Anwendungsbeispiel: Untersuchung der Farbkompositionen in altägyptischen Wandmalereien

Foto: Thutmosis III Grab ©Copyright: public domain

Thutmosis III Grab

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Im alten Ägypten wurden Monumente für die herrschende Klasse oft mit farbigen Wandgemälden dekoriert. Die ältesten dieser Gemälde sind über 4000 Jahre alt und sind über die Zeit teils verfallen und verfärbt. Darum ist eine rein optische Inspektion oft nicht ausreichend, um die ursprüngliche Farbwahl zu Zwecken der kunstgeschichtlichen Forschung oder der Konservierung und Restaurierung einzuschätzen. Mit der ionenstrahlbasierten Analytikmethode PIXE (protoneninduzierte Röntgenemission) können die verwendeten Pigmente jedoch eindeutig identifiziert werden. Aufgrund des Verfalls der Wandgemälde im Laufe der Zeit sind viele farbige Fragmente verfügbar, die zu Messplätzen für Ionenstrahlanalytik transportiert werden können. Die Untersuchungen an Fragmenten aus dem Grab von Thutmosis III. und Ramses III. lieferten neben der Identifizierung der Pigmente weitere aufschlussreiche Einsichten in die mit der Erstellung von Wandgemälden verbundenen Prozesse im alten Ägypten:

Die gelbe Farbe aus dem Grab von Thutmosis III. enthält hauptsächlich das häufig verwendete Pigment gelber Ocker (Goethit). Allerdings wurde die Farbe durch einen dünnen Überzug mit Auripigment (Arsenblende) aufgewertet, der einen goldglänzenden Schimmer erzeugte. Auripigment musste nach Ägypten importiert werden. Da es entsprechend rar und teuer war, war sein Gebrauch ein herrschaftliches Privileg.
Blaue Farbproben stammen von der großen Statue des Ramses III. in seinem Totentempel nahe dem heutigen Luxor. Aufgrund des Siliziumgehalts wurde das blaue Pigment als Ägyptisch Blau (Cuprorivait) – das älteste bekannte synthetische Pigment – identifiziert. Überraschenderweise enthält die Farbe aber auch eine größere Menge des roten Pigments Hämatit. Dies weist darauf hin, dass bei der Farbherstellung wohl improvisiert werden musste: Ist die Temperatur bei der Synthese von Ägyptisch Blau zu hoch, erhält man ein Pigment mit einer helleren, grünlichen Tönung. Um das Pigment trotzdem verwenden zu können, wurde Hämatit beigemischt und auf diesem Weg die gewünschte tiefblaue Farbe erzielt.
Grüne Farbfragmente wurden im Grab von Thutmosis III. gesammelt. Das meistverwendete grüne Pigment in seiner Dynastie war Grüne Fritte (Wollastonit). Dieses Pigment wurde auch in diesen Farbfragmenten benutzt, allerdings enthalten sie ebenso Hämatit. Die Synthese von Grüner Fritte erfordert die präzise Kontrolle der Prozesstemperatur und der jeweiligen Menge der unterschiedlichen Bestandteile. Auch in diesem Fall war man wohl unzufrieden mit dem erhaltenen grünen Pigment und mischte Hämatit bei, um es abzudunkeln.

Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Synthesebedingungen schwankten die Ergebnisse bei der Herstellung künstlicher Pigmente offenbar stark. Dies gab Anlass dazu, sie mit anderen Pigmenten zu mischen, um dennoch den gewünschten Farbeffekt zu erhalten. Andere Effekte wurden durch den Auftrag verschiedener Farben in dünnen Schichten erzielt. Es entstanden komplexe Farbzusammensetzungen, die augenscheinlich nicht unbedingt zu erkennen sind, aber durch Ionenstrahlanalytik aufgedeckt werden können.