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Kosmische Magnetfelder im Laborexperiment

Das weltweit viel beachtete PROMISE-Experiment wird mit dem Wissenschaftspreis "Gesellschaft braucht Wissenschaft" des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft 2008 prämiert.

Pressemitteilung vom 15.10.2008: Kosmische Magnetfelder im Laborexperiment Das Preisgeld von 50.000 Euro teilen sich der Astrophysiker Prof. Günther Rüdiger vom Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP) und der Physiker Dr. Frank Stefani vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD). Ihnen gelang erstmals der experimentelle Nachweis der Magneto-Rotationsinstabilität im Labor. Damit untermauerten sie die gängige Vorstellung von der Entstehung von Sternen und Schwarzen Löchern aus rotierender Materie. Die Preisvergabe findet am 27. November 2008 im Rahmen des Festaktes der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft in Magdeburg statt.

 

Bild: Der Preisträger Dr. Frank Stefani am PROMISE-Experiment im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf

Das Experiment trägt den Namen PROMISE (Potsdam Rossendorf Magnetic InStability Experiment) und wurde in enger Zusammenarbeit zwischen FZD und AIP durchgeführt. Mehrere Publikationen in hochrangigen Zeitschriften sind daraus entstanden, z. B. in "Physical Review Letters", "Astrophysical Journal" und "New Journal of Physics".

Astrophysikalischer Hintergrund

Vor etwa 13 Milliarden Jahren, kurz nach dem Urknall, war die Materie noch sehr gleichmäßig im Kosmos verteilt. Es gab weder Sterne noch Sternsysteme. Inzwischen hat sich der Kosmos als Ganzes gewaltig ausgedehnt, sein stofflicher Inhalt aber hat sich unter der Wirkung der Schwerkraft zu kompakten Gebilden zusammengeballt, zu Galaxien, Sternen, Planeten, Schwarzen Löchern usw. Unsere Sonne entstand vor 4,6 Milliarden Jahren, als eine lichtjahregroße interstellare Wolke in sich zusammenstürzte. Jeder Kubikkilometer der Ursprungswolke findet sich heute auf weniger als einen Kubikmillimeter zusammengepresst in der Sonne wieder. In einem Schwarzen Loch, dem Überrest eines massereichen Sterns, ist die Verdichtung noch 100 billionenfach höher.

Das Problem bei diesem Prozess der Massenkonzentration ist der Drehimpuls in den so genannten Akkretionsscheiben, aus denen kompakte Gebilde wie Sterne oder Schwarze Löcher gefüttert werden. Eine gewisse Zähigkeit vorausgesetzt, wird Drehimpuls durch Reibung von innen nach außen transportiert. Erst dadurch kann Stoff mit reduziertem Drehimpuls nach innen strömen und schließlich vom zentralen Objekt aufgesammelt werden. Die Reibungswärme wird abgestrahlt, was z.B. die gewaltige Leuchtkraft von Quasaren erklärt.

Die erforderliche Zähigkeit der Akkretionsscheiben kann nur von Turbulenz herrühren deren Ursprung lange Zeit eine der großen Fragen der astrophysikalischen Hydrodynamik war. Nach einem bekannten Kriterium, das vor über 120 Jahren Lord Rayleigh formuliert hatte, sollten Strömungen in Akkretionsscheiben laminar sein, also keinen Übergang zur Turbulenz zeigen.

Verglichen mit der Schwerkraft spielen magnetische Kräfte im Allgemeinen eine untergeordnete Rolle. Für das Funktionieren von Akkretionsscheiben könnten aber gerade sie ausschlaggebend sein. Wie seit einem halben Jahrhundert theoretisch klar ist, können magnetische Felder in einer hydrodynamisch stabilen Strömung Turbulenz entfachen. Die Rede ist von der sogenannten Magneto-Rotationsinstabilität (MRI), die bereits 1959 von E. Velikhov theoretisch vorhergesagt, in ihrer Bedeutung für die Astrophysik aber erst 1991 erkannt worden war. Die MRI bewirkt, dass hydrodynamisch stabile Rotationsströmungen durch Magnetfelder destabilisiert und dadurch turbulent werden können. Erst durch diese Instabilität wird der notwendige Drehimpulstransport innerhalb von Akkretionsscheiben ermöglicht, ohne den die beobachtete Massenkonzentration in Sternen und Schwarzen Löchern nicht erklärbar wäre.

Das PROMISE-Experiment

Aufgrund ihrer enormen Bedeutung gibt es seit etwa fünf Jahren weltweit intensive Bemühungen, die MRI auch im Labor zu untersuchen. Allerdings ist dies nur mit einem hohen experimentellen Aufwand möglich, sofern man von einem rein axial angelegten Magnetfeld ausgeht. Das PROMISE-Experiment verdankt seinen Erfolg der Entdeckung von Günther Rüdiger und Rainer Hollerbach (University of Leeds), dass der Aufwand für ein Flüssigmetallexperiment dramatisch reduziert werden kann, wenn man das rein axiale Magnetfeld durch ein spiralförmiges Magnetfeld ersetzt. Dadurch ergab sich erstmalig die Möglichkeit, MRI tatsächlich als Instabiltität einer ohne Magnetfelder stabilen Strömung nachzuweisen.

Mit diesem überraschenden Ergebnis war die theoretische Grundlage für das MRI-Experiment gelegt, das am FZD unter Leitung von Dr. Frank Stefani aufgebaut und realisiert wurde. Dieses besteht im Wesentlichen aus zwei gleichsinnig rotierenden Kupferzylindern, zwischen denen sich eine Flüssigmetall-Legierung aus Gallium, Indium und Zinn befindet. Deren Rotationsströmung ist zunächst hydrodynamisch stabil. Erst mit dem angelegten helikalen Magnetfeld setzt im Flüssigmetall eine Instabilität in Form einer nach unten oder oben wandernden Welle ein. Die am FZD vorhandene Expertise, ganze Geschwindigkeitsprofile in flüssigen Metallen mit hoher Genauigkeit auszumessen, war für den Nachweis der Instabilität entscheidend.

Nicht zuletzt waren es diese methodisch-experimentellen Erfahrungen im Umgang mit Flüssigmetallen, sowie die enge Wechselwirkung von astrophysikalischer Grundlagenforschung und angewandter Forschung für Kristallzüchtung und Metallurgie, die von der Jury als besonders preiswürdig erachtet wurden.

Pressemitteilung vom 15.10.2008: Kosmische Magnetfelder im Laborexperiment

Die Magneto-Rotations-Instabilität zeigt sich als wandernde Welle in einem bestimmten Bereich des angelegten Spulenstroms. Die Wellenfrequenz, normiert auf die Drehzahl des inneren Zylinders, stimmt gut mit der numerischen Prognose überein.

Pressemitteilung vom 15.10.2008: Kosmische Magnetfelder im Laborexperiment

Schema und Ansicht des PROMISE-Experimentes im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf

Weitere Auskünfte:
Dr. Frank Stefani
Institut für Sicherheitsforschung
Tel.: 0351 260 - 3069
Email: Dr. Frank Stefani

Pressekontakt:
Dr. Christine Bohnet
Tel.: 0351 260 - 2450 oder 0160 969 288 56
Fax: 0351 260 - 2700