Pressemitteilung vom 14. März 2023

Erzeugung energiereicher, lasergetriebener Ionen ebnet den Weg für Beschleuniger der nächsten Generation

Foto: Die neue Technik liefert Ionenstrahlen, die Tumoren mit einer hohen Dosis äußerst zielgenauer Strahlung treffen. ©Copyright: Imperial College London

Bei der neuen Technik wird die ausgewählte Dicke des Targets genau auf die Laserparameter abgestimmt. So gelang es dem internationalen Team, den Beschleunigungsprozess zu optimieren. Bild: Imperial College London | Download

Eine neue Methode, um energiereiche Ionen zu generieren, könnte die Anwendung der elektrisch geladenen Teilchen massiv beschleunigen. Zum Beispiel bei der Behandlung von Krebs oder der Untersuchung fundamentaler Materiezustände. Die innovative Technik, die Forscher*innen am Imperial College London gemeinsam mit Kolleg*innen des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des Kansai Photon Science Institute entwickelt haben, liefert die Grundlage für Ionenstrahlen, die Tumoren mit einer hohen Dosis äußerst zielgenauer Strahlung treffen.

Teilchenbeschleuniger nutzen elektrische Felder, um unterschiedlichste Teilchen, wie zum Beispiel Ionen, auf Höchstgeschwindigkeiten zu bringen. Sie werden seit über einem Jahrhundert entwickelt und eingesetzt – sowohl in der Grundlagenforschung, als auch zur Behandlung von Krebs in Krankenhäusern. Seit kurzem gibt es alternative Methoden für die Beschleunigung der Teilchen, die auf Laser setzen. Dadurch entstehen elektrische Felder, die millionenfach höher sind als sie bislang mit konventionellen Anlagen erreicht werden können.

Diese Technologie erlaubt es, wesentlich kleinere Beschleuniger zu bauen, die ultrakurze Ionenstrahlen mit einer Dauer von Nanosekunden erzeugen. Besonders für die Strahlentherapie gegen Krebs ist dies vorteilhaft, da auf diese Weise eine noch gezieltere Behandlung möglich wird, die zugleich mehr gesundes Gewebe schont.

In der Untersuchung, die das Team im Fachmagazin Light: Science and Applications veröffentlicht hat, zeigen die Forscher*innen aus Großbritannien, Japan und Deutschland nun, wie sich mit diesen neuen Beschleunigern massenhaft hochenergetische Ionen generieren lassen. „Uns ist ein signifikanter Fortschritt gelungen, um diese laserbeschleunigten Ionenquellen aus dem Labor in Richtung praktischer Anwendungen zu bringen“, erklärt Co-Erstautor Dr. Nicholas Dover vom Institut für Physik am Imperial College London.

Um die Technik zu entwickeln, griff das Team auf moderne Hochleistungslaser am japanischen Kansai Photon Science Institute und am HZDR zurück. Indem die Forscher*innen mit den Lasern auf ein Plasma – also ein Gemisch aus Teilchen – schossen, konnten sie extrem hohe elektrische Felder erzeugen. Für gewöhnlich ist ein Plasma allerdings lichtundurchlässig. Das heißt, der Laserpuls interagiert nur mit der Plasmaoberfläche, auf die er zuerst trifft, bevor er anschließend zurückgeworfen wird.

Bei extrem intensiven Lasern werden die Elektronen im sogenannten Target – dem Objekt, auf das der Strahl trifft – jedoch bis nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, was den Brechungsindex stark verändert. Der Laserpuls wechselwirkt dadurch mit dem gesamten, nunmehr lichtdurchlässigen Target. Seine Energie wird fast vollständig absorbiert. Dies wiederum erzeugt ein extrem starkes elektrisches Feld, das Ionen im Target in Richtung des Lasers beschleunigt.

Das Team konnte nun diesen Beschleunigungsprozess optimieren, indem es die ausgewählte Dicke des Targets genau auf die Laserparameter abstimmte. Die Forscher*innen konnten dadurch präzise steuern, dass das Target in dem Moment lichtdurchlässig wird, in dem der intensivste Teil des Laserpulses darauf trifft.

„Da wir über zwei unabhängige Lasersysteme die Ergebnisse reproduziert haben, konnten wir belegen, dass unsere Technik an jeder Laseranlage mit ultrakurzen Pulsen von wenigen Femtosekunden-Dauer und Pulsleistungen im Petawatt-Bereich anwendbar ist“, schätzt Dover ein. „Im Hinblick auf verbesserte Stabilität und Wiederholungsrate entwickeln sich diese Laser derzeit stark weiter. Das ist ideal für die Erzeugung ultrakurzer Ionenstrahlpulse, die Radiobiologen verwenden können, um Geheimnisse der Strahlenbiologie bei hohen Dosiswerten zu lüften.“


Publikation:

N.P. Dover, T. Ziegler, S. Assenbaum, C. Bernert, S. Bock, F.-E. Brack, T.E. Cowan, E.-J. Ditter, M. Garten, L. Gaus, I. Goethel, G.S. Hicks, H. Kiriyama, T. Kluge, J.K. Koga, A. Kon, K. Kondo, S. Kraft, F. Kroll, H.F. Lowe, J. Metzkes-Ng, T. Miyatake, Z. Najmudin, T. Püschel, M. Rehwald, M. Reimold, H. Sakaki, H.-P. Schlenvoigt, K. Shiokawa, M.E.P. Umlandt, U. Schramm, K. Zeil, M. Nishiuchi: Enhanced ion acceleration from transparency-driven foils demonstrated at two ultraintense laser facilities, Light: Science and Applications, 2023 (DOI: 10.1038/s41377-023-01083-9)


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