Hochauflösende Positronen Emissions Tomographie für quantitative, raumzeitliche Prozessvisualisierung in geologischem Material (GeoPET)


Hochauflösende Positronen Emissions Tomographie für quantitative, raumzeitliche Prozessvisualisierung in geologischem Material (GeoPET)

Kulenkampff, J.; Lippmann-Pipke, J.

Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist das empfindlichste bildgebende Verfahren der Medizin, um Körperfunktionen in ihrem räumlich-zeitlichen Verlauf sichtbar zu machen. Seit der klinischen Einführung der PET vor etwa 40 Jahren gibt es auch einige Beispiele für den erfolgreichen Einsatz klinischer PET-Scanner in den Geowissenschaften. Explizit wird seit über 10 Jahren die Entwicklung der „GeoPET“-Methode n in der Forschungsstelle Leipzig des HZDR vorangetrieben (Gründig et al., 2007; Kulenkampff et al., 2008; Richter et al., 2000; Richter et al., 2005). Mittels eines kommerziellen hochauflösenden biomedizinischen PET-Scanners (ClearPET) einerseits und ausgereifter Korrektur- und Rekonstruktionsverfahren andererseits haben wir unsere GeoPET-Methode Alleinstellungsmerkmal zur (Transport-)Prozesstomographie in dichtem Medium (z. B. Gesteinen) entwickelt.

PET nutzt die räumliche Detektion der Annihilationsstrahlung (zwei antiparallele Gammas mit jeweils 511 keV), die durch den β+-Zerfall geeigneter Radiotracer entsteht. Beim ClearPET wird die physikalisch maximal mögliche räumliche Auflösung von etwa 1 mm erreicht. Dieser – verglichen mit den Möglichkeiten der Röntgen-CT – geringen räumlichen Auflösung steht die der PET immanente, überragende Empfindlich-keit gegenüber: Die Detektion und Quantifizierung von Tracerkonzentrationen ist auf atomarer Skala möglich: Transport-vorgänge, die sich auf der Nanometerskala abspielen (z. B. gelöste oder nanopartikulär getragene Stoffe) können detektiert und räumlich verortet werden, wenn der Stofftransport eine hinreichende Aktivitäts-konzentration von ca. 0,1 kBq pro Voxel bewirkt (etwa 109 Atome/1 mm³, pikomolar). Diese außergewöhnliche Sensitivität (und Selektivität) ist mit keiner anderen Bildgebungsmodalität erreichbar, insbe-sondere, da wir in repräsentativen Volumen von um 1 L arbeiten, also 106 Voxel. Der Einfluss des Materials – Schwächung und Streuung – ist dabei von zweitrangiger Bedeutung bzw. wird mittels systematischer Verfahren reduziert (Zakhnini et al., 2013).
Sinnvolle Anwendungen liegen in der direkten Visualisierung und Quantifizierung realer chemisch-physikalischer Prozesse (Abb.2a und b). Solche Prozesse können sonst nur über modellhafte Prozess-Simulationen dargestellt werden, indem etwa statistische a-priori-Strukturmodelle oder strukturelle Information aus CT-Bildern oder als Grundlage für LBM- oder FEM-Simulationen genutzt werden (zu letzteren zwei Beispiele in Abb. 3). Bei der direkten Beobachtung chemisch-physikalischer Prozesse in Gesteinen mittels GeoPET zeigen sich regelmäßig Abweichungen von den für Simulationen angenommene Versuchsbedingungen, etwa bezüglich der Homogenität des Probekörpers, der Topologie des Fließpfades oder der Auswirkungen geringster – aber wirkungsvoller – Abweichungen von Idealbedingungen (nicht-Dirac-Injektionsimpulsen, nicht-Punkt-/Linien- oder Flächenhaft homogener Zufuhr von Tracern). Zielparameter sind prozessabhängige, effektive Größen (effektives Transportvolumen, wirksame innere Oberfläche, Geschwindigkeitsverteilung, lokale Retardation), sowie räumlich und tensoriell aufgelöste Dispersions- und Diffusionskoeffizienten.

