Prozesskinetische Untersuchungen zur Modellierung reaktionsgetriebener Druckentlastungen


Prozesskinetische Untersuchungen zur Modellierung reaktionsgetriebener Druckentlastungen

Kryk, H.; Schmitt, W.; Hessel, G.; Tefera, N.

Zur Dimensionierung von Schutzeinrichtungen und nachgeschalteten Anlagenteilen von Rührkesselreaktoren sowie für die sicherheitstechnische Bewertung unerwünschter Betriebszustände ist die Kenntnis der bei Druckentlastungen ablaufenden hydro- und thermodynamischen sowie reaktionskinetischen Prozesse unabdingbar. Die Qualität der Simulationsergebnisse existierender Computercodes (z. B. SAFIRE/ Vent, BRICK) ist von der Genauigkeit der Untermodelle zur Berücksichtigung von Wärme- und Stofftransport, Reaktionskinetik, Mischphasenthermodynamik sowie Aufwall- und Schaumverhalten abhängig. Reaktionskinetische Modelle zur Simulation von Druckentlastungsprozessen wurden bisher meist auf der Grundlage von Experimenten in adiabatischen Kalorimetern ermittelt. Wie eigene Untersuchungen unter isothermen Bedingungen zeigen, geben diese Formalkinetiken den thermischen Reaktionsverlauf oft nur unzureichend wieder.

Ziel der Arbeiten ist eine Verbesserung der Modellierung der Einzelphänomene unter Berücksichtigung der spezifischen Prozessbedingungen der Druckentlastung. Die Modelle werden in den am FZ Rossendorf entwickelten 1D-Code BRICK eingebunden. Hierdurch soll eine Ertüchtigung des Codes für die Simulation von Druckentlastungsprozessen siedend aufwallender bzw. schäumender reaktiver Stoffsysteme erfolgen.

Als Modellprozess wurde die Veresterung von Essigsäureanhydrid mit Methanol gewählt. Die Modellbildung bzw. –auswahl erfolgt auf der Grundlage isothermer und isoperiboler Experimente im Reaktionskalorimeter RC1, wobei zur Erfassung der Konzentrationsverläufe während der Reaktion, Messungen mit einem In-Situ-FTIR-Spektrometer erfolgen. Die Ausdehnung des Gültigkeitsbereiches der Modelle erfolgt anschließend durch ergänzende Experimente im adiabatischen Kalorimeter PhiTecII. Gleichzeitig werden zur Berücksichtigung thermodynamischer Einflüsse Mischungsenthalpien und Mischleistungsverläufe im RC1 gemessen, modelliert und in das Prozessmodell integriert.
Zur Bewertung von Druckentlastungsprozessen hinsichtlich des Gefährdungspotenzials, verursacht durch aus dem Reaktor austretende Substanzen, ist die quantitative Zusammensetzung des bei der Druckentlastung austretenden Stoffgemisches von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus ist die Kenntnis der Konzentrationen hilfreich zur Validierung der Simulationssoftware und zur Charakterisierung des thermodynamische Zustandes des Reaktionsgemisches zum Zeitpunkt der Druckentlastung. Die Konzentrationsmessungen erfolgen mittels Offline-FTIR, wobei die Gemischzusammensetzungen der ausgetragenen Substanzen unmittelbar nach der Duckentlastung und die Konzentrationen der im Reaktor verbliebenen Gemische ermittelt werden. Hierzu erfolgen Druckentlastungsexperimente im PhiTecII, wobei zum Abstoppen der Reaktion die ausgetretenen Substanzen in ein mit flüssigem Stickstoff gekühltes Quench-Gefäß eingeleitet werden.

Es werden die unter isothermen, isoperibolen und adiabatischen Bedingungen experimentell ermittelten thermischen Reaktionsverläufe und die Konzentrationsverläufe im Vergleich zu den mittels Literaturdaten berechneten und den auf Grundlage des entwickelten Prozessmodells unter Einfluß der Mischungsenthalpie simulierten Daten dargestellt und diskutiert. Weiterhin werden die Methodiken für die Konzentrationsmessungen bei den Druckentlastungsexperimenten vorgestellt und die Messergebnisse diskutiert.

Keywords: Druckentlastung; Reaktionskinetik; Reaktionskalorimetrie

  • Abstract in refereed journal
    Chemie Ingenieur Technik 76(2004)9, 1312

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-6078
Publ.-Id: 6078