Analyse und Optimierung einer Positronenreichweitenkorrektur innerhalb der iterativen Rekonstruktion für die Kleintierbildgebung


Analyse und Optimierung einer Positronenreichweitenkorrektur innerhalb der iterativen Rekonstruktion für die Kleintierbildgebung

Sauerzapf, S.; Zakhnini, A.; Weber, W.; Pietrzyk, U.; Mix, M.

Einleitung:

Hochenergetische Positronenstrahler, wie beispielsweise die Isotope I-124 oder Ga-68, besitzen aufgrund ihrer maximalen Zerfallsenergie von 2,1 bzw. 1,9 MeV eine mittlere Reichweite von ~3 mm in Wasser. Bei der Kleintierbildgebung mit hohen räumlichen Auflösungen von 1-2 mm, sind daher der resultierende Ortsauflösungsverlust und die Bildverschmierung besonders dominant. Die direkte Einarbeitung der Positronenreichweite in den Rekonstruktionsalgorithmus kann durch die Faltung der geschätzten Aktivität mit einem Kernel vor der Vorwärtsprojektion erfolgen (Positronen Range - Maximum Likelihood Expectation Maximization, PR-MLEM- lgorithmus). Ziel dieser Arbeit war die Implementierung und Validierung eines solchen Algorithmus verbunden mit einer exakten Kernelbestimmung mittels GATE Monte-Carlo (MC) Simulationen [1]. Zur Vereinfachung des Verfahrens wurden ferner verschiedener Gausskernel verwendet.
Anhand ihrer auflösungsrückgewinnenden Charakteristik und der Generierung von Bildartefakten im Iterationsprozess wurde überprüft, ob und wie genau ein Reichweitenkernel bestimmt werden muss.

Material und Methoden:

Für die exakte Bestimmung des Reichweiten kernels wurden GATE 6.1 Monte-Carlo Simulationen für das Concorde MicroPET Focus 120 gerechnet. Der simulierte Kleintierscanner ist ein stationäres Blockdetektorsystem bestehend aus 12x12 LSOKristallmatrizen angeordnet in 48 axialen Kristallringen und 24 transaxialen Modulen. Die am Gerät gemessene und für die Simulationen verwendete durchschnittliche Energieauflösung beträgt etwa 20%. Das Standardakquisitionsfenster von 350- 650keV wurde beibehalten. Simulationen wurden für eine punktförmige F-18, Ga-68 und I-124 Quelle (d = 1 Pxl = 0,796 mm) in einem kugelförmigen Phantom (d = 146 mm) mit verschiedenen Materialien (Knochen, Lungengewebe, Muskel, PMMA und Wasser) durchgeführt. Über die Reichweitenhistogramme der beiden I-124 und F-18 Quellen innerhalb eines wasseräquivalenten Materials wurden zwei- und dreidimensionale Faltungskerne bestimmt. Die Reichweitenverteilung für I-124 konnte über ein Polynom 6. Grades angenähert werden (Korrelationskoeffizient R=0,9993). Der daraus berechnete Kernel wurde bis zu einer Perzentilen von 95% verwendet. Dies entspricht einer Länge von jeweils 21 Pixeln für jede Dimension. Neben dem exakten Reichweitenkernel wurde ein Gausskernel mit entsprechender Halbwertsbreite σ gebildet. Für diesen wurde σ sowohl unter- als auch überschätzt
(Abb. 1). Der umgesetzte PR-MLEM-Algorithmus verwendet die „Ray Tracing“ Projektoren aus der STIR Library [2]. Bis zur annähernden Konvergenz des Algorithmus werden mindestens 50 Iterationen benötigt. Ab 75 Iterationen erschlechtert sich das Bild aufgrund von Rauschen, weswegen alle Bildrekonstruktionen mit dieser Anzahl an
Iterationen durchgeführt wurde. Die auflösungsrückgewinnende Bildrekonstruktion wurde bei verschiedenen I-124
und F-18 Phantommessungen (Image Quality Phantom nach NEMA NU4-2008 und Schoeppy-Auflösungsphantom) und einer I-124 Mausstudie angewandt. Das Image Quality Phantom besteht, neben einem homogen gefüllten Bereich mit zwei kalten 2 zylindrischen Einschüben, aus fünf heißen Inserts, jeweils mit Durchmessern von 1 bis 5 mm. Das Schoeppy-Auflösungsphantom besitzt fünf Segmente deren mit Aktivität gefüllte Inserts Durchmesser von 1 bis 3 mm in 0,5 mm Schritten besitzen. Die Auflösungsbestimmung erfolgte über die Kantenverschmierung der radialsymmetrischen Zylinderinserts in Polarkoordinatendarstellung (Softwaretool Rover von ABX [3]).