Die mittels der GeoPET-Methode beobachteten Prozesse können mit Alteration der Struktur durch Auflösung oder Ausfällung einhergehen, welche mit CT oder MRT mit höherer Auflösung, eventuell auch prozessbegleitend-zeitaufgelöst, sichtbar gemacht werden können. Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise bei der nuklearmedizinischen PET-CT. Direkte und rückwirkungsfreie ortsaufgelöste Information über das chemische Milieu als Ursache der Alteration kann dagegen nur die PET liefern. Nur hierdurch werden viele bisher deduzierte Parameter direkt messbar und die Ergebnisse von Modellsimulationen verifizierbar.
Begleitend zur Prozessbeobachtung mit der GeoPET wird der Kontrollbereich und das Zyklotron des HZDR in Leipzig zur Produktion von Radiotracern genutzt (siehe z. B. (Mansel et al.)). Hier werden grundlegende geochemische Transport- und Wechselwirkungsstudien durchgeführt, die ebenfalls durch die Anwendung von Radiomarkierungen besonders empfindlich sind, wodurch die geochemische Parametrisierung von Modellen für reaktive Transportvorgänge ermöglicht wird.

References

Bittner, L., Kulenkampff, J., Gründig, M., Lippmann-Pipke, J. and Enzmann, F., 2014. Direct Observation of Waterglass Impregnation of Fractured Salt Rock with Positron Emission Tomography, International Conference on the Performance of Engineered Barriers: Backfill, Plugs & Seals, BGR, Hannover, Germany.
Gründig, M., Richter, M., Seese, A. and Sabri, O., 2007. Tomographic radiotracer studies of the spatial distribution of heterogeneous geochemical transport processes. Applied Geochemistry, 22: 2334-2343.
Kulenkampff, J., Gründig, M., Richter, M. and Enzmann, F., 2008. Evaluation of positron emission tomography for visualisation of migration processes in geomaterials. Physics and Chemistry of the Earth, 33: 937-942.
Lippmann-Pipke, J., Kulenkampff, J., Gründig, M. and Richter, M., 2011. Matching PET data with COSMOL Multiphysics simulation results, COMSOL Conference, 26.-28.10.2011, Ludwigsburg, Germany.
Mansel, A., Gruhne, S., Franke, K. and Fischer, S., Production of 85Sr at a 18 MeV-cyclotron and purification for geochemical investigations. Submitted to Applied Radiation and Isotopes, submitted.
Richter, M., Gründig, M. and Butz, T., 2000. Tomographische Radiotracerverfahren zur Untersuchung von Transport- und Sorptionsprozessen in geologischen Schichten. Zeitschrift für Angewandte Geologie, 46(2): 101.
Richter, M., Gründig, M., Zieger, K., Seese, A. and Sabri, O., 2005. Positron Emission Tomography for modelling of geochmical transport processes in clay. Radiochimica Acta, 93: 643-651.
Schikora, J., 2012. Simulation of diffusion-adsorption processes in natural geological media by means of COMSOL Multiphysics, Dresden Technical University, Diploma thesis, Dresden, Germany, 95 pp.
Zakhnini, A., Kulenkampff, J., Sauerzapf, S., Pietrzyk, U. and Lippmann-Pipke, J., 2013. Monte Carlo simulations of GeoPET experiments: 3D images of tracer distributions (18F, 124I and 58Co) in Opalinus Clay, anhydrite and quartz. Computers and Geosciences, 57 183-196.

  • Lecture (Conference)
    International Conference on the Performance of Engineered Barriers: Backfill, Plugs & Seals, 06.-07.02.2014, Hannover, Deutschland

Permalink: https://www.hzdr.de/publications/Publ-20111