Einfluss von Protonen-Reichweiteunsicherheiten auf LET-Verteilungen am Beispiel von Hirntumor-Patienten


Einfluss von Protonen-Reichweiteunsicherheiten auf LET-Verteilungen am Beispiel von Hirntumor-Patienten

Hahn, C.; Peters, N.; Wohlfahrt, P.; Richter, C.; Eulitz, J.; Enghardt, W.; Lühr, A.

Einleitung
Erste klinische Evidenz zeigt, dass die relative biologische Wirksamkeit (RBW) von Protonen auch vom linearen Energietransfer (LET) bestimmt wird. Die patientenspezifische LET-Verteilung folgt aus der Eindringtiefe der Protonenstrahlen und wird daher unmittelbar von Reichweiteunsicherheiten beeinflusst. Diese Studie quantifiziert den Einfluss von Reichweiteunsicherheiten auf LET-Verteilungen im klinischen Zielvolumen (CTV) und angrenzenden Risikoorganen am Beispiel von Hirntumor-Patienten.

Material & Methoden
Für jeden Patienten wurden zwei nominelle, robust-optimierte Bestrahlungspläne mit Pencil-Beam-Scanning unter Verwendung von Single-Field-Uniform-Dose und Multi-Field-Optimization erstellt. Dabei wurde jeweils ein Simultan-Integrierter-Boost mit zwei Einstrahlrichtungen geplant. Das Protonenbremsvermögen jedes Voxels folgte direkt aus dem Dual-Energy-CT-Scan für die Therapieplanung. Systematische Reichweiteunterschiede wurden durch Skalierung des Bremsvermögens erzeugt. Die Bestrahlungspläne wurden mittels Monte-Carlo-Methode für drei Reichweiteszenarien (nominell, ±3.5%) simuliert und der dosisgemittelte LET voxelweise bestimmt (RayStation, Forschungsversion 5.99.50). Die Auswertungen der LET-Differenzen erfolgte voxelweise, organspezifisch und auf einem Signifikanzniveau von 5% (zweiseitiger t-Test).

Ergebnisse
Der mittlere LET im Zielvolumen änderte sich weder signifikant durch die simulierten Reichweiteunsicherheiten noch durch die verwendete Planungsstrategie. Gemittelt über Patienten, Planungsstrategie und Reichweiteszenarien betrug der mittlere LET (±Standardabweichung) im CTV 2.78 (±0.07) keV/µm. Im Vergleich zum CTV war der mittlere LET in Risikoorganen signifikant erhöht. Reichweiteunsicherheiten führten innerhalb einer Planungsstrategie patientenspezifisch zu einer Veränderung des mittleren LET um bis zu 0.70 keV/µm (rechter Sehnerv) bzw. 0.38 keV/µm (Hirnstamm). Die Reichweiteunsicherheiten führten zu relevanten Änderungen der LET-Varianz in angrenzenden Risikoorganen mit LET-Maxima bei einzelnen Patienten, z. B. im Hirnstamm (maximale Dosis von 51.8 Gy(RBW)) oder im rechten Sehnerv (53.6 Gy(RBW)).

Zusammenfassung
Die Reichweiteunsicherheit der Protonentherapie bei Hirn-Tumor-Patienten beeinflusste die LET-Verteilungen in Risikoorganen, aber nicht im Zielvolumen. Beobachtete hohe, lokale LET-Varianzen sowie LET-Maxima in Risikoorganen könnten zu einer erhöhten biologischen Wirksamkeit führen und bei Dosen nahe dem Grenzwert unerwartete Normalgewebskomplikationen hervorrufen.

  • Lecture (Conference)
    50. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik, 18.-21.09.2019, Stuttgart, Deutschland

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-29067
Publ.-Id: 29067