Physiklaborant auf Reisen: Zwei Praktika, zwei Perspektiven -  ROTOP Pharmaka GmbH und ESRF in Grenoble 


ROTOP Pharmaka GmbH

Polarograph, GMP, Ioflupan, WFI… Bitte was?

Foto: Christoph Eichhorn, Praktikum bei ROTOP Pharmaka GmbH ©Copyright: ROTOP GmbH

Genau die Frage habe ich mir gestellt, als ich mein Praktikum bei der ROTOP Pharmaka GmbH im Mai 2024 begonnen und zum ersten Mal diese Begriffe gehört habe. Da es insgesamt drei sehr schöne und interessante Wochen waren (zwei in der Qualitätskontrolle, eine in der Wirkstoffherstellung), möchte ich kurz darüber berichten.
Die Zeit bei ROTOP hat sehr viel Spaß gemacht, war total spannend und super interessant. Ich wurde von den Mitarbeitern vom ersten Tag an gut aufgenommen und in das Team integriert. Ich habe mich in der ganzen Zeit nie als „Außenseiter“ gefühlt. Alle waren cool darauf und haben sich immer die Zeit genommen und mir alles in Ruhe erklärt. Auch wenn ich mal etwas nicht sofort verstanden habe, sind mir gegenüber alle immer total entspannt geblieben und haben versucht, es nochmal in anderen Worten zu vermitteln.

Begonnen hat meine Praktikumszeit gleich mal mit einem kleinen Missverständnis. Anscheinend ist es untergegangen, dass ich keine Ausbildung zum Chemielaborant mache, sondern zum Physiklaborant. Alle dachten, dass ich mich mit den Analysegeräten und -methoden schon vertraut bin. Dank der sbg wusste ich einiges, allerdings fehlten mir auch noch einige Kenntnisse. Dieses Missverständnis hat sich aber schnell aufgeklärt und die Erwartungen an mich wurden etwas gesenkt. Dennoch wurde mir nach dem Praktikum von Seiten von ROTOP gesagt, dass sie sehr zufrieden mit mir und es auch von ihrer Seite drei sehr angenehme Wochen waren.

Meine Erwartungen an das Praktikum wurden spätestens dann übertroffen, als mir zum ersten Mal gesagt wurde, dass ich die Analyse einer Probe selber bearbeiten durfte. Natürlich alles unter Anleitung und strenger Überwachung. In der Qualitätskontrolle habe ich viele verschiedene Analysemethoden und Geräte, wie eine HPLC,
Fotometer oder eben einen Polarographen, kennengelernt und meine Kenntnisse über diese erweitern können. Die Arbeit dort hat sich aber doch etwas von der in der Produktion unterschieden.

Bei erstere musste man wirklich hoch genau arbeiten und es kam auf jeden Milliliter und Milligramm an. Bei der Wirkstoffherstellung mussten die Einwaagen zwar auch genau sein, aber es kam nicht drauf an, ob man ein paar Gramm zu viel oder wenig hatte. Auch Flüssigkeitsvolumina wurden nur mit dem Messzylinder abgemessen. Das hat sich ein bisschen wie das kochen in der Küche zuhause angefühlt. Dieser Unterschied in der Genauigkeit der Arbeit hat mich anfangs sehr verwundert, doch auf Nachfrage wurde mir erklärt, dass der Wirkstoff immer in größeren Mengen hergestellt und später erst portioniert wird. Auch kann man nicht immer exakt sagen, wie viel sich bei der Synthese wirklich zu dem gewünschten Stoff umwandelt, weswegen man die angegebenen Werte auch eher
als „Richtwerte“ deuten kann. Bei der Produktion habe ich im Reinraum mitgearbeitet und durfte sogar eine Synthese selber mit betreuen und aufbauen. In beiden Bereichen wurde mir aber beigebracht, dass die exakte Dokumentierung der Mess- und Analyseergebnisse sehr wichtig ist. Es waren drei wirklich tolle Wochen mit vielen neuen Erfahrungen und Einblicken. Ich bin sehr glücklich, dass mir dieses Praktikum ermöglicht wurde.


Grenoble

Einmal am European synchrotron radiation facilities arbeiten – und dann auch noch als junger Mensch, während man gerade mal in der Ausbildung ist. Krass, wer kann behaupten, dass erlebt zu haben?

