Soziale Medien

Twitter-Logo  Mastodon-Logo  LinkedIn-Logo

Aktuelle Veranstaltungen

Initiativen & Kooperationen

Vorschau-Bild

Pressemitteilung vom 23. Februar 2023

Es werde (kontrolliert) Licht

HZDR-Team erzeugt Einzelphotonen-Emitter genau dort, wo sie gebraucht werden

Quantenrechner könnten schon in naher Zukunft unser Verhältnis zu Computern revolutionieren, etwa mit neuen Ansätzen für die Datenbanksuche, bei KI-Systemen, Simulationen und mehr. Um solche neuartigen Anwendungen der Quantentechnologie zu ermöglichen, werden jedoch integrierte Schaltkreise benötigt, die photonische Quantenzustände – die sogenannten Qubits – effektiv steuern können. Physiker des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der TU Dresden und des Leibniz-Instituts für Kristallzüchtung (IKZ) ist dabei nun ein Durchbruch gelungen: Sie haben erstmals die kontrollierte Erzeugung von Einzelphotonen-Emittern in Silizium auf der Nanoskala nachgewiesen, wie sie in Nature Communications (DOI: 10.1038/s41467-022-35051-5) berichten.

Foto: Kontrollierte Erzeugung von Einzelphotonen-Emittern. ©Copyright: M. Hollenbach, B. Schröder/HZDR

Kontrollierte Erzeugung von Einzelphotonen-Emittern in Silizium (rot) mittels Breitstrahlimplantation von Ionen (blau) durch eine lithografisch definierte Maske (links) sowie durch einen gerasterten fokussierten Ionenstrahl (rechts). Symbolisch dargestellt: die Abgabe zweier Einzelphotonen an dafür durch den Prozess festgelegten Stellen. Im Hintergrund: Ein Elektronenstrahl erzeugt Löcher in der lithografischen Maske aus Acrylat.

Bild: M. Hollenbach, B. Schröder/HZDR

Download

Photonische integrierte Schaltkreise, im Englischen kurz PICs, machen sich die als Photonen bekannten Lichtteilchen zunutze – im Gegensatz zu den Elektronen, die in herkömmlichen elektronischen Schaltkreisen für die Informationsübertragung sorgen. Der Hauptunterschied zwischen den beiden: Ein Schaltkreis mit integrierter Optik verarbeitet Signale mit Wellenlängen typischerweise im nahen Infrarotspektrum. „Diese PICs mit vielen integrierten photonischen Komponenten sind in der Lage, Licht auf einem einzigen Chip zu erzeugen, zu leiten, zu verarbeiten und zu detektieren“, sagt Dr. Georgy Astakhov, Leiter der Abteilung Quantentechnologien am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des HZDR. „Diese Technologie wird eine Schlüsselrolle in der Zukunft spielen, beispielsweise beim Quantencomputing. Und die PICs werden den Weg weisen.“

Früher waren Experimente in der Quantenphotonik notorisch für den massiven Einsatz großer Mengen von optischem Glas, die über den Experimentiertisch verteilt waren und viel Platz im Labor beanspruchten. Jetzt verändern photonische Chips diese Landschaft radikal. Ihr Potential zur Miniaturisierung und ihre Stabilität im Betrieb empfehlen sie zudem für die Massenproduktion – sie könnten zum Arbeitspferd der modernen Quantenphotonik werden.

Vom Zufalls- in den Kontrollmodus

Die kontrollierte kompakte Integration von Einzelphotonen-Quellen würde einen ressourceneffizienten Weg zum Einbau von Millionen von photonischen Qubits in PICs eröffnen. Um die dafür notwendigen Quantenalgorithmen auszuführen, müssen diese Photonen voneinander ununterscheidbar sein. Das würde die industrielle Produktion von photonischen Quantenprozessoren ermöglichen. Doch die derzeitig etablierte Herstellungsmethode steht der Kompatibilität dieses vielversprechenden Konzepts mit der heutigen Halbleitertechnologie im Wege.

In einem ersten Versuch, über den sie vor etwa zwei Jahren berichteten, konnten die Forscher bereits einzelne Photonen auf einem Siliziumwafer erzeugen, allerdings nur auf zufällige und nicht skalierbare Weise. Seitdem sind sie weit vorangekommen. „Jetzt zeigen wir, wie wir mit fokussierten Ionenstrahlen aus Flüssigmetall-Legierungs-Ionenquellen Einzelphotonen-Emitter an gewünschten Positionen auf dem Wafer platzieren und dabei einen hohen Ertrag sowie eine hohe spektrale Qualität erzielen“, beschreibt Physiker Dr. Nico Klingner die Idee hinter der Arbeit des Teams.

Darüber hinaus unterzogen die Wissenschaftler am HZDR die gleichen Einzelphotonen-Emitter einem rigorosen Materialtestprogramm: Nach mehreren Abkühl- und Aufwärmzyklen konnten sie keine Verschlechterung der optischen Eigenschaften feststellen. Mit diesen Ergebnissen sind die Voraussetzungen für eine spätere Massenproduktion gegeben.

Das Team konnte die Herstellung von Einzelphotonen-Emittern auf den Wafer-Maßstab übertragen, indem es die Ionen in handelsüblichen Implantern großflächig durch eine lithografisch definierte Maske einbringt. Die Methode ist nun mit der etablierten Halbleiterfertigung kompatibel. „Diese Arbeit ermöglichte es uns, die Vorteile des hochmodernen Reinraums für die Siliziumverarbeitung und der Elektronenstrahl-Lithographiemaschinen in der Nanofabrikationsanlage Rossendorf zu nutzen“, erklärt Dr. Ciarán Fowley, Leiter der Reinraumgruppe und der Abteilung Nanofabrikation und Analyse.

Mit beiden Methoden kann das Team Dutzende von Einzelphotonen-Emittern an vordefinierten Stellen mit einer räumlichen Auflösung von etwa 50 nm erzeugen. Sie emittieren im strategisch wichtigen O-Band der Telekommunikation und zeigen einen stabilen Betrieb kontinuierlich über Tage hinweg.

Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die kontrollierte Herstellung von Einzelphotonen-Emittern in Silizium sie zu einem vielversprechenden Kandidaten für photonische Quantentechnologien macht, auf einem Herstellungsweg, der für die Umsetzung in den Großmaßstab kompatibel ist. Die Einzelphotonen-Emitter sind nun technologisch bereit für die Produktion in Halbleiterfabriken und die Integration in die bestehende Telekommunikationsinfrastruktur.


Publikation:

M. Hollenbach, N. Klingner, N. S. Jagtap, L. Bischoff, C. Fowley, U. Kentsch, G. Hlawacek, A. Erbe, N. V. Abrosimov, M. Helm, Y. Berencén, G. V. Astakhov, Wafer-scale nanofabrication of telecom single-photon emitters in silicon, in Nature Communications, 2022 (DOI: 10.1038/s41467-022-35051-5)


Weitere Informationen:

Dr. Georgy Astakhov
Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung
Tel.: +49 351 260 3894 | E-Mail: g.astakhov@hzdr.de

Medienkontakt:

Simon Schmitt | Leitung und Pressesprecher
Abteilung Kommunikation und Medien am HZDR
Tel.: +49 351 260 3400 | Mobil: +49 175 874 2865 | E-Mail: s.schmitt@hzdr.de