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Dr. Hendrik Hessenkemper

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Experimentelle Methoden für optische Messungen in Blasenströmungen

Blasenströmungen sind in vielen Anwendungen der Chemie-, Bio- und Energietechnik zu finden. Zuverlässige Simulationswerkzeuge für solche Strömungen, die den Entwurf neuer Prozesse und die Optimierung bestehender Prozesse ermöglichen, sind daher äußerst wünschenswert. CFD-Simulationen, die den Multi-Fluid-Ansatz verwenden, sind sehr vielversprechend, um ein solches Entwurfswerkzeug für komplette Anlagen bereitzustellen. Beim Multi-Fluid-Ansatz müssen jedoch Schließungsmodelle formuliert werden, um die Wechselwirkung zwischen der kontinuierlichen und der dispergierten Phase zu modellieren. Aufgrund der komplexen Natur von Blasenströmungen müssen verschiedene Phänomene berücksichtigt werden, und für jedes Phänomen gibt es unterschiedliche Schließungsmodelle. Für eine Validierung der Modelle werden Experimente benötigt, die möglichst alle relevanten Phänomene einer Blasenströmungen beschreiben. Da solche Daten in der Literatur rar sind, werden in der Abteilung mehrere "CFD-grade" Experimente durchgeführt. Dazu werden Konzepte zur Messung von Gasanteilsverteilungen mit entsprechender Blasengröße, -form und -geschwindigkeit zusammen mit Flüssigkeitsgeschwindigkeitsfeldern entwickelt.


Methoden: Kontinuierliche Phase

Particle Shadow Velocimetry (PSV)

Particle Image Velocimetry (PIV) ist ein häufig verwendetes Messverfahren zur Bestimmung von Flüssigkeitsgeschwindigkeitsfeldern und zur Ableitung wichtiger Größen wie Wirbelstärke, Scherung oder jeder Art von Turbulenzparameter. In Blasenströmungen kann die dispergierte Gasphase jedoch eine inhomogene Beleuchtung aufgrund unerwünschter seitlicher Schatten der Blasen sowie starker Lichtstreuung und Reflexion an den Gas-Flüssigkeits-Grenzflächen verursachen. Um diese Probleme zu umgehen, haben wir kürzlich die Methode der Particle Shadow Velocimetry (PSV) für dispergierte Zweiphasenströmungen entwickelt. Das Merkmal einer solchen Messung ist die Verwendung einer volumetrischen direkten Inline-Beleuchtung mit z. B. LED-Rückstrahlern für den Messbereich, wodurch Streueffekte stark reduziert werden und keine seitlichen Blasenschatten auftreten. Durch die Verwendung einer geringen Schärfentiefe  können scharfe Tracerpartikelschatten innerhalb des Schärfenbereichs identifiziert und die Partikelverschiebung in einer PIV-ähnlichen Weise ausgewertet werden.

Geschwindigkeitsfeld der Flüssigkeit in einer Blasenströmung unter Verwendung der PSV-Technik.

 


3D Lagrangian Particle Tracking (LPT)

Für 3D-Messungen verwenden wir den Open-Source-Code OpenLPT (Tan et al., Exp. Fluids 61, 2020), der den Shake-the-Box-Algorithmus verwendet, um hohe Konzentrationen an Tracerpartikel in Lagranger-Manier zu verfolgen. Die Bilder werden mit mehreren Hochgeschwindigkeitskameras aufgenommen und die Strömung wird wieder mit hochintensiven LED-Clustern hintergrundbeleuchtet (ähnlich wie bei der oben erwähnten PSV-Technik).

3.000 Tracerbahnen aus 3D-LPT-Messungen in einer Blasensäule.

 


Methoden: Dispergierte Phase

2D Blasenerkennung

Eine automatisierte und zuverlässige Verarbeitung von Bildern von Blasenströmungen ist dringend erforderlich, um große Datensätze umfassender Versuchsreihen zu analysieren. Für einzelne Blasen, die in den aufgenommenen Bildern isoliert auftreten, haben Algorithmen zur Kantendetektion eine hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit bewiesen. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich bei Aufnahmen von Blasenströmungen durch überlappende Blasenprojektionen in den Bildern, was die Identifizierung einzelner Blasen erheblich erschwert. Aufgrund der jüngsten Fortschritte von Deep-Learning-Modellen im Bereich der Mustererkennung und der damit verbundenen Aufgabe der Objekterkennung verfolgen wir auch in diesem Bereich Entwicklungen, um überlappende Blasen in Bildern zu erkennen und zu rekonstruieren.

Segmentierung und Rekonstruktion von teilweise überlagerten Blasen mit Deep-Learning-Modellen.

 


2D Blasennachverfolgung

Die anschließende Verfolgung mehrerer detektierter Blasen in unmittelbarer Nähe stellt eine weitere Herausforderung dar. Der Tracker muss nicht nur robust gegen Ungenauigkeiten des Detektors, d. h. fehlende oder falsche Erkennungen, sein, sondern auch in der Lage sein, Blasen zu verfolgen, die selbst für mehrere Zeitschritte vollständig verdeckt sind, während gleichzeitig zahlreiche mögliche Assoziationen in der näheren Umgebung bestehen. Um diese Probleme zu lösen, setzen wir auch hierfür Deep-Learning-Modelle ein und verwenden einen graphenbasierten Verfolgungsformalismus, der in der Lage ist, mehrere Blasen in Blasenschwärmen über lange Zeitspannen zu verfolgen.

2D-Verfolgung von Blasen in einer Blasenströmung [4].
2D-Verfolgung von Blasen in einer Blasenströmung.

Laufende Arbeiten: 3D Blasennachverfolgung

Basierend auf den Fortschritten bei der Erkennung von Blasen in Bildern von Blasenströmungen entwickeln wir derzeit eine 3D-Verfolgung von deformierbaren Blasen in Multiview-Messungen. In Kombination mit der 3D-LPT-Methode für Tracerpartikel ermöglicht dies die gleichzeitige Erfassung aller relevanten Strömungsmerkmale beider Phasen in Blasenströmungen mit geringem Gasphasenanteil. Neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung unserer Werkzeuge und der Erprobung neuer Strategien zur Erkennung und Verfolgung von Blasen in 3D wollen wir die Technik zur Untersuchung von Blaseninteraktionen in Schwärmen und Clustereffekten einsetzen.


Referenzen