Charakterisierung der gestörten Hirnfunktion beim apallischen Syndrom: Durchblutung und Glukosestoffwechsel gemessen mit emissionstomographischen Verfahren


Charakterisierung der gestörten Hirnfunktion beim apallischen Syndrom: Durchblutung und Glukosestoffwechsel gemessen mit emissionstomographischen Verfahren

Beuthien-Baumann, B.; Handrick, W.; Schmidt, T.; Burchert, W.; Schackert, G.; Franke, W.-G.

Bei dem apallischen Syndrom befindet sich der Patient in einem komatösen Zustand, bei dem er zwar einen Schlaf-Wach-Rhythmus aufweist, jedoch keinen Kontakt zur Umwelt aufnimmt. Dieses Syndrom ist meist Folge einer schweren Hirnschädigung, die unterschiedliche Ursachen haben kann. Für viele Patienten ist dieser Zustand irreversibel. Ein Teil dieser Patienten kann jedoch durch intensive Rehabilitationsmaßnahmen klinisch deutlich gebessert werden.

Um das funktionelle Ausmaß der Hirnschädigung bei Patienten mit apallischem Syndrom zu charakterisieren wurde bei 16 Patienten (3 Frauen, 13 Männer, Alter 18-67 Jahre) die Hirndurchblutung und der Glukosemetabolismus des Gehirns mit Hilfe der nuklearmedizinischen Methoden der Single-Photon-Emissions-Tomographie (SPECT) bzw. der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bestimmt. Nach Rekonstruktion der Bilddaten wurden die PET- und SPECT-Datensätze überlagert. Die weitere Datenanalyse der PET- und SPECT-Untersuchungen erfolgte einerseits qualitativ bezüglich der Verteilung von Durchblutung und Glukosestoffwechsel, andererseits quantitativ auf der Basis definierter "Regions of interest" (ROI).

Alle Patienten zeigten ausgeprägte Defekte in PET und SPECT sowie eine hochgradige Verminderung des cerebralen Glukosemetabolismus auch in primär nicht geschädigten Hirnregionen. In Läsionen und - deutlicher ausgeprägt - in deren Randbereichen zeigen sich höhere Perfusions- als Stoffwechselwerte ("Luxusperfusion" besonders im Randbereich).

Die mittleren Glukoseverbrauchswerte sind bei Apallikern in cortikalen und subcortikalen Regionen signifikant niedriger als bei Normalpersonen (18 vs. 32 µmol/100ml/min). Im Hirnstamm und Vermis cerebelli ist dieser Unterschied deutlich geringer ausgeprägt. Im relativen Vergleich von Stoffwechsel und Perfusion ist der Stoffwechsel in cortikalen Regionen stärker gestört als die Perfusion. Keine signifikanten Unterschiede zeigen sich dagegen in subcortikalen Strukturen, Hirnstamm und Vermis cerebelli.

Da normalerweise eine enge Korrelation zwischen Hirndurchblutung und Hirnstoffwechsel vorliegt, zeigen diese Daten, daß bei diesen Patienten im Cortex der Großhirnhemisphäre und dem Kleinhirn eine Entkopplung von Metabolismus und Durchblutung stattgefunden hat. Aus diesem Grunde ist eine verläßliche Vitalitätsdiagnostik nur mittels der Messung des Glukoseverbrauchs mit der Positronen-Emissions-Tomographie möglich. Hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft der Untersuchung ist noch eine längere Nachbeobachtungszeit erforderlich.

  • Poster
    Jahrestagung WGL, München, 13.10.1999

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Publ.-Id: 3033