Ergebnisse:

Bei der Verwendung des PR-MLEM-Algorithmus treten im Laufe der Iterationen deutliche Bildartefakte auf. Als Artefakt wird hier eine asymmetrische Verschiebung der Aktivitätsverteilung bezeichnet. Äußere Bereiche im Objekt werden gegenüber innenliegenden überkorrigiert (beispielsweise die Randüberhöhung bei homogen gefüllten Bereichen). Daher können die Korrekturen nicht während des gesamten Iterationsprozesses, sondern nur am Ende angewandt werden. Die Bestimmung der notwendigen Anzahl an Faltungsiterationen erfolgte anhand des Gradienten der Log-
Likelihood Funktion. Ist der unkorrigierte MLEM bereits konvergiert (> 50 Iterationen), so reichen 4-5 Iterationen mit Korrektur um wieder in einen konvergierten Zustand zu gelangen. I-124 Phantommessungen: Bei der Verwendung des exakten I-124 Reichweiten und des äquivalenten Gausskernels mit einer Halbwertsbreite von σ = 3,2 mm entstehen Veränderungen in der Aktivitätsverteilung bereits ab der dritten Faltungsiteration. Bei einem Kernel mit 50% der exakten Halbwertsbreite (Full Width at Half Maximum FWHM) erhöht sich die Iterationsanzahl vor dem Auftreten von
Artefakten auf neun. Bei 25% FWHM (σ = 0,8 mm) können alle 75 Iterationen artefaktfrei gefaltet werden. Wird der Gausskernel überschätzt und σ z. B. auf 6,4 mm verdoppelt, können nur ein bis zwei Faltungsiterationen artefaktfrei durchgeführt werden.
Die höchste Auflösung wird für beide Phantomgeometrien mit der Faltung der letzten neun Iterationen mit einem Kernel von σ = 1,6 mm erreicht, der die tatsächliche FWHM um 50% unterschätzt (Tab. 1). Für das Image Quality Phantom ergibt sich somit am Ø 5 mm Insert eine Auflösungsverbessung von 2,70 mm FWHM gegenüber der unkorrigierten Rekonstruktion von 4,06 mm FWHM. Am Ø 3 mm Insert des Auflösungsphantoms ergibt sich noch eine Verbesserung von ca. 19% (4,11 mm FWHM vor gegenüber 3,34 mm FWHM nach der Korrektur). Dennoch verändert sich hierbei die Aktivitätsverteilung in den äußeren Inserts (Abb. 2 b). Ohne 3 Artefakte kann somit die Auflösung von F-18 nicht erreicht werden, die 2,18 mm FWHM am Ø 3 mm Insert des Auflösungsphantoms beträgt.
Bei einer zu großen Anzahl an Faltungsiterationen (Gausskernels (σ = 3,2 mm) auf alle 75 Iterationen) verschwindet im Auflösungsphantom die Darstellung des Segmentes mit dem geringsten Durchmesser (1 mm) nahezu komplett (Abb. 2 c). Demgegenüber können alle 75 Iterationen artefaktfrei mit einem Gausskernel gefaltet werden, dessen albwertsbreite lediglich 25% der tatsächlichen beträgt (σ = 0,8 mm).
F-18 Phantommessungen: Wird für F-18 der reichweitenäquivalente Gausskernel mit σ = 0,4 mm verwendet, ergibt sich keine Auflösungsverbesserung. Durch die Verdopplung der Halbwertsbreite wird der 1 mm Insert des Image Quality Phantoms deutlicher sichtbar, wobei in der Folge Ringartefakte in der transversalen Ansicht auftreten (Abb. 3).
I-124 Mausstudie: Ohne Korrektur können die beiden Schilddrüsenlappen einer mit I-124 injizierten Maus nicht separiert dargestellt werden (Abb. 4). Wenn hingegen für alle Iterationen ein Gausskernel mit geringer FWHM (σ = 0,8 mm) verwendet wird, ist eine Differenzierung beider Lappen zulasten eines erhöhten Rauschanteils möglich.
Dieser Rauschanteil wird bei Verwendung eines Gausskernels mit doppelter FWHM und bei der Faltung mit dem exakten Kernel aus GATE reduziert und es ergibt sich ein erhöhter Kontrast der Schilddrüse. Dennoch ist keine signifikante Verbesserung der Auflösung erkennbar, so dass die beiden Schilddrüsenlappen nach wie vor nicht
differenziert werden können (Abb. 4 e). Die Verwendung eines 3D Kernels ergibt für den Gauss mit σ = 1,6 mm (50% der tatsächlichen FWHM) leichte Veränderungen der Aktivitätsverteilung im Magen im Vergleich zum 2D Faltungskern (Abb. 5 a-b).
Der exakte 3D Reichweitenkernel aus GATE verstärkt diese Effekte weiter, wodurch die Aktivitätsverteilung im Magen überproportional erhöht wird (Abb. 5 c-d).

