INSIDER-Newsletter | Ausgabe 01, Mai 2021

Hüter der seriösen Wissenschaftspraxis: Die Ombudsperson am HZDR

Wissenschaftliche Integrität ist unverzichtbar, um gesellschaftliches Vertrauen in die Forschung herzustellen und zu stärken. Doch selbst wenn alle Forscher*innen redlich denken und handeln, kann es zu Unklarheiten kommen: Wer darf Zugriff auf welche Forschungsdaten haben? Ist eine Autorenschaft in meiner Studie gerechtfertigt? Sind die Verantwortlichkeiten im Forschungsprojekt richtig definiert? Mit diesen und ähnlichen Fragen setzt sich am HZDR Dr. Harald Foerstendorf auseinander. Er bekleidet das Amt der Ombudsperson, eine unabhängige Instanz, die Wissenschaftler*innen bei der Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis (GWP) unterstützt. Foerstendorf berät in Zweifelsfällen, vermittelt zwischen uneinigen Parteien und nimmt Hinweise auf mögliches Fehlverhalten entgegen.

Dr. Harald Foerstendorf ©Copyright: André Wirsig

Dr. Harald Foerstendorf, Ombudsperson am HZDR

Foto: André Wirsig

„Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an unserem Forschungszentrum in Fragen der wissenschaftlichen Praxis unsicher sind, können sie mich jederzeit vertraulich ansprechen und um Rat fragen“, beschreibt Harald Foerstendorf seine Aufgabe als Ombudsperson. Irrtümlicherweise werde manchmal angenommen, dass er auch über wissenschaftliches Fehlverhalten entscheidet – dem ist aber nicht so. Tatsächlich bilden Beratung und Vermittlung das Kerngeschäft der Ombudsperson. In manchen Angelegenheiten genügt es, wenn Foerstendorf einfach nur zuhört. In anderen muss er hingegen handfeste Konflikte schlichten. „Wenn es dann persönlich wird, empfehle ich den Teilnehmenden, lieber zum Betriebsrat zu gehen“, sagt der Chemiker, der am Institut für Ressourcenökologie des HZDR forscht, und lacht. „Aber grundsätzlich herrscht am HZDR eine angenehme, kooperative Gesprächskultur und auch Parteien mit unterschiedlichen Meinungen sind daran interessiert, eine gemeinsame Lösung zu finden.“

Überarbeitete GWP-Regelung tritt in Kraft

Schon seit 2011 hat Harald Foerstendorf die Position der Ombudsperson inne. In all den Jahren lag ihm nicht einmal ein Verdachtsfall vor, den er zur Prüfung an den wissenschaftlichen Vorstand hätte weiterleiten müssen. „Glücklicherweise konnte bisher alles auf der untersten Ebene geregelt werden“, berichtet Foerstendorf. Aber was passiert, wenn tatsächlich ein begründeter Verdacht vorliegt? In diesem Fall greift am HZDR in Zukunft ein neuer Verfahrensleitfaden: Demzufolge wird die Anzeige zunächst dem wissenschaftlichen Vorstand vorgelegt. Er entscheidet, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Die nächste Stufe ist ein Untersuchungsausschuss, bestehend aus internen und externen Teilnehmenden, der nicht-öffentlich über den Fall berät. Sollte der Ausschuss feststellen, dass wissenschaftliches Fehlverhalten zweifelsfrei vorliegt, können am Ende des Verfahrens Sanktionen ausgesprochen werden – von der schriftlichen Ermahnung über das Zurückziehen von Veröffentlichungen bis hin zur außerordentlichen Kündigung.

Damit es nicht soweit kommt, ist am HZDR genaustens festgelegt, was zur seriösen Wissenschaftspraxis dazugehört – und zwar in der Regelung B110 zur „Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“. Darin finden sich beispielsweise Vorgaben zur Qualitätssicherung, zum Thema Autorenschaft und zur Speicherung wissenschaftlicher Primärdaten. Aktuell setzt das HZDR eine Überarbeitung dieser bestehenden Regelung um, die demnächst in Kraft treten und intern veröffentlicht werden soll. Hintergrund ist ein neuer Kodex der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der von allen Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen in Deutschland umgesetzt werden muss. Mit der neuen Version soll ein stärkerer Fokus auf die Bedeutung wissenschaftlicher Strukturen für die Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis gelegt werden.

Kandidat*innen gesucht! – Wahl der Ombudsperson am 9. Juni

Für Harald Foerstendorf sind diese Änderungen ein Schritt in die richtige Richtung, wenngleich er den Staffelstab der Ombudsperson nach vielen Jahren im Amt weitergeben möchte. Für seine Nachfolge sucht er noch Kandidat*innen – und das schnell, denn die Wahlen für die nächste Amtszeit finden bereits am 9. Juni statt. Erstmals sollen zwei Personen das Amt bekleiden, schließlich wächst mit der neuen GWP-Regelung auch das Aufgabenfeld. „Ich kann allen Interessierten, die die Voraussetzungen erfüllen, nur empfehlen, sich zu bewerben“, sagt Foerstendorf. „Die Arbeit macht Spaß, weil man Kolleginnen und Kollegen in schwierigen Situationen weiterhelfen kann und ganz nebenbei mehr über die Spezies des Wissenschaftlers bzw. der Wissenschaftlerin erfährt.“


Kontakt:

Dr. Harald Foerstendorf
Ombudsperson
Tel.: +49 351 260 3664 | E-Mail: h.foerstendorf@hzdr.de