mittlere Reaktivitätsbereiche im Vergleich zur vorherigen Parametrisierung. Anhand eines 3D-Modells wird die allgemeine Anwendbarkeit der Parametrisierung für die Verwendung in realistischen geometrischen Datensätzen dargestellt. So zeigen wir auch, dass die Vernachlässigung der Oberflächenreaktivität in einem RTM zu falschen Vorhersagen bezüglich der Porosität, Porengeometrie und Oberflächentopographie des Systems führt. Unser neuer Neigungsfaktor kann erfolgreich als Näherungswert erster Ordnung für die Verteilung der Oberflächenreaktivität in 3D-Gesteinssystemen mit Porenskala dienen. Die Beschreibung der Oberflächenreaktivität ist für eine genaue Langzeitmodellierung natürlicher Gesteinssysteme von entscheidender Bedeutung. Für Details siehe: https://doi.org/10.1016/j.gca.2022.08.003.
In geologischen Tiefenlagern für nukleare Abfälle dient die umgebende Gesteinsformation als wichtige Barriere gegen die Migration von Radionukliden. Mehrere potenzielle Wirtsgesteine enthalten Schichtsilikate, die eine hohe Effizienz bei der Sorption von Radionukliden gezeigt haben. Jüngste experimentelle Studien berichten von einer heterogenen Verteilung der adsorbierten Radionuklide auf nanotopographischen Mineraloberflächen. In dieser Studie werden die energetischen Unterschiede von Oberflächen-Sorptionsstellen an nanotopografischen Strukturen wie Stufen, Gruben und Terrassen untersucht. Es wurden elf wichtige Oberflächenstellen ausgewählt und die Energien der Ad- und Desorptionsreaktionen anhand von Dichtefunktionaltheorieberechnungen ermittelt. Die Adsorptionsenergien werden dann für die Parametrisierung eines kinetischen Monte-Carlo-Modells verwendet, das die Verteilung von adsorbiertem Europium auf einer typischen nanotopografischen Muskovit-Oberfläche simuliert. Auf Muskovit sind Silizium-Stufenplätze günstig für die Sorption von Europium und führen zu einer erhöhten Adsorption in Regionen mit hohen Stufenkonzentrationen. Unter identischen chemischen Bedingungen ist die Sorption auf typischen nanotopografischen Oberflächen im Vergleich zu atomar flachen Oberflächen um den Faktor drei erhöht. Die Desorption erfolgt bevorzugt an Terrassenstellen, was zu einer insgesamt 2,5-fach erhöhten Retention an nanotopografischen Strukturen führt. Diese Studie liefert eine mechanistische Erklärung für die heterogene Sorption auf nanotopografischen Mineraloberflächen aufgrund der Verfügbarkeit von energetisch günstigen Sorptionsstellen. Für Details siehe: https://doi.org/10.1002/adts.202300406.