_TITEL . DRESDEN-concept: Allianz für Spitzenforschung

_TEXT . Christine Bohnet


Faszination Supraleitung


FZD JOURNAL 04 . August 2009

Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden ist ein Paradebeispiel dafür, wie die TU Dresden und die umliegenden Institute die wissenschaftlichen Kräfte zum Nutzen aller bündeln können. Doktoranden finden hier ein attraktives Arbeitsumfeld.

Supraleitung ist ein merkwürdiges Phänomen. Dass es Werkstoffe gibt, die verlustfrei Strom leiten, wenn man sie nur tief genug abkühlt, ist nicht jedem sofort begreiflich. Besonders exotisch wirken so genannte Hochtemperatur- Supraleiter, an denen weltweit intensiv geforscht wird, weil man zum einen die Effekte noch nicht wirklich versteht und weil zum anderen der breite technologische Einsatz in greifbare Nähe rückt. Hohe Magnetfelder könnten die noch existierenden Rätsel um die Hochtemperatur- Supraleiter lösen helfen, für deren Entdeckung Johannes Georg Bednorz und Karl Alex Müller 1987 den Nobelpreis für Physik erhielten. Die `normale` Supraleitung, die bei sehr tiefen Temperaturen von nur einigen Kelvin auftritt, wurde bereits im Jahr 1911 von Heike Kamerlingh Onnes aus den Niederlanden beobachtet.

Beate Bergk ist Doktorandin an der TU Dresden, ihren Arbeitsplatz hat sie am Hochfeld- Magnetlabor Dresden des FZD. Ihr Interesse für die Supraleitung gilt den Eigenschaften von Elektronen in Metallen. Wie verändern sie sich, wenn man das Metall einem Magnetfeld aussetzt, während man es stark kühlt? Je höher das Magnetfeld und je tiefer die Temperaturen, desto besser. Sie führte ihre Messungen bisher entweder am Hochfeldlabor im französischen Grenoble oder am Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden des FZD durch. Ihr Doktorvater ist der Institutsdirektor und Magnetismusexperte Joachim Wosnitza, Professor an der Technischen Universität und langjähriger Teilprojektleiter des dort angesiedelten Sonderforschungsbereichs mit der Nummer 463 und dem für Laien unverständlichen Titel "Seltenerd-Übergangsmetallverbindungen: Struktur, Magnetismus und Transport". An diesem Sonderforschungsbereich waren außerdem das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden und die beiden Dresdner Max-Planck-Institute für Chemische Physik fester Stoffe sowie für Physik komplexer Systeme beteiligt. Der Sonderforschungsbereich wurde volle zwölf Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, bevor er Ende 2008 auslief. Doch die enge Zusammenarbeit auf den Gebieten Magnetismus und Supraleitung geht weiter und Beate Bergk profitiert davon. Sie kann auf das Fachwissen der TU-Physiker genauso zurückgreifen wie auf die theoriestarken Wissenschaftler der Max-Planck-Institute oder auch die Kollegen im eigenen Haus, die eher der Experimentalphysik zuzurechnen sind.

Pressemitteilung vom 27.6.2007: Technologieexport von Sachsen nach China,

Abb.1: Prof. Joachim Wosnitza ist Leiter des Hochfeld-Magnetlabors
Dresden und betreut als Professor an der TU Dresden die Doktoranden
in seinem Institut am FZD. Zu sehen ist er hier in der Kondensatorbankhalle,
wo die Energie für die höchsten gepulsten Magnetfelder Europas gespeichert wird.

Europas höchste Magnetfelder

Das Hochfeld-Magnetlabor Dresden hat sich in sehr kurzer Zeit zu einer einmaligen Experimentier-Einrichtung entwickelt, die derzeit immerhin schon den Europarekord für gepulste höchste Magnetfelder hält. Dabei ist es erst wenige Jahre her, dass ein gemeinsamer Antrag von zwei Max-Planck-, zwei Leibniz- und einem TU-Institut vom Wissenschaftsrat - dem Gutachtergremium der Bundesregierung und der Regierungen der Länder für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen - befürwortet worden war, doch bereits im Jahr 2007 öffnete das Magnetlabor seine Türen für auswärtige Nutzer und seit diesem Jahr erhält es von der Europäischen Union entsprechende Fördermittel, übrigens in einem Konsortium, zu dem sich die vier führenden Magnetlabors in Europa zusammengeschlossen haben.

Auch Beate Bergk muss nun einen Antrag einreichen, wenn sie Experimentierzeit benötigt. Dieser wird in einem wettbewerblichen Verfahren von den vier Magnetlabors in Dresden, Toulouse, Nijmegen und Grenoble evaluiert. Bei Erfolg erhält sie Magnetzeit an einem der Labors. Für ihre Experimente benötigt sie allerdings viel Zeit, will sie doch die Magnetisierung von Metallen als Funktion des Magnetfelds messen, und das in möglichst hoher Auflösung. Hierzu müssen ihre Proben - in der Regel sind dies Metalle, in denen Magnetismus und Supraleitung miteinander konkurrieren - einem großen Magnetbereich ausgesetzt werden, beginnend bei einigen Tesla bis hinauf zu etwa 30 Tesla. Tesla ist, vereinfacht ausgedrückt, die physikalische Einheit für die Stärke des Magnetfelds.

Neben viel Geduld, hohen Magnetfeldern und tiefen Temperaturen bedarf es auch besonders perfekter Proben, um schließlich einen Puzzlestein für das bessere Verständnis der Supraleitung beitragen zu können. Auch hierfür kann sich Beate Bergk auf gute Kooperationspartner in Dresden verlassen, die Kristallzüchter am IFW. Theoretiker an den beiden Dresdner Max-Planck- Instituten helfen bei der Interpretation der Experimente und der Beschreibung der elektronischen Eigenschaften der untersuchten Metalle. Mehrere Arten, wie Supraleitung zustande kommt, sind bisher bekannt. Für die spezielle Art der Mehrband-Supraleitung fand die Doktorandin heraus, dass nicht alle Elektronen im Material in gleicher Weise zur Supraleitung beitragen. Vielmehr ist es so, dass die Elektronen ganz unterschiedlich mit dem Kristallgitter wechselwirken und dass Elektronen auf bestimmten Bändern stark, andere wiederum gar nicht an den supraleitenden Eigenschaften von Metallen beteiligt sind. Beate Bergk blickt bereits auf einige sehr gute Veröffentlichungen zurück. Als Beispiel sei folgende hier aufgeführt: "Anisotropic Multiband Many-Body Interactions in LuNi2B2C", in: Physical Review Letters 100, 257004 (2008), DOI: 10.1103/ PhysRevLett.100.257004.

Beate Bergk Abb.2: Beate Bergk im Büro,
wo sie derzeit die Ergebnisse
ihrer Experimente in hohen
Magnetfeldern für die Doktor-
arbeit in Form bringt.

_KONTAKT

Institut Hochfeld-Magnetlabor Dresden im FZD
Prof. Joachim Wosnitza
j.wosnitza@hzdr.de