Ein Tornado im Labor

Dr. Tobias Vogt erhält Helmholtz-Doktorandenpreis 2016 im Forschungsbereich Energie

Pressemitteilung vom 21. September 2016

Es ist wohl eines der interessantesten und gleichzeitig erschreckendsten Naturphänomene, die es gibt: ein Tornado. Obwohl diese Wirbelstürme schon lange erforscht werden, beschränken sich die Untersuchungen meist auf die Auswertung von Video- und Bildmaterial sowie numerische Simulationen. Die Zahl an Tornados, die Forscher im Labor erzeugten, ist gering. In seiner Promotion gelang dies Dr. Tobias Vogt vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). In einer Flüssigmetallströmung hat er einen tornadoähnlichen Wirbel kreiert und analysiert. Mit seiner Doktorarbeit lieferte er auch Erkenntnisse zur effizienteren Durchmischung von Stahlschmelzen und zur Dynamik von Trägheitswellen. Für die Leistungen verleiht ihm die Helmholtz-Gemeinschaft auf ihrer Jahrestagung am 22. September den Doktorandenpreis, der mit 5.000 Euro dotiert ist.

Von meteorologischen Naturphänomenen über Wellen, die im flüssigen Erdkern auftreten, bis hin zu blasengetriebenen Mischprozessen beim Stahlrecycling – diese Bereiche scheint nur auf den ersten Blick nichts miteinander zu verbinden. Bei allen spielen jedoch Strömungen eine wichtige Rolle. Tobias Vogt vom HZDR-Institut für Fluiddynamik hat sie während seiner Promotion mit einem magnetohydrodynamischen Ansatz experimentell untersucht. Dieses Forschungsgebiet beschreibt das Strömungsverhalten leitfähiger Flüssigkeiten. „Bei den Experimenten setze ich eine Metalllegierung aus Gallium, Indium und Zinn ein, die bei Raumtemperatur flüssig ist und eine gute elektrische Leitfähigkeit besitzt“, erzählt der Ingenieur. „So kann ich über Magnetfelder Strömungen im Flüssigmetall berührungslos anregen, was spannende Untersuchungen ermöglicht.“

Von der Grundlagenforschung zur Anwendung

Zum Beispiel zur Entstehung tornadoähnlicher Wirbel. Diese konnte Dr. Vogt in seiner Legierung aus Flüssigmetall mit Hilfe eines rotierenden und eines wandernden Magnetfeldes erzeugen. Über Ultraschallmessungen konnte er die Ausbildung und den Zerfall eines Wirbeltrichters genau beobachten und beschreiben. „Wie der Vergleich mit numerischen Simulationen belegt hat, zeigen diese Wirbel die gleichen Eigenschaften wie ein Tornado“, erklärt Tobias Vogt, der am HZDR und der TU Dresden seine Doktorarbeit abgeschlossen hat. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung könnten gleichzeitig die Produktion eines neuartigen Stahltyps verbessern. Bei sogenannten oxid-dispersions-verfestigten Stahllegierungen werden feine Keramikteilchen mit dem Metall vermischt, um die Materialeigenschaften zu verbessern.

„Das größte Problem ist die homogene Verteilung der Partikel im Stahl“, erläutert Dr. Vogt. „Bisher ist das nur über aufwendige und teure Verfahren möglich. Oft bilden sich Teilchen-Agglomerate an bestimmten Stellen.“ Über den Wirbeltrichter, der durch die Magnetfelder entsteht, ist es dagegen möglich, die Teilchen direkt in die Schmelze einzubringen. So könnte es zu einer verbesserten Durchmischung kommen. Einen Nebeneffekt seiner grundlegenden Forschung für die industrielle Anwendung sieht Dr. Vogt auch beim zweiten Teil seiner Doktorarbeit. Hier studierte er Trägheits- oder Inertialwellen im Flüssigmetall. Diese Bewegungen treten aufgrund der Erdrotation zum Beispiel in ozeanischen und atmosphärischen Strömungen auf, aber auch im flüssigen Erdkern.

Effizientere Prozesse dank Magnetfelder

Durch gezielte Magnetpulse hat Dr. Vogt die Wellen in verschiedenen Varianten in Flüssigmetall-Drehströmungen angeregt und detaillierte Informationen zu ihrer Dynamik gesammelt. „Daraus lassen sich neue Rührstrategien ableiten, um Metallguss-Verfahren effizienter zu gestalten“, fasst der Dresdner Forscher zusammen. So verkürzt optimiertes Rühren zum Beispiel die Prozesszeiten und entfernt unerwünschte Einschlüsse. Aber auch für das Stahlrecycling liefert die Forschung des früheren HZDR-Doktoranden Ansätze. Beim Einschmelzen und Aufbereiten des Schrotts werden häufig Prozessgase in die Öfen eingeperlt, um die Schmelze zu durchmischen. Wie Tobias Vogt festgestellt hat, können diese Blasenströmungen über rotierende Magnetfelder effektiv beeinflusst werden: „Das ermöglicht eine bessere Gasverteilung, was die Prozessdauer und damit den Energieverbrauch deutlich verringern würde.“

Für diese Leistungen verleiht ihm nun die Helmholtz-Gemeinschaft auf ihrer Jahrestagung am 22. September den Doktorandenpreis im Forschungsbereich „Energie“, der mit 5.000 Euro dotiert ist. Die Auszeichnung umfasst außerdem eine monatliche Reisekostenpauschale in Höhe von 2.000 Euro für einen Forschungsaufenthalt im Ausland von bis zu sechs Monaten. Tobias Vogt will diese Unterstützung nutzen, um ab Anfang 2017 an der US-amerikanischen University of California in Los Angeles (UCLA) thermisch getriebene Flüssigmetall-Strömungen zu untersuchen. Dabei will der gebürtige Dresdner Bedingungen wie im flüssigen Erdkern simulieren.

Tobias Vogt hat im Dezember des vergangenen Jahres seine Promotion mit dem Prädikat „Summa cum Laude“ abgeschlossen. Nach der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann hat er neben dem Zivildienst und Beruf im Jahr 2005 das Abitur am Abendgymnasium Dresden erreicht. Im Anschluss studierte er an der TU Dresden Maschinenbau sowie Luft- und Raumfahrttechnik, bevor er im Jahr 2011 die Promotion am HZDR begonnen hat.


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Dr. Tobias Vogt
Institut für Fluiddynamik am HZDR
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