Diskussion:

Der exakte I-124 Reichweitenkernel aus GATE und der entsprechende Gausskernel mit σ = 3,2 mm liefern bzgl. der Auflösung und der rekonstruierten Bilder vergleichbare Ergebnisse. Daher ist die genaue Kenntnis der Form des Kernels nicht relevant. Ausschlaggebend ist vielmehr die verwendete Halbwertsbreite. Wird diese
überschätzt, treten bereits nach nur wenigen Faltungsiterationen Artefakte auf. Eine Unterschätzung um 50% (σ = 1,6mm) lieferte für beide Phantomgeometrien die höchste Auflösung ohne deutliche Randüberhöhungen. Bei einer FWHM von nur 25% (σ = 0,8mm) können alle Iterationen ohne Artefakte gefaltet werden und die Definition des Abbruchkriteriums hierfür entfällt. Bei der Anwendung im Rahmen einer I-124 Mausstudie konnte mit diesem Kernel die Auflösung soweit erhöht werden, dass beide Schilddrüsenlappen nun differenzierbar sind.
Aufgrund der geringen Reichweite der F-18 Positronen beträgt die Halbwertsbreite des äquivalenten Gausskernels nur 0,4 mm (entspricht 0,5 Pixel) und kann somit die Auflösung nicht signifikant erhöhen. Der Kontrast und die Auflösung können mit der beschriebenen Entfaltungsmethode für I-124 erhöht werden. Ein Kernel mit nur 25 bzw. 50% FWHM eignet sich hierfür besser als die Verwendung der exakten Reichweite. Dennoch ist aufgrund der Abhängigkeit der Faltung von der örtlich variierenden Aktivitätsverteilung eine absolute Quantifizierung erschwert, da die ktivitätskonzentrationen lokal überschätzt werden.

Literatur:

[1] S. Jan et al.: GATE V6: A major enhancement of the GATE simulation platform
enabling modelling of CT and radiotherapy. Phys. Med. Biol. (56) (2011) 881-901
[2] K. Thielemans et al.: STIR: software for tomographic image reconstruction release
2. Phys. Med. Biol. (57) (2012) 867-883
[3] Rover ROI Visualization, Evaluation and Image Registration. ABX Radeberg:
http://www.abx.de/rover/ 2012

  • Lecture (Conference)
    43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik, 26.-29.09.2012, Jena, Deutschland

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-17332