Kernreaktionsanalyse & quantitative Wasserstoffanalytik


Methode

Kernreaktionen können auftreten, wenn die Geschwindigkeit eines einfallenden Ions hoch genug ist um in den Kern eines Probenatoms einzudringen. Der Nachweis der Reaktionsteilchen oder der emittierten γ-Strahlung kann zur Analyse verwendet werden, und diese Methode wird als Kernreaktionsanalyse (Nuclear Reaction Analysis, NRA) bezeichnet.

Bei der Reaktion kann ein Energieüberschuss entstehen, wenn die Gesamtmasse der Reaktionsprodukte (M1 + M2) geringer ist als die Gesamtmasse der ursprünglichen Kerne (Mp + Mi). Die Energiedifferenz wird als Q-Wert einer Reaktion bezeichnet, und ein positiver Q-Wert bedeutet einen Energieüberschuss.

Foto: Schema Kernreaktion ©Copyright: Dr. Frans Munnik

Schematische Darstellung einer Kernreaktion

Tabelle mit einigen nützlichen Reaktionen, dem Q-Wert der Reaktion und der Energie des austretenden Teilchens (p oder α) für eine typische Ionenstrahlenergie von 1,2 MeV.
Element Reaktion Q
(MeV)
Eout
(MeV)
6Li 6Li(p,α)3He 4.02 1.36
  6Li(d,α)4He 22.37 9.21
7Li 7Li(p,α)4He 17.35 7.66
12C 12C(d,p)13C 2.719 2.95
16O 16O(d,p0)17O 1.919 2.36
  16O(d,p1)17O 1.048 1.58
  16O(d,α0)14N 3.116 2.61
  16O(d,α1)14N 0.804 0.97

Wasserstoffanalytik

Gamma-Resonance ©Copyright: Dr. Grambole, Dieter

Resonanz für die Erzeugung von γ-Strahlen aus der Reaktion mit H in einer Si-Matrix mit dem 15N-Strahl

Eine für den Nachweis von Wasserstoff sehr nützliche Kernreaktion ist

15N + 1H → 12C + 4He + γ (4.43 MeV)

Diese Reaktion hat eine scharfe Resonanz bei der 15N-Energie von 6,385 MeV, und die Methode wird daher Resonante Kernreaktionsanalyse (RNRA) genannt. Wegen der engen Resonanz in den Querschnitten kann die Tiefe im Material, in dem die Reaktion stattfindet, durch Erhöhung der Einfallsenergie vergrößert werden. Durch stetige Erhöhung der Energie kann ein Tiefenprofil der Wasserstoffkonzentration mit einer Tiefenauflösung von weniger als 10 nm nahe der Oberfläche ermittelt werden.

Vorteile

  • Quantitative Bestimmung von Wasserstoffkonzentrationen ohne Notwendigkeit von (matrixangepassten) Standards
  • Hohe Tiefenauflösung von mehreren nm (streifender Einfallswinkel) an der Oberfläche
  • Große Analysentiefe, je nach Dichte bis zu 5 µm
  • Hohe Empfindlichkeit

Einschränkungen

  • Wasserstoffverluste während der Messung können auftreten, können aber auch überwacht und korrigiert werden
  • Messungen im Vakuum

Wasserstoffanalytik Messplatz am HZDR

Dieser RNRA-Aufbau ist an den 6MV-Tandetron-Beschleuniger des Ionenstrahlzentrums angeschlossen, und es wird ein 15N-Ionenstrahl im Energiebereich von 6,385 - 12 MeV benutzt. Die Gammastrahlen werden mit einem großen und effizienten Detektor aus Bismut-Germanium-Oxid (BGO) gemessen.

Foto: Hydrogen-NRA setup at the 6 MV ©Copyright: Dr. Frans Munnik

Wasserstoff-NRA Messplatz am 6MV Beschleuniger

Eigenschaften der Anlage

  • Einfallender Ionenstrahl: 15N2+
  • Energie: 6.3 - 12 MeV
  • Ionenstrom: 10 - 50 nA
  • Strahlfleckgröße: 1 - 100 mm2
  • Nachweisgrenze: 0.05 atom %
  • Analysentiefe: bis 5 µm (je nach Material)
  • Tiefenauflösung: etwa 8 nm (Si), 1 nm (bei streifender Einfallswinkel)
  • Gemessene Größe: Ausbeute der 4,43 MeV γ-Strahlen
  • Detektor: 4" x 4 " BGO

Probenanforderungen

  • Probengröße: mindestens 5x5 mm², höchstens 25 mm, optimal 10-15 mm
  • Probendicke: max. 7-8 mm, optimal ≤ 1 mm (Gesamtdicke für die Montage)
  • Geringe Rauheit (im nm-Bereich)