Ich hatte dieses große Glück und bin unheimlich stolz und dankbar dafür, dass mir diese Erfahrung und Erlebnisse ermöglicht wurden. Mir wurde schon zu meinem Bewerbungsgespräch erzählt, dass die Möglichkeit im 4. Lehrjahr besteht, bei sehr guten Leistungen nach Grenoble fahren und an unserer Außenstelle, am ESRF arbeiten zu dürfen. Die ganze Ausbildung habe ich davon geräumt und gedacht, wie cool es wäre, wenn ich das schaffe. Als ich in der Mitte vom dritten Lehrjahr war, wurde mir gesagt, dass ich mir keine allzu großen Hoffnungen mehr machen soll und es wahrscheinlich doch nicht klappt. Umso größer war dann meine Freude, als mir im August 2024 gesagt wurde, dass ich doch die Chance bekomme und für 2 Wochen nach Grenoble fliegen darf. Es war eine super schöne, interessante und spannende Zeit mit vielen neuen Eindrücken und Erkenntnissen und tollen Erlebnissen. Es ging an einem Montagmorgen los. Ich bin vom Dresdner Flughafen erst nach München und dann weiter nach Lyon geflogen. Von dort aus ging es mit dem Bus nach Grenoble. Dort kam ich erst spät an und das Wetter hat auch nicht mitgespielt, aber ich musste noch zum ESRF laufen, wo ich die erste Woche, im Gästehaus, untergebracht war. Am nächsten Tag ging meine Arbeit auch schon los. Am ESRF war zwar noch Strahlbetrieb, weswegen ich nicht viel machen konnte, aber so habe ich gesehen, wie die Versuche und Probenwechsel an unserer Beamline bei laufenden Betrieb gemacht werden. Wie ich erfahren habe, bin ich der erste Azubi vom HZDR, der die ESRF bei Strahlbetrieb erleben konnte.

An den folgenden Tagen war allerdings Shutdown. Mir konnte unsere Anlage gezeigt werden, ich habe eine Führung durch das ESRF bekommen und durfte auch an unserer Beamline herumschrauben. Beispielsweise war eine meiner Aufgaben, dass ich einen defekten Durcksensor ausbauen und durch einen anderen ersetzten sollte. Den alten Sensor habe ich gereinigt, ihn dann wieder verbaut und getestet. Mein Betreuer, Jörg Exner, war sehr zufrieden mit meiner Arbeit.

Insgesamt habe ich mich mit dem ROBL-Team sehr gut verstanden. Die Leute sind cool drauf und haben mich mit einbezogen und mir das Gefühl gegeben, dazuzugehören. Aber nicht nur mit dem Team kam ich gut zurecht. Ich hatte das Glück, dass mich das Sicherheitsteam des ESRF auf ihrem Kontrollgang durch den Beschleuniger mitgenommen hat. Die haben mir alles sehr gut uns verständlich erklärt und jede Frage beantwortet. Zwar haben wir die ganze Zeit Englisch gesprochen, aber das fiel mir leichter als erwartet. Je länger ich in Frankeich war, fiel es mir auch immer leichter französisch zu sprechen, wenn ich beispielsweise beim Bäcker war.

Ein etwas größeres Projekt wartete noch auf mich. Für einen Versuchsaufbau wurde ein neuer Heliumballon benötigt. Den habe ich, mit Jörg zusammen, versucht zu entwerfen, aus einer ganz speziellen Folie auszuschneiden und dann zusammenzuschweißen. Unser erster Versuch ist leider fehlgeschlagen, da der Ballon nicht die Form angenommen hat, die wir uns vorgestellt hatten. Also musst ein zweites Modell ran. Leider habe ich diesen nicht mehr im Einsatz erleben können.

Ich hatte ein ganzes Wochenende in Frankreich wo ich mir vorgenommen habe, dass ich so viel wie möglich sehen möchte. An dem Samstag bin ich nach Paris gefahren und habe eine Sightseeing-Tour durch die französische Hauptstadt unternommen. Das war sehr aufregend. Da ich kein Auto hatte, bin ich mit dem TGV gefahren. Die Züge donnern mit 300 km/h durch die Landschaft, aber innendrin merkt man die Geschwindigkeit überhaupt nicht. So bin ich die fast 500 km lange Strecke in 3 Stunden gefahren. Das war ein echtes Highlight, wenn man nur die Deutsche Bahn gewöhnt ist. In Paris habe ich mir Sehenswürdigkeiten wie den Eiffelturm, Triumphbogen und die Louvre Pyramide angeschaut und bin zur Sacré Cœur hochgelaufen. Um einmal einen Blick über ganz Paris zu bekommen, bin ich auf den Arc de Triumphe hoch. Tatsächlich hat mich der Eintritt nichts gekostet. Der Ausblick über die Stadt war allerdings unbezahlbar. Am Abend war ich dann aber doch froh, als ich im Bett lag. Ich bin ca. 40.000 Schritte gelaufen und war fix und fertig.

Der Sonntag danach wurde wesentlich entspannter. Jörg ist mit mir zusammen wandern gewesen. Auf einem Berg in Grenoble ist eine ehemalige Festung, zu der wir gelaufen sind. Die Aussicht über die Stadt ist großartig gewesen. Wir hatten echt Glück mit den Wolken. Als wir oben Waren haben wir eine lange Zeit freie Sicht gehabt. Erst nach einer Weile zog es etwas zu. Das sah aber auch spektakulär aus. Man stand am Rand der Klippe und hat in ein weißes Nichts geschaut, weil die Wolke die Komplette Sicht versperrt hat.

Am Abend meines letzten Arbeitstages ist Jörg mit mir nochmal zu einem Aussichtpunkt gefahren, von dem man einen wunderbaren Blick über das ganze Tal hat. Nur die Lichter von Grenoble und die Berge im Hintergrund zu sehen - das war wirklich ein toller Anblick und definitiv ein sehr schöner Abschluss zweier wunderbarer Wochen.

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