Anwendungen

  • Oberflächenpassivierung von kristallinem Silizium durch eine dicke PECVD-Al2O3 Schicht für die Photovoltaik

Ziel: Die elektrische Passivierung von kristallinen Siliziumoberflächen kann durch eine Schicht aus Aluminiumoxid (Al2O3) erreicht werden. Für die Photovoltaik-Industrie muss eine solche Schicht mit einer Technik mit hohem Durchsatz und geringen Kosten abgeschieden werden. In dieser Studie wurde die plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung (PECVD) zur Abscheidung der Schicht verwendet. Da Wasserstoff eine wichtige Rolle bei der Passivierung spielt, wurde die Resonanz-NRA verwendet, um die H-Konzentration als Funktion der Tiefe zu bestimmen.

Verfahren: Eine Al2O3-Schicht von 20 bis 50 nm wurde durch PECVD abgeschieden und bei 450°C getempert. Die Stabilität der Schicht wurde durch einen kurzen Hochtemperaturprozess (Brennen) getestet. Der Einfluss der Zugabe von zwei Arten von Deckschichten (hydriertes SiNx und nichthydriertes SiOx) auf die Passivierung des Siliziums und die Stabilität der Schichten wurde ebenfalls untersucht. Die H-Tiefenprofile wurden mit RNRA gemessen.

Foto: RNRA: H-Konzentrationsprofil in einer Al2O3-Schicht und einer Deckschicht ©Copyright: Dr. Frans Munnik

H-Konzentrationsprofil in einem Schichtstapel aus einer Al2O3 Schicht auf kristallinem Si ohne (oben) und mit einer Deckschicht aus SiNx (mitte) und aus SiOx (unten).

Beachten Sie die hohe Tiefenauflösung von RNRA (viele Punkte über einen Bereich von 120 nm).

Schlussfolgerung: Die Wasserstoffkonzentration an der Al2O3 / c-Si Grenzfläche ist bei den Proben mit und ohne Deckschicht ähnlich und nach dem Tempern etwas niedriger, was zu der Schlussfolgerung führt, dass die Al2O3-Schicht an sich genug Wasserstoff zur Passivierung der Grenzfläche liefert.

P. Saint-Cast, D. Kania, R. Heller, S. Kuehnhold, M. Hofmann, J. Rentsch, R. Preu
High-temperature stability of c-Si surface passivation by thick PECVD Al2O3 with and without hydrogenated capping layers
Applied Surface Science 258 (2012) 8371–8376


  • Wasserstoffanreicherung in Wolfram für die Fusionsforschung

Ziel: Wolfram ist ein Hauptkandidat für zur Plasma orientierte Materialien in Fusionsreaktoren. Allerdings hat grobkörniges Wolfram (CGW) eine hohe Kapazität für die Speicherung von leichten Elementen, die sogar zu Blasenbildung und Abblätterung führen kann. In dieser Studie wurde der Einfluss von Korngrenzen auf die H-Akkumulation bei nanostrukturierten Wolframproben (NW) im Vergleich zu CGW untersucht.

Verfahren: CGW- und NW-Proben wurden mit H, mit C und dann mit H nacheinander, mit C und H gleichzeitig und mit C und H nacheinander bei einer Temperatur von 673 K implantiert. Die Implantationsenergien betrugen 170 keV und 665 keV für H bzw. C. RNRA wurde zur Bestimmung der Tiefenprofile der H-Konzentration verwendet.

Foto: RNRA: H Tiefenprofilen in Wolfram ©Copyright: Dr. Frans Munnik

H-Tiefenprofile in Wolfram, links in NW (nanostrukturiert), rechts in CGW (grobkörnig); schwarz: nur H implantiert, rot: C und H nacheinander implantiert, grün: C und H gleichzeitig implantiert und blau: C und H nacheinander implantiert bei 673 K. Die gestrichelte Linie kennzeichnet den H-Ionen-Bereich gemäß SRIM.

Die RNRA-Ergebnisse belegen, dass

  1. H-Speicherung in NW-Proben größer ist als in CGW,
  2. synergistische Effekte der Implantation einen großen Einfluss auf die H-Speicherung in CGW-Proben haben, aber nicht in NW-Proben, und
  3. keine der untersuchten Proben eine H-Speicherung aufweist wenn die Wasserstoffimplantation bei 673 K durchgeführt wird.

R. Gonzalez-Arrabal, M. Panizo-Laiz, N. Gordillo, E. Tejado, F. Munnik, A. Rivera, J.M. Perlado
Hydrogen accumulation in nanostructured as compared to the coarse-grained tungsten
Journal of Nuclear Materials 453 (2014) 